
An ihrem 50. Geburtstag ist noch alles Ordnung. Doch danach bricht für Diana eine Welt zusammen. Sie wird von ihrer Tochter verstoßen. Die junge Studentin will erwachsen werden, sich entfalten. Sie müsse ihren eigenen Weg gehen – ohne die Mutter. "Das fand ich völlig absurd. Ich habe sie doch nie zu etwas gezwungen", sagt Diana. Doch die Tochter meint es ernst. Sie bricht den Kontakt ab.
Diana heißt nicht wirklich Diana, der Name ist ein Pseudonym. Die 54-Jährige will unerkannt bleiben. Sie ist eine der elf Personen, die sich an einem Freitagnachmittag in dem von der Stadt Schweinfurt zur Verfügung gestellten Raum treffen. Mit allen ist Anonymität vereinbart. Denn noch immer gilt: Eltern, die von ihren Kindern verlassen werden, das ist ein Tabu-Thema.
Einmal im Monat treffen sich die Eltern
"Wenn Leute nach meiner Tochter fragen, rede ich außen herum", sagt Diana. "Man schämt sich halt." Und man glaubt, die Einzige zu sein, der das passiert. Es gibt zwar keine offiziellen Zahlen über verlassene Eltern, doch es gibt viele Leidensgefährten und zu wenig Hilfsangebote. Deshalb rief ein betroffener Vater in Schweinfurt die Selbsthilfegruppe "Verlassene Eltern" ins Leben. Zwischen zehn und 15 Betroffene aus der Region kommen seit Februar einmal im Monat hier zusammen, um ihre Erfahrungen auszutauschen. Sogar aus Meiningen ist ein Elternpaar dabei.
"Hier kann man offen reden", sagt eine Mutter, die in der Gesellschaft das Verständnis für Menschen in solchen Lebenssituationen vermisst. "Viele denken doch, irgendwas Schlimmes wirst du schon gemacht haben." Hier in der Gruppe dagegen gebe es keine Vorwürfe und keine Schuldzuweisungen. "Wir weinen und lachen zusammen."
Enttäuschung, Wut und Trauer
"Für uns ist es wichtig, mit Menschen zu sprechen, die uns verstehen", sagen die Betroffenen. Dafür nehmen manche weite Anfahrtswege in Kauf. So wie das Elternpaar aus Meiningen. "Ich hätte nie gedacht, dass uns so etwas mal passiert", sagt der Vater. Sein Sohn hat sich nach der Heirat von Familie und Freunden entfremdet. "Wir verstehen uns zwar noch", erzählt der Vater, doch die Schwiegertochter versuche den Sohn vom Elternhaus fern zu halten. Das Schlimmste sei, "dass wir unsere Enkelkind nicht sehen dürfen". Vor drei Jahren war der letzte Besuch. Inzwischen ist der Enkel fünf Jahre alt.
Ähnlich ergeht es dem älteren Ehepaar aus Rhön-Grabfeld. Mit dem Einzug der Schwiegertochter habe sich das bis dahin gute Verhältnis zum Sohn verändert, erzählt der Mann. Die Geburt des ersten Enkelkindes habe man noch miterlebt, die der zweiten Enkelin aber gar nicht mehr mitbekommen. Das Schlimme: "Wir wohnen in der gleichen Straße, nur ein paar hundert Meter voneinander entfernt." Von weitem gelinge es manchmal, einen Blick auf die Kinder zu erhaschen. In die Nähe der Großeltern dürften sie aber nicht. "Das ist ganz ganz schlimm", sagt der 76-Jährige den Tränen nahe.
Auch ein jüngeres Ehepaar sitzt in der Gruppe, das seine Enkeltochter noch nie zu Gesicht bekommen hat. Vor eineinhalb Jahren habe der Sohn den Kontakt abgebrochen. Von Verzweiflung bis Wut haben die Eltern alle Trauerphasen durchlitten. Doch jetzt sind sie an einem Punkt, "wo wir an uns denken". Sie wollen nicht "daran kaputtgehen". Trotz aller Wut, Enttäuschung und Trauer wollen sie ihre Tür aber immer offen halten. "Er ist doch unser Kind."
Kontaktabbruch ohne Erklärung
Eines scheint allen Eltern gemein: Der Kontaktabbruch kommt ohne Erklärung. So sucht jeder und jede nach seiner Antwort auf die Frage: Was habe ich falsch gemacht? Wie konnte es soweit kommen.
Eine Mutter glaubt, sie habe zu oft und zu viel "Ja" gesagt. Sie habe es besser machen wollen als die eigenen Eltern. Als Dank habe sie Drohbriefe von ihren Kindern erhalten. Seit 14 Jahren ist der Kontakt abgebrochen.
Gleich alle drei Kinder haben sich bei einem anderen Ehepaar abgewendet. "Es war ein schleichender Prozess", erzählt der Vater. Zuerst habe die älteste Tochter der Familie den Rücken gekehrt und die Jüngere dadurch mitgezogen. Zuletzt habe sich auch noch der Sohn von den Eltern distanziert und geschrieben "Das gilt für immer". Seit zwei Jahren sind die Eheleute alleine.
