Die Lust auf was Neues, wie sie es sagt, hat Nicole Strohrmann (56) nach Schweinfurt gebracht. Fast zwölf Jahre war sie Leiterin der Stadtbibliothek in Gotha. Seit Januar leitet sie die Schweinfurter Stadtbücherei im Ebracher Hof und die Zweigstellen in Oberndorf und im Alexander-von-Humboldt-Gymnasium.
Der Ebracher Hof, der aus dem 16. Jahrhundert stammt, hat es ihr sofort angetan, erzählt sie. "Das Ding ist toll." Sozusagen inkognito hat sie sich erstmal die Bücherei angeschaut, wollte wissen, ob ihr das Haus gefällt. Und dann hat sie sich beworben als Nachfolgerin von Anita Kaltenbach, die in Ruhestand gegangen ist. Die Stimmung ist gut, hat sie auch gleich gemerkt. "Die Mitarbeiter sind super motiviert."
Junge Leserinnen und Leser gewinnen
Nicole Strohrmann möchte, dass sich die Stammleser wohlfühlen, sie möchte aber auch neue, junge Leserinnen und Leser gewinnen. "Es ist wichtig, dass Grundschulen in die Bücherei kommen", ist sie überzeugt. Schaut sich eine Klasse das Angebot an, informiert sich darüber, was es in so einer Bücherei alles gibt, kommen einige Kinder wieder, die einen Leseausweis haben wollen. Deswegen will das elfköpfige Bücherei-Team auf die Schulen zugehen. Die Kinder sollen sehen, wie viel Spaß lesen machen kann, was es alles gibt. Nicht nur Bücher nämlich, es gibt Hörbücher, Comics, seit neuestem auch Konsolenspiele. Die Konsolenspiele kommen gut an, sagt die Büchereileiterin. "Die werden uns aus den Händen gerissen."
Nicole Strohrmann sieht die Bücherei auch als einen Treffpunkt. Im hinteren Bereich im Erdgeschoss liegen wieder überregionale Zeitungen aus, auch eine Reihe von Zeitschriften. Wer Lust hat, kann sich einen Kaffee holen. "Es soll gemütlich sein." Wer sich mit Zeitungen und Zeitschriften informieren und sich die Zeit vertreiben will, braucht keinen Leseausweis. Der kostet allerdings nur 5 Euro im Jahr. Vielleicht kommen ja Leute auf den Geschmack, mehr zu wollen von der Stadtbücherei, hofft sie.
Nach außen öffnen und nach außen tragen will Nicole Strohrmann die Bücherei. Dazu startet eine Vorlesereihe für Kinder an ungewöhnlichen Orten. Oberbürgermeister Sebastian Remelé liest in seinem Dienstzimmer den Kindern vor, ein Feuerwehrmann in der Feuerwache und eine Polizistin in der Dienststelle. "Erstmal machen wir die drei Termine, dann geht es im Herbst weiter." Eine Bücher-Schnitzeljagd in Zusammenarbeit mit den Schweinfurter Buchhandlungen ist in Planung. Über einen Bücherflohmarkt zum Stadtfest denkt sie ebenfalls nach.
Im Herbst kommt Thriller-Autor Arno Strobel zu einer Lesung. "Seine Bücher sind ständig ausgeliehen." Strohrmann ist sicher, dass viele Schweinfurter Fans die Chance nutzen werden, ihren Lieblingsautor live zu erleben.
Neu ist im Eingangsbereich auch ein Marktstand, in dem Bücher präsentiert werden, die zum Beispiel zur Zeit passen. Rezepte, die Lust auf Urlaub machen, zum Beispiel. Einladend, bunt soll der erste Eindruck sein.
Begeisterung für Lyrik
Und was liest Nicole Strohrmann selbst gerne? Krimis zum Entspannen, Romane, Comics. "Wir haben hier einen tollen Comicbestand". Und Gedichte. "Ich liebe Lyrik." Zurzeit liest sie eine Biografie von Mascha Kaléko. Die Lyrikerin wurde 1907 als Tochter jüdischer Eltern in Galizien geboren, lebte später in Berlin. 1933 hatte sie mit dem "Lyrischen Stenogrammheft" ihren ersten großen Erfolg. 1938 emigrierte sie in die USA, siedelte 1966 nach Israel über. Sie starb 1975 in Zürich.
Mit Begeisterung will die neue Leiterin die Liebe zum Lesen wecken. Auf Mascha Kaléko macht sie jedenfalls schon mal sehr neugierig, mit nur wenigen Worten. Schließlich soll ja alles spannend bleiben. Wie ein Besuch in der Stadtbücherei eben.