"Ohne mein Handy hätte ich es nicht geschafft." Drei Jahre war Ahmad Zein auf der Flucht, nachdem er 2012 vor Giftgas und Fassbomben aus Syrien geflohen war. Die Fluchtroute über die Türkei nach Deutschland hatte er schon zuhause grob geplant. Aber ohne Google maps auf dem Smartphone "wäre es unterwegs schwierig geworden".
Um den großen Tisch im offenen Treff des Mehrgenerationenhauses der Diakonie Schweinfurt sitzen fünf junge Syrer und zwei Somalier. Jeder hat ein Smartphone vor sich liegen, das wichtigste Medium für Geflüchtete. Nicht nur, um sich über Routen, Schlepper oder Unterkünfte auf der Flucht