In der Selbsthilfegruppe suchen die Betroffenen auch Antwort auf die Frage, wie man am besten damit umgeht. Einige schreiben ihren Kindern noch immer regelmäßig Briefe und hoffen auf eine Antwort. Andere machen Fotobücher oder legen ein Sparbuch für die Enkelkinder an, "damit sie später wissen, dass wir an sie gedacht haben". Manche konzentrieren sich auf ihr eigenes Leben. "Wir sind an Weihnachten nach Teneriffa gefahren", erzählt ein Vater, "das hilft manchmal."
"Wir haben nicht die Schuld. Wir müssen uns nicht rechtfertigen"
Diana plagt nach wie vor die Frage: "Steht ihr in der Öffentlichkeit dazu?" Die meisten sagen Ja. Auf dem Dorf wisse eh jeder Bescheid. "Wir haben nicht die Schuld. Wir müssen uns nicht rechtfertigen", rät eine Gruppenteilnehmerin zur Offenheit.
Eine Mutter bekennt, dass sie anfangs auch den Kontaktabbruch geleugnet und alles in sich hineingefressen habe. Sie habe versucht, Abstand von anderen Menschen zu nehmen. "Aber dann bist du immer mit deinem Seelenschmerz alleine." Auch aus diesem Grund sei sie in die Selbsthilfegruppe gegangen. Denn es tue gut, sich einfach mal auszutauschen und offen reden zu können. Für Diana war es die wichtigste Erkenntnis an diesem Abend: "Genau diesen Rat habe ich gebraucht."
Die Schweinfurter Selbsthilfegruppe "Verlassene Eltern" trifft sich einmal monatlich. Wer an dem Treffen teilnehmen möchte, kann sich per E-Mail an verlassene-eltern-sw@gmx.de wenden.
Großeltern und Eltern merken oft gar nicht, wie sie Beziehungen ihrer erwachsenen Kinder vergiften mit Projektionen und eigenen Interessen.
Gerade dramatische Trennungs- und Scheidungserfahrungen werden auf die nächste Generation übertragen und überzustülpen versucht, was dann zur Zerstörung ganzer Familien führen kann.
Es geht auch nicht vorrangig um Scham oder das, was "die Leut" denken. Ich bin selbst Vater und habe seit 20 Jahren keinen Kontakt zu meinem Kind, weil ich drei Monate nach Geburt "entsorgt" wurde.
Es gibt auch erwachsene Eltern, deren Leben von den eigenen Eltern okkupiert wird - da wäre es besser, einen harten Schnitt zu machen. Auch zum Wohl der Kinder.
Das sind Kinder, zum Teil im Säuglingsalter, die aufgrund Gleichgültigkeit, Unfähigkeit und ideologischer Defizite von Juristinnen und Juristen einen Elternteil "verlieren", irreversibel und für´s ganze Leben.
Können Sie da bitte mal einen Fall nennen. Im Säuglings-/Kinderalter ist immer das Jugendamt beteiligt und die haben das Kindeswohl im Blick und deren Meinung ist dem Richter sehr wichtig.
Ja.
Als leiblicher/rechtlicher Vater habe ich im Dezember 2003 das Familiengericht Würzburg um Hilfe gebeten. Mein Kind damals drei Monate alt, Bindung bestand, ein Wunschkind! Nach drei Monaten kam ein Schreiben, ich solle mich ans Jugendamt wenden, nach 8 Monaten kam es zu einem ersten Termin beim Gericht. Die Richterin beauftragte erst einmal einen Gutachter, mittlerweile war ein Jahr vorbei. Nach 16 Monaten wurde ein Verfahrenspfleger eingesetzt um "wöchentliche Treffen" anzubahnen - was er nicht tat. So geht es in einem fort....
Das Familiengericht und das Jugendamt Würzburg haben heute 20 Jahre Zerstörung der Vater-Kind-Bindung zu verantworten, von wegen "Kindeswohl" - zuerst Verschleppungen, Ausgrenzungen, danach Entfremdung nach dem "Kontinuitätsprinzip". Die Mutter ist Volljuristin....
Insbesondere der Familiensenat in Bamberg setzt sich ständig über Empfehlungen von Verfahrenspflegern, Umgangspflegern und Jugendamt hinweg und zerstört dadurch - selbst erlebt - über Jahre sensibel und mühsam aufgebaute Bindungen.
Eine solche Hybris bei gleichzeitiger Überforderung und Unfähigkeit ist schlicht unfassbar. Leider hat der durchschnittliche Mediennutzer hiervon keine Ahnung - bis er selbst mit diesen Strukturen konfrontiert ist - was ich keinem wünsche.
Besser ist allemal, die KOMMUNIKATION auf persönlicher und familiärer Ebene zu suchen. Wenn Juristen hier das Zepter übernommen haben, ist selbst das kaum noch möglich.