Sie sieht aus wie eine ganz normale Apotheke – wie Apotheken nunmal so aussehen. Betritt man die in der Schweinfurter Gartenstadt, erblickt man ein Whiteboard, volle Regale und zwei Tresen. Dass in der Corona-Krise noch ein Desinfektionsmittel-Ständer, Hygiene-Hinweisschilder und Schutzscheiben hinzukommen, ist eigentlich auch schon nicht mehr der Rede wert. Doch im Betrieb von Dr. Ralf Köber ist fast nichts normal. Seine Apotheke fungiert als Klinikversorger, beliefert Krankenhäuser, Rettungsdienste, Praxen und Heime – teilweise mit selbst hergestellten Medikamenten.
Wer Bedarf hat, füllt einen Online-Warenkorb, dessen Inhalt Köbers Team, das rechnerisch fast 60 Vollzeitstellen (elf davon als Apotheker) umfasst – her- oder zusammenstellt. "Wir liefern an alle möglichen Betriebe, die eine Autostunde entfernt sind, darunter elf Kliniken", erklärt Apotheker Köber, der in der Krise alle Hände voll zu tun hat. "Alles, was wir tun, ist noch relevanter geworden, als es vorher war. Da muss ich mich dann doch mal bei meinen Mitarbeitern bedanken, die voller Elan bei der Sache sind – doch das waren sie auch schon früher."
Intensivstationen fragen häufiger an
Allerdings hat sich ihr Aufgabengebiet seit Mitte März merklich verschoben. Ging es bis dahin noch öfter darum, Betriebsärzte in der Großindustrie auszustatten oder Steril-Arzneimittel wie Krebsmedikamente und andere Infusionen herzustellen, kommt nun durch die Corona-Patienten eine erhöhte Nachfrage der Dinge zum Vorschein, die Intensivstationen benötigen.
Seniorchef Bernd Köber erklärt: "Die anderen Geschäftsfelder, wie die Herstellung von Salben oder Zäpfchen, deren Inhaltsstoffe teilweise von den Bestellern vorgegeben werden – oder das Bereitstellen von vorsortierten Medikamenten-Tütchen für die Altenheime können wir nicht vernachlässigen oder herunterfahren. Firmen in anderen Branchen haben große Teile ihrer Produktion umgestellt, weil manch ein Produkt fast gar nicht mehr gefragt ist, ein anderes umso mehr. Bei uns bricht aber nichts großartig weg. Alle unsere Dienstleistungen werden gebraucht, um die Versorgung zu sichern – solch eine Krise, die das Ganze noch verschärft, hatten wir noch nie“. Der 71-Jährige führte den Betrieb in der Fritz-Soldmann-Straße 36 Jahre lang und etablierte ihn als Klinikversorger, ehe er 2017 an seinen Sohn übergab.
"Man stelle sich mal vor, in einem Altenheim, das wir versorgen, müsste nun noch ein Angestellter die Medikamentenpackungen aufreißen und die Präparate für jeden einzelnen Bewohner sortieren, weil wir diese sogenannte Verblisterung einstellen. Das können wir nicht bringen, das Personal ist ohnehin mehr als nur gefordert", verdeutlicht Ralf Köber, der in der Krise neue Wege geht. "Wir stellen in Zusammenarbeit mit einem Labor in Euerbach nun auch Desinfektionsmittel her. Das ist eigentlich völlig unwirtschaftlich. Große Hersteller können das viel billiger, doch die kommen einfach nicht mehr hinterher."
Schmerzmittel waren zunächst im Fokus
Ähnlich stark explodiert ist auch die Nachfrage nach Schutzmasken, die man bei den Köbers auch noch bekommt – egal, ob man gerade nach der einfachen Wegwerfmaske, FFP2- oder FFP3-Schutz sucht. "Wir haben unsere Lagerhaltung in vielen Bereichen vergrößert, weil es vermehrt Engpässe gibt, gehen in einer solchen Krise aber immer auch ein hohes Risiko ein. Die Preise für Schutzausrüstung aller Art sind eigentlich viel zu hoch. Wir kaufen trotzdem, verdienen an einer Maske aber nur etwa zehn Prozent des Verkaufspreises und müssen darauf hoffen, dass sie jemand nimmt. Vor der Krise waren Masken auch gar keine typische Apotheken-Ware. Die Apotheker sind nicht die, die sich durch solche Zustände bereichern", verdeutlicht Bernd Köber mit Sorgenfalten im Gesicht.
Für zu teuer – und vor allem für zu ungenau – halten die beiden die in der Apotheke erhältlichen Corona-Testsets, die eigentlich für Gewissheit sorgen sollen. "Das tun sie nicht. Ein PCR-Test ist viel genauer. Wir können diese Variante den Kunden, die zu uns kommen, nicht empfehlen." Die kauften zu Beginn der Krise Massen an Hygieneartikeln und deckten sich unter anderem mit Schmerztabletten ein – ein Boom, der nur von kurzer Dauer war. "Dass viele Ärzte jetzt weniger Patienten behandeln, merken auch wir", gibt Ralf Köber zu, "es kommen nicht mehr so viele Leute mit Rezepten". Das ist für den Schweinfurter allerdings auch kein Problem, denn als Klinikversorger hat er immer was zu tun.