Die Geduld der Stadt Gerolzhofen ist aufgebraucht: Weil sich an der Großbaustelle für den Hotelneubau "Wilder Mann" seit Monaten nur sehr wenig tut, hat der Stadtrat in seiner Sitzung am Montagabend die verkehrsrechtlichen Anordnungen sowie die Erlaubnisse für die Sondernutzung der öffentlichen Flächen rund um die Hotel-Baustelle widerrufen. Damit müssen nun vom Bauherrn die Absperrungen am Parkplatz unterhalb der Grabenschule sowie die Bauzäune in der Breslauer Straße umgehend entfernt werden.
Wie mehrfach berichtet, soll südlich des historischen Gasthofs "Wilder Mann" ein Hotel mit 110 Betten entstehen. Im Hotel und im Restaurant des bestehenden Gasthofs werden unter der Trägerschaft der Arbeiterwohlfahrt (AWO) Unterfranken künftig Menschen mit und ohne Beeinträchtigung zusammenarbeiten. Über sechs Millionen Euro investiert die Krapf Immobilien GmbH & Co. KG in den Bettenanbau inklusive Lobby, Tagungsbereich und eine Tiefgarage mit 34 Stellplätzen. Geschäftsführer der GmbH ist Rainer Krapf, Stadtratsmitglied aus der Fraktion der Freien Wähler. Krapf nahm am Montagabend nicht an der Sitzung teil.
"Wir unterstützen weiterhin"
Bürgermeister Thorsten Wozniak sagte, die Baustelle und insbesondere die durch ihr verursachten Einschränkungen würden in der Bevölkerung stark diskutiert. Der geplante Bau des Hotels sei ein "lohnenswertes und enorm wichtiges Vorhaben für die Stadt". Offenbar sei es aber nicht so einfach, "so ein Projekt in der Altstadt zu meistern". Es gebe viele logistische Schwierigkeiten, dann sei die Corona-Pandemie hinzugekommen und nun auch noch starke Preissteigerungen und Lieferschwierigkeiten bei Baustoffen. "Wir unterstützen aber weiterhin das Projekt nach besten Kräften", versicherte der Bürgermeister.
Man müsse allerdings auch die Interessen der Anlieger und der Gewerbetreibenden berücksichtigen, sagte Wozniak. In den vergangenen Wochen habe nur wenig Betrieb auf der Baustelle geherrscht und da sei es nicht zu vertreten, "dass Verkehrsräume gesperrt werden, obwohl dies nicht nötig ist".
Scharfe Kritik von Servatius
2. Bürgermeister Erich Servatius (SPD) kritisierte in ungewöhnlich scharfem Ton den Bauherrn Rainer Krapf. Dieser habe in der Stadt und auch einem Mitglied der SPD-Fraktion gegenüber behauptet, nur die Stadt sei schuld daran, dass auf der Baustelle nichts vorangehe und die Kosten immer mehr steigen, weil die Genehmigungen der Verwaltung so lange dauern. Und außerdem sei die SPD-Fraktion sowieso gegen das Projekt. "Dies stimmt nicht!", betonte Servatius mit Nachdruck. Auch die SPD habe bislang allen Wünschen des Bauherrn zugestimmt.
Er selbst, so Servatius, habe sich stets bemüht, den Hotelbau zu unterstützen. Es sei nun reichlich kontraproduktiv vom Bauherrn, solche Vorwürfe aufs Tapet zu bringen. "Dies ist ein ganz schlechter Stil." Trotzdem werde die SPD den Hotelbau aber weiter befürworten. Der Parkplatz sei schon seit Wochen gesperrt und Fußgänger und Autofahrer würden durch Zäune eingeengt, "aber es tut sich nichts". Da sei es kein Wunder, wenn die Bevölkerung allmählich ungeduldig werde - "und ich auch", sagte der 2. Bürgermeister.
"Keine Steine in den Weg gelegt"
CSU-Fraktionsvorsitzender Arnulf Koch stimmte seinem Ratskollegen Servatius im Grundsatz zu. Die Stadt sei bislang jedem Wunsch des Bauherrn nachgekommen. "Wir haben ihm keine Steine in den Weg gelegt, weil wir alle wollen ja das Hotel." Aber man müsse nun auch die Interessen der Nachbarn berücksichtigen, die die Absperrungen schon seit Wochen ertragen müssen. Leider fehle es auch an einer "proaktiven Information des Bauherrn" für die unmittelbaren Nachbarn.
Thomas Vizl (Geo-net) signalisierte ebenfalls Zustimmung für die Rücknahme der verkehrsrechtlichen Anordnungen. Und auch Günter Iff (Freie Wähler) begrüßte es, dass die bislang gesperrten Flächen jetzt wieder sinnvoll genutzt werden.
Neue Anträge sind möglich
Der Stadtrat hat allerdings dem Bauherrn am Montagabend die Türe nicht komplett zugeschlagen. Zwar werden die - mittlerweile schon mehrfach verlängerten - Genehmigungen für die Straßensperrung und das Aufstellen des großen Krans nun widerrufen. Allerdings kann der Bauherr, wenn es an der Baustelle weitergehen sollte, erneut bei der Stadt eine verkehrsrechtliche Anordnung beantragen oder einen Antrag auf Sondernutzung stellen. Die Anträge sind allerdings drei Wochen vor der Fortführung der Baustelle zu stellen. Die Verwaltung kann dann tätig werden, ohne erst nochmals den Stadtrat zu fragen. Die Genehmigungen werden künftig nur noch auf drei Monate begrenzt sein und können auch nur monatsweise verlängert werden. Dies wurde vom Stadtrat einstimmig beschlossen.
Sonderfall Adventszeit
Bürgermeister Wozniak wies das Gremium dann noch auf ein spezielles Problem hin: Der Stadtrat hat in seinen bisherigen Beschlüssen vom Bauherrn explizit verlangt, dass in der Adventszeit und in der Zeit des Jahreswechsels zwischen dem 19. November 2021 und dem 10. Januar 2022 die Breslauer Straße auch tagsüber für den Verkehr geöffnet sein muss, weil in diesem Zeitraum das für den Einzelhandel wichtige Weihnachtsgeschäft in der Innenstadt läuft und die Gewerbetreibenden wegen der Corona-Pandemie schon erhebliche Einbußen erlitten haben. Es stelle sich jetzt die Frage, so Wozniak, ob diese Regelung weiterhin gelten soll - und zwar auch für den Fall, wenn der Hotelbau im November vielleicht gerade auf Hochtouren laufe.
Für Thomas Vizl wäre es "weltfremd", die Baustelle dann wieder für Wochen zu schließen, wenn es mal endlich losgegangen ist. Günter Iff hingegen verlangte, die bisherige Regelung für die Adventszeit erst einmal so stehenzulassen. Sollten die Bauarbeiten tatsächlich in dieser Zeit laufen, dann könne man situativ und flexibel reagieren und die Frage separat im Stadtrat beschließen. Iffs Meinung schloss sich der Stadtrat bei nur einer Gegenstimme (Christoph Rosentritt) an: Über mögliche vom Bauherrn beantragte Genehmigungen, die in die Zeit zwischen dem 19. November 2021 und dem 10. Januar 2022 fallen, muss erst der Stadtrat entscheiden.