
Für Hauptstraßenmeister Norbert Müller war er nicht der Rede wert, der Kälteeinbruch in der Nacht zum Montag, der den Landkreis wie ganz Unterfranken in ein weißes Pudergewand gehüllt hat. "Standard, das war jetzt nichts Außergewöhnliches", meint der 61-jährige Dienststellenleiter des Kreisbauhofs, der auf fast 40 Jahre Erfahrung im Winterdienst zurückblicken kann.
Nichtsdestotrotz seien am 12. Dezember ab 4 Uhr in der Früh alle 19 Fahrzeuge des Kreisbauhofs und der staatlichen Straßenmeisterei Schweinfurt ausgerückt, um die knapp 740 Kilometer Straßennetz des Landkreises von Schnee und Eis zu befreien. Eine Runde, das heißt zweieinhalb Stunden, habe genügt, um alle Straßen freizubekommen, erklärt Joachim Bördlein, Stützpunktleiter des Kreisbauhofs in Gerolzhofen, in dessen Büro sich Müller und sein designierter Nachfolger Maurice-Riccardo Schmitt zum Gespräch eingefunden haben.
Entschuldigen ließ sich der stellvertretende Leiter der staatlichen Straßenmeisterei Schweinfurt, Benjamin Schießer. Doch Müller betont, dass er in seinen Ausführungen für beide Seiten spreche. Im Landkreis Schweinfurt besteht nämlich seit dem Jahr 2006 eine unterfranken- und bayernweit einmalige Winterdienst-Kooperation zwischen Freistaat und Landkreis. Zweck des Bündnisses sei es gewesen, "Leerkilometer" zu minimieren.
Während der Landkreis nämlich für die Kreisstraßen und in Auftragsverwaltung für die Gemeindeverbindungsstraßen zuständig ist, ist das Räumen von Bundes- und Staatsstraßen Aufgabe des Freistaats. Da zwischen den jeweiligen Zuständigkeitsbereichen jedoch stets auch Streckenabschnitte anderer Klassifizierung liegen, habe man das gesamte Straßennetz in einen Topf geworfen und für jedes Fahrzeug eine zusammenhängende Route erarbeitet.

Damit reinigen Lastkraftwagen des Freistaats im Landkreis Schweinfurt auch Kreis- und Gemeindeverbindungsstraßen und umgekehrt. Streckenkilometer, bei denen die Räumfahrzeuge mit ausgeschalteter Streumaschine und hochgeklapptem Schneepflug fahren, gibt es dadurch nicht mehr.
Auf allen Straßen im Landkreisgebiet ist es gleich gut geräumt
"Das ist Bürgerservice, was wir da machen. Für den Verkehrsteilnehmer hat das den Vorteil, dass auf allen klassifizierten Straßen im Landkreisgebiet überall das gleiche Niveau herrscht", bringt es Müller auf den Punkt. Von "Service" spricht der Sprecher der bayerischen Straßenmeister, da für Landkreis und Freistaat eigentlich keine rechtliche Verpflichtung zu einem generellen Winterdienst besteht.
Eine Tatsache, die dem heutigen Anspruchsdenken der Verkehrsteilnehmer nach Ansicht Müllers diametral entgegensteht: "Um rechtzeitig zur Arbeit zu kommen, ist man früher einfach eine Stunde eher aufgestanden, wenn man wusste, dass das Wetter schlecht wird. Heute will sich keiner mehr anpassen. Es sollen einfach Sommer wie Winter gleich gute Bedingungen auf den Straßen herrschen." Ein Umstand, mit dem man sich laut Schmitt arrangiert hat: "Wir tun unser Bestes, und es ist auch das Aushängeschild jedes Straßenmeisters, wenn man einen sehr guten Winter hat, wo kaum Unfälle passiert sind."

Um dies zu gewährleisten, beginnen die Vorbereitungen für die Wintersaison bereits am 1. September, damit ab Anfang November das Personal für den Schichtdienst eingeteilt ist und Material und Fahrzeuge bereitstehen. 6200 Tonnen Streusalz lagern die Kreisbauhöfe und die staatlichen Straßenmeistereien bis zu diesem Zeitpunkt an ihren vier Stützpunkten in Gerolzhofen, Niederwerrn und Bergrheinfeld ein. Dabei wird darauf geachtet, einen Großteil im Sommer zu beziehen, da die Preise dann mit zehn Euro pro Tonne am niedrigsten seien – im Moment liege der Preis bei 67 Euro pro Tonne.
Nachbestellt wird nach Bedarf, verbraucht werden muss der Vorrat bis zum Saisonende im März jedoch nicht: "Wir müssen es auch nicht los bringen. Wenn wir es nicht brauchen – umso besser, dann wird es nächstes Jahr gestreut", räumt Müller mit dem hartnäckigen Gerücht auf, dass das Streusalz bei Nichtverbrauch "kaputtgeht". "Die Salzhallen sind meist Holzhallen, die die Feuchtigkeit herausziehen. Die Salzhalle ist also das ganze Jahr über voll, und das Salz geht auch nie aus."
Nur im Extremwinter 2010 sank der Vorrat an Salz bedenklich
Ein Leitsatz, der nicht immer galt. Im Extremwinter 2010 sank der Gesamtvorrat auf lediglich 30 Tonnen. Solche Engpässe sind im Landkreis Schweinfurt jedoch nicht mehr zu erwarten, da der Landkreis durch seine Kooperation mit dem Freistaat auch auf dessen mittlerweile eingerichtete Notlager zugreifen kann. Der angebrochenen Wintersaison sehen Müller und seine Kollegen damit entspannt entgegen. Eine Schneenacht wie am 12. Dezember ist da nicht mehr als die Nummer zehn auf der langen Liste der Einsatzfahrten.