Am 1. Mai wurden vor den Gerichtsgebäuden in der Rüffer- und der Theresienstraße in Schweinfurt weiße Rosen abgelegt, dazu Schilder, auf denen Sprüche wie dieser zu lesen sind: "Zum Gedenken an den Rechtsstaat. Größte Hochachtung für die mutigen Verteidiger der Demokratie im Amtsgericht Weimar". Es ist eine von vielen ähnlichen Aktionen an diesem 1. Mai in der Bundesrepublik. Der Protest entzündet sich am Fall Weimar, wo ein Familienrichter Anfang April die Maskenpflicht an zwei Schulen ausgesetzt hatte. In der Folge waren Anzeigen gegen ihn erstattet worden.
Anhänger der Querdenker-Szene hatten nun bundesweit zu der Protest-Aktion aufgerufen, das bestätigt auch das Polizeipräsidium Unterfranken. In Schweinfurt bekennt sich eine "Grundrechteinitiative" zu der Aktion. Aber wer ist das überhaupt?
Eine Antwort findet sich nicht. Die Initiative taucht nur mit anonymen Pressemitteilungen auf, die sie über die Mailadresse "subversiv@gmx.de" verschickt. Kein Verfasser, kein Verantwortlicher wird darin genannt, auch auf Nachfrage der Redaktion nicht. Als in Schweinfurt zwei Fälle verhandelt werden, in denen es um Verstöße gegen die Maskenpflicht und gefälschte Atteste geht, tritt die "Grundrechteinitiative" am 22. April an die Öffentlichkeit. Ihre Kritik gleicht der, die sie wenig später nach der Aktion am 1. Mai in einer weiteren Pressemitteilung erheben wird: Man protestiere gegen "das tendenzielle Abgleiten Deutschlands in einen Corona-Polizeistaat, in dem die meisten Grundrechte suspendiert sind und nicht einmal mehr das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren eingehalten wird".
Warum die Polizei Personalien von Teilnehmern aufgenommen hat
Zitate von Teilnehmern der Aktion werden genannt. Es ist von "gewissen Tendenzen politischer Justiz auch vor dem Amtsgericht Schweinfurt" die Rede, dazu gibt es harte Vorwürfe: die Öffentlichkeit werde bei den Maskenverfahren "ausgesperrt", Beklagte würden nicht angehört, es werde ohne "richtige Beweisaufnahme" geurteilt. Kritik, die sich für die Gerichtsreporter der Redaktion nicht nachvollziehen lassen.
Kritik gibt es aber nicht nur an der Justiz, auch die Polizei steht im Fokus der Pressemitteilung der "Grundrechteinitiative" Schweinfurt. Denn ganz unbemerkt lief die Protestaktion in Schweinfurt nicht ab. Polizeibeamte hatten Personalien von Teilnehmern aufgenommen. "Martialisch aufmarschiert" sei die Polizei, heißt es in der anonymen Pressemitteilung. Was sagen die Verantwortlichen dazu?
Warum die Aktion Konsequenzen haben könnte
Nachfrage beim Polizeipräsidium Unterfranken, das den Einsatz der Polizei bei den verschiedenen Aktionen zum 1. Mai in Schweinfurt geleitet hat, unterstützt von Einheiten der Bereitschafts- und der Bundespolizei. Hintergrund dafür waren wie berichtet die angemeldeten Versammlungen mit weit über tausend zu erwartenden Teilnehmern in der Schweinfurter Innenstadt.
Das Treffen der Polizei auf die Protestler vor den Gerichtsgebäuden dürfte wohl ein eher zufälliges gewesen sein. Tatsächlich wurden von zehn Teilnehmern Personalien aufgenommen, bestätigt ein Sprecher des Präsidiums. Allerdings nicht, um Verfahren gegen die Betreffenden einzuleiten, wie es in der Pressemitteilung der Grundrechteinitiative anklingt. Vielmehr brauche man diese Menschen eventuell als Zeugen. Aber wofür? In dem Fall, dass diese Aktion nicht angemeldet war, so der Polizeisprecher.
Wurde die Versammlung offiziell angemeldet?
Denn: Sie gelte als Versammlung unter freiem Himmel, da "die Teilnehmer ihren Protest gegen die Entscheidung der sächsischen Justiz im Zusammenhang mit einem Urteil des Amtsgerichts Weimar zum Ausdruck gebracht haben". Eine solche Versammlung sei zwar zulässig, müsse aber bei der Stadtverwaltung angemeldet werden. Wurde sie das nicht, könnte gegen den Leiter der Versammlung ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet werden. Wie die Pressestelle der Stadt Schweinfurt auf Nachfrage erklärt, gab es eine solche Anmeldung nicht.
Theoretisch könnte die Aktion am 1. Mai also Konsequenzen haben. Für einen Versammlungsleiter, dessen Namen aktuell wohl nur Insider der Szene kennen dürften.