Für Saif Eddine Benabdellatif war es immer das Ziel, in Deutschland zu arbeiten. Respekt für die Arbeit als Krankenpfleger zu bekommen, sagt er, anders als es in seinem Heimatland Tunesien der Fall sei. Mehr Möglichkeiten zu haben. Weiter lernen zu können.
Saif Eddine Benabdellatif hat es geschafft. Er wird gerade als Krankenpfleger in der Chirurgie im Leopoldina Krankenhaus in Schweinfurt angelernt. Anfang Februar absolvierte er eine Prüfung, um seine heimische Krankenpflegerausbildung in Deutschland anerkennen zu lassen. Gemeinsam mit vier weiteren Fachkräften aus Tunesien.
Die sogenannte Anerkennungprüfung muss von Arbeitskräften aus nicht-EU-Ländern abgelegt werden. Damit soll festgestellt werden, ob sich die Fachkraft auf dem benötigten Kenntnisstand befindet, um den Beruf in Deutschland ausüben zu können. Für die Prüfung benötigt werden eine im Heimatland abgeschlossene entsprechende Berufsausbildung, ein Nachweis des Sprachniveaus Level B2, ein Arbeitsvertrag und ein Defizitbescheid einer Behörde in Deutschland. Der stellt die Unterschiede zwischen der im Heimatland erworbenen Berufsausbildung und der hiesigen fest.
Vermittlung der tunesischen Fachkräfte lief über eine Agentur
"Wir haben aktuell einen Pflegenotstand und müssen gucken, wie wir Pflegekräfte akquirieren können", sagt Markus Ratz, Zentraler Praxisanleiter im Leopoldina. Mitarbeiter aus dem Ausland zu beziehen, sei daher eine gute Möglichkeit. Die Vermittlung für den sechsmonatigen Kurs, an dessen Ende die Anerkennungsprüfung steht, laufe über eine Agentur.
"Wenn sie ankommen, schauen wir, dass wir einen Erstwohnraum für sie haben", sagt Ratz. Während der Laufzeit des Kurses arbeiten die ausländischen Fachkräfte als Krankenpflegehilfskräfte. Wenn sie die Prüfung bestanden haben, gelten sie als vollwertige Krankenpflegekraft und werden auch so vergütet.
Saif Eddine Benabdellatif ist seit acht Monaten in Deutschland. In Tunesien hat er Krankenpflege studiert und bereits in seinem letzten Studienjahr mit einem Deutschkurs angefangen. Für die Prüfungen hat er sich besonders auf die Sprache konzentriert. Die Schwierigkeit seien die Übersetzungen gewesen, sagt der 25-Jährige. "Man muss erst mal die medizinischen Wörter lernen."
Die Prüfungen bestehen jeweils aus einem mündlichen und mindestens einem praktischen Teil. Zuständig dafür sind von der jeweiligen Regierung anerkannte und beauftragte Stellen. Für Unterfranken ist dies seit 2020 "Carereer", die kommunale, staatlich anerkannte Berufsfachschule für Pflege des Zweckverbands Haßfurt/Schweinfurt, deren Träger die Haßberg-Kliniken und das Leopoldina-Krankenhaus sind. Die Meldung erfolgt somit an die Regierung von Unterfranken als für Pflegeberufe zuständige Aufsichtsbehörde.
Projekte startete 2018 mit Fachkräften von den Philippinen
Das Projekt im Leopoldina startete 2018 mit den ersten qualifizierten Fachkräften von den Philippinen. Eine von ihnen ist Ma Daryl Jann Gallarte. Die 31-Jährige hat die Anerkennungsprüfung 2019 abgeschlossen. "Also vor der Pandemie", sagt sie. In ihrem Heimatland absolvierte sie ein Studium zur Krankenpflegerin, jetzt arbeitet sie in der Kardiologie im Leopoldina. Über "Triple Win" – ein Programm in Kooperation der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagentur fur Arbeit zur nachhaltigen Gewinnung von Pflegekräften aus dem Ausland – kam sie nach Schweinfurt.
Die Arbeit in Deutschland und ihrem Heimatland unterscheide sich sehr, sagt Gallarte. Die Grundpflege, die in Deutschland der Kern der Tätigkeit als Krankenpfleger ist, übernehmen auf den Philippinen die Angehörigen. Diese blieben rund um die Uhr im Krankenhaus, übernachteten auch bei den Patienten. In Tunesien ist es ähnlich. Auch dort seien hier den Ärzten vorbehaltene Tätigkeiten bei Krankenpflegern üblich, sagt Benabdellatif. Anders als hierzulande.
Ratz: Keine Löcher im Personal stopfen, sondern Fachkräfte langfristig binden
Doch was sind ihre Gründe, nach Deutschland zu kommen? "Mehr Geld verdienen und in Europa reisen", sagt Gallarte. "Man verdient auf den Philippinen einfach nicht genug." Wie Saif Eddine Benabdellatif kam auch sie alleine aus ihrem Heimatland in die Bundesrepublik. Alleine seien sie aber nicht, über den Kurs und über Arbeitskolleginnen und -kollegen haben sie schnell Anschluss gefunden. "Ich bin ohne Familie hergekommen", sagt Benabdellatif. "Aber wir sind hier wie eine Familie."
Markus Ratz sieht einen klaren Pluspunkt in der geringen Dauer des Kurses. "Klar bilden wir auch selbst aus, aber das dauert ja viel länger", sagt er. Eine dreijährige Ausbildung steht einem sechsmonatigen Kurs gegenüber. Es gehe bei dem Projekt aber nicht darum, kurzfristig etwaige Löcher im Personal zu stopfen. "Wir wollen die Fachkräfte längerfristig an uns binden – über den Kurs hinaus." Glücklicherweise seien alle Absolventen des Kurses noch immer im Leopoldina tätig.
Nur weil mir mehr zahlen können schauen diese, eh schon benachteiligen Länder mitsamt ihrer Bevölkerung wieder einmal in die Röhre. Da braucht man sich über Unfrieden anderenorts nicht wundern.
Es würde nichts schaden einmal über den eigenen Tellerrand zu schauen und das große Ganze zu betrachten.
Die Kehrseite unseres Luxus ist die Armut anderswo von der wir profitieren z.B. durch Produkte: Made in ... oder eben durch Anwerbung der in diesen Ländern kaum vorhanden Fachkräfte.