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SCHWEINFURT
Der Klinikversorger aus der Gartenstadt
Die Gartenstadt Apotheke besteht seit 60 Jahren. Dr. Ralf Köber (links) hat im vergangenen Jahr die Leitung von seinem Vater Bernd übernommen.
Foto: Karl-Heinz Körblein | Die Gartenstadt Apotheke besteht seit 60 Jahren. Dr. Ralf Köber (links) hat im vergangenen Jahr die Leitung von seinem Vater Bernd übernommen.
Karl-Heinz Körblein
Karl-Heinz Körblein
 |  aktualisiert: 03.12.2019 10:09 Uhr

Am westlichen Ende der Fritz-Soldmann-Straße, einen Steinwurf vom Gartenstadt-Bunker entfernt, gab es früher das Apollo-Kino, eine Metzgerei, einen Lebensmittelmarkt und die Apotheke Gartenstadt. Sie wurde 1958 von Dr. Heinz Köber gegründet und sie ist heute noch dort, wo andere längst das Feld geräumt haben. 60 Jahre wird die Apotheke heuer alt. Von 1981 an wurde sie von Bernd Köber (69) geführt, heute wird sie von dessen Sohn Dr. Ralf Köber (40) geleitet. Aus dem kleinen Betrieb ist inzwischen ein Unternehmen geworden, das 50 Menschen beschäftigt, darunter allein zehn Apotheker und Apothekerinnen.

Als Bernd Köber 1981 die Apotheke mit fünf Mitarbeitern vom Vater übernahm, hatte er große Zweifel, ob sie in der überschaubaren Gartenstadt, wo es keinen gewachsenen Mittelpunkt und keine greifbar nahen Arztpraxen gab, eine Zukunft haben würde. So haben in den letzten Jahren allein in Schweinfurt 14 Apotheken zugemacht. „Ich musste mir was überlegen“, sagt Bernd Köber heute. Er wollte nicht nur „Schubladen auf und zu machen“. Es sollte etwas pharmazeutisch Anspruchsvolles werden.

Seit 35 Jahren verbunden

Nach und nach baute Köber sich ein Netz von Krankenhäusern auf, die keine eigene Apotheke betreiben wollten und von ihm versorgt werden – mit allen Dienstleistungen im pharmazeutischen Bereich. Zehn sind es inzwischen, die meisten seit 35 Jahren. Sie liegen in einem Umkreis von einer Autostunde, sind also gut zu erreichen, können bei Engpässen schnell versorgt werden. 24 Stunden lang an 365 Tagen. In der Regel jedoch werden die Häuser dreimal pro Woche angefahren. Die einzelnen Stationen geben, wie bei Amazon, ihre Bestellung in einen elektronischen Warenkorb, lassen sie von einem Arzt bestätigen und schon liegt sie in der Gartenstadt vor.

Pharmazeutisch anspruchsvoll heißt für Bernd und Ralf Köber auch, dass sie einen Gutteil der Medikamente noch selbst herstellen. Komplexe Zubereitungen für onkologische Erkrankungen, aber auch Rezepturen zur Ernährung schwerstkranker Patienten gehören dazu oder Präparate, die der Facharzt direkt ins Auge spritzt. Da hat Sterilität höchste Priorität. Die Apotheke arbeitet mit Reinräumen, „wie bei der Chipherstellung“, sagt Ralf Köber. Mitarbeiter, Räume und Produkte werden täglich mikrobiologisch auf Keime untersucht. Es gibt eine riesige Belüftungsanlage, die dafür sorgt, dass keine Keime in die Räume kommen, aber auch nichts das Haus verlässt, das ja mitten im Wohngebiet liegt.

Überzeugter Gartenstädter

Köber hätte mit seinem Unternehmen leicht auf die grüne Wiese gehen können, einen Zweckbau errichten, ohne die vielen Treppen und Übergänge im heutigen Gebäudekomplex. Er ist aber überzeugter Gartenstädter, erinnert sich gerne an Zeiten, als hier die meisten noch Hühner und Kaninchen hielten, und weiß die Nähe zu den Menschen zu schätzen. Manche kommen auch von außerhalb, „weil sie wissen, dass sie bei uns erhalten, was sie brauchen.“ „Wir machen fast alle Rezepturen, auch manchmal solche, bei denen wir wenig verdienen“, sagt der Seniorchef und will sich damit vom Internethandel absetzen.

Spezielle Rezepturen

Spezielle Rezepturen werden immer wichtiger, ergänzt Ralf Köber. Als ein Orthopäde aus den USA eine neue Schmerztherapie mitbrachte, haben er und seine Mitarbeiter zusammen mit ihm ein Medikament entwickelt, mit dem auch einige Spitzensportler bereits erfolgreich behandelt wurden, beschreibt er einen weiteren Bereich.

Inzwischen ist die Apotheke so stark gewachsen, dass die Köbers das gesamte Areal um das ehemalige Kino herum vom Bauverein, der eigentlich hier neu bauen wollte, angemietet haben. Und so war Platz für ein neues Geschäftsfeld, dem Ralf Köber eine gute Zukunft voraussagt. Für ein Pflegeheim mit 350 Bewohnern verpackt die Apotheke die Medikamente für jeden Einzelnen in kleine Tütchen, versieht sie mit Namen, Tag und Uhrzeit der Einnahme und stellt sie der Einrichtung im Wochenumfang zur Verfügung.

Pflegekräfte entlasten

Das entlaste die Pflegekräfte erheblich, sagt Köber, die nicht mehr die verschiedenen Pillen für jeden Patienten zusammenstellen müssen. Und es hat weitere Vorteile. „Jeder Patient erhält das, was er braucht.“ Wird ein Medikament abgesetzt, muss die Restpackung nicht mehr weggeworfen werden. Zudem wird jeder Blister optisch überprüft und abgeglichen, ob die Medikamente miteinander verträglich sind, werden die Patienten doch meist von mehreren Ärzten verschiedener Fachrichtungen betreut.

Ralf Köber ist es um die Zukunft nicht bange. In allen Berufsbildern seiner Apotheke werden junge Leute aus- oder weitergebildet „und somit soll dem Betrieb neben einem zufriedenen Kundenstamm auch hoch qualifiziertes Personal erhalten bleiben.“

Arbeiten im Reinraum. Die Apotheke Gartenstadt beliefert Krankenhäuser und ein Pflegeheim.
Foto: Apotheke Gartenstadt | Arbeiten im Reinraum. Die Apotheke Gartenstadt beliefert Krankenhäuser und ein Pflegeheim.
Die Medikamente für jeden einzelnen Pflegepatienten werden in der Apotheke Gartenstadt in Blistern zusammengestellt.
Foto: Apotheke Gartenstadt | Die Medikamente für jeden einzelnen Pflegepatienten werden in der Apotheke Gartenstadt in Blistern zusammengestellt.
 
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