Kaum eine Berufssparte hat nicht an den Folgen der Corona-Krise zu knabbern. Auf den ersten Blick müsste also auch die Automobilbranche stark gebeutelt sein, denn alleine das Thema Homeoffice dürfte zu weniger Autofahrten, weniger Reparaturen und weniger Neuanschaffungen führen. Doch ist das wirklich so? Eine Nachfrage bei Schweinfurter Autohäusern gibt Einblicke in die Branche und zeigt, wie die Händler durch die Krise kommen.
Klar ist: Seit Einführung der "Bundesnotbremse" ist für den Autohandel bis zu einem Inzidenzwert von 150 noch "Click & Meet", also der Besuch nach vorheriger Terminvereinbarung und mit negativem Test, möglich. Darüber hinaus gibt es nur "Click & Collect", also die Abholung bestellter oder gekaufter Waren, so wie aktuell in Schweinfurt. Kfz-Werkstätten dürfen unabhängig von Inzidenzen öffnen. Gegen die "Bundesnotbremse" hatten sich zuvor die sieben bayerischen Kfz-Innungen gemeinsam mit dem Landesinnungsverband stark gemacht, da Autohäuser aufgrund der großen Flächen und erprobten Hygienekonzepte nachweislich keine Infektionstreiber seien, hieß es in einer Mitteilung.
Autohändler: "Wir waren zu Beginn total verunsichert"
Denn seit Pandemiebeginn vor über einem Jahr erleben auch die Autohändler in Schweinfurt ständig wechselnde Regelungen. So hat sich ihre Arbeit in Verkaufsräumen, im Service oder in Auto-Werkstätten grundlegend gewandelt. "Wir waren zu Beginn total verunsichert", sagt Werner Weinand, Centerleiter des Schweinfurter Mercedes-Verkaufs der "Emil Frey Mainfranken"-Gruppe. Der 60-Jährige blickt auf turbulente Monate zurück. Weinand habe zu Beginn Sorge gehabt, dass vermehrtes Arbeiten im Homeoffice dazu führe, dass immer weniger Menschen Autos brauchen. Aber: "Glücklicherweise hat die Pandemie für uns nur geringe Nachteile mit sich gebracht, wir können auf ein gutes Geschäftsjahr 2020 zurückblicken." Auch 2021 sei vielversprechend angelaufen.
Dabei, so Weinand, müsse man differenzieren. Denn der Verkauf habe durchaus unter den Corona-Einschränkungen gelitten. Anfangs sei tagelang kein Kunde mehr gekommen, die Hygienebedingungen machten einen reibungslosen Kundenkontakt schwierig. "Es ist dann schon befremdlich, in einem leeren Showroom zu stehen, teilweise hatte sich Staub auf den Autos gebildet", so Weinand. Der Service-Bereich, etwa Werkstatt-Reparaturen, konnte hingegen ganz normal weitergeführt werden. Und so spricht Weinand "keineswegs von einem Krisenmodus", will jedoch auch nicht als Nutznießer der Pandemie verstanden werden. Sein Mitgefühl gelte dem Handel und der Gastronomie, die nicht wie Autohäuser weiter arbeiten durften.
Corona führte zur Umstellung auf "digitale Schiene"
Doch auch die Arbeit im Autohaus hat sich verändert. "Normalerweise setzen wir uns vor einer Probefahrt mit ins Auto, erklären Besonderheiten. Das ist beispielsweise nicht mehr möglich", so Weinand. Die Pandemie habe bei "Emil Frey" zu einer enormen Umstellung auf digitale Verkaufswege geführt. Da sich Kunden nun vermehrt online über Autos informieren, biete man neben telefonischer Beratung auch einen Live-Chat an oder führe die Kunden, wenn gewünscht, über eine mobile Kamera sogar um das Auto herum. "Auch die etwas älteren Kunden nehmen das total gut an", sagt Weinand.
Vor der Pandemie, sagt der Centerleiter, sei etwa das Gebrauchtwagengeschäft zu rund 40 Prozent online abgewickelt worden, zu 60 Prozent vor Ort mit direktem Kundenkontakt. Nun verkaufe man "knapp 70 Prozent über die digitale Schiene". Man habe die Entwicklung als Chance ergriffen und sich auf die neuen Bedingungen eingestellt. Deshalb gab es in Krisenzeiten "kaum Einschränkungen, nur der Weg des Verfahrens hat sich verändert", so Weinand.
Hohe Nachfrage bei Transportfahrzeugen
Generell sei die private Autonutzung durch die zahlreichen Lockdown-Beschränkungen zwar weniger geworden – laut Landesamt für Statistik hat das geringere Verkehrsaufkommen 2020 zu rund 17 Prozent weniger Verkehrsunfällen in Bayern geführt. Dagegen habe die Nachfrage im Verteilerverkehr deutlich zugenommen. "Die Menschen können nicht mehr bummeln, nicht mehr reisen, sie kaufen auf der Couch ein", sagt Weinand und begründet damit einen gestiegenen Bedarf an betrieblichen Transportfahrzeugen, welche Waren aller Art zu Menschen nach Hause transportieren.
Außerdem würden viele Menschen aus Angst vor Ansteckung nicht mehr auf öffentliche Verkehrsmittel zugreifen, weswegen der Individualverkehr in manchen Bereichen der Bevölkerung dann doch wieder zunehme.
Kurzarbeit als Rettung in der Krise
Auf eine turbulente Zeit blickt auch Stefan Bauer, Geschäftsführer des Autohaus Vossiek in Schweinfurt und Werneck, zurück. Auch er sagt: "Grundsätzlich geht es uns im Vergleich zur Gastronomie oder dem Einzelhandel noch ganz gut." Dennoch könne er das abgelaufene Geschäftsjahr nicht mit dem Niveau vor Pandemiezeiten vergleichen. Gebeutelt, so der 55-Jährige, sei vor allem der Neu- und Gebrauchtwagenverkauf. "Unser Vorteil war und ist dagegen ganz klar der Service-Bereich, da etwa unsere Werkstatt systemrelevant eingestuft wird und weiter normal offen hat."
"Auch durch das Thema Kurzarbeit sind wir bisher gut durchgekommen und haben versucht, dieses vernünftig einzusetzen", sagt Bauer, der ansonsten keine staatlichen Hilfen in Anspruch genommen hat. Im Austausch mit der Belegschaft habe man die Kurzarbeit bislang je nach persönlichen Wünschen aufgeteilt. "Alle haben super mitgespielt und so hat der eine mal weniger gearbeitet, der andere mal mehr", so Bauer. Doch der Geschäftsführer weiß auch: "Meinen Mechaniker, meinen Lackierer oder Kundenberater kann ich ja schlecht ins Homeoffice schicken."
Weniger Unfälle führen zu weniger Reparaturen
Auch deshalb sei das vergangene Jahr "umsatztechnisch zwar klar schlechter, aber nicht existenzbedrohend" verlaufen. Zu Gute kam dem Autohaus dabei auch die Tatsache, dass man als alteingesessenes Familienunternehmen in der Vergangenheit vernünftig gewirtschaftet habe, sagt Bauer. So habe man den Mitarbeitern als Ausgleich zur Kurzarbeit Ende 2020 sogar eine interne Corona-Prämie ausgezahlt.
Dass sich durch Corona im Bereich der Autonutzung etwas verändert hat, kann Bauer klar bestätigen. Mehr Schließungen, mehr Homeoffice und mehr Kurzarbeit habe in der Bevölkerung generell dazu geführt, dass weniger Autos unterwegs sind und somit auch weniger Unfälle passieren. "Natürlich merken wir dann, dass im Service weniger los ist und beispielsweise an den Karosserien weniger gemacht werden muss", so Bauer. Er wünscht sich, dass auch die Corona-Regeln für den Verkaufsbereich gelockert werden. "Eigentlich ist im Service deutlich mehr los mit deutlich mehr Kundenkontakt als im Verkauf." Deshalb könne man Kunden im Verkauf ohnehin genügend Platz und Sicherheit bieten.
Bauer: "Es ist natürlich nicht alles super"
Die ständigen Regeländerungen machten auch dem Autohaus Vossiek zu schaffen. So sei etwa der März in diesem Jahr sehr gut gelaufen, als viele Kunden "Click & Meet" nutzten. "Als dann ein negativer Test erforderlich war, sah es wieder schlechter aus", erzählt Bauer. Er wisse, dass es der Autobranche noch besser ginge als manch anderen Berufszweigen. "Es ist aber natürlich nicht alles super, sonst hätten wir ja zum Beispiel gar keine Kurzarbeit gebraucht", sagt Bauer. Sowohl Bauer als auch Weinand sind froh, glimpflich durch die Corona-Krise gekommen zu sein. Normalen Kundenkontakt, wie vor der Pandemie, vermissen jedoch beide. Weitere Schweinfurter Autohäuser wollten sich auf Anfrage der Redaktion nicht äußern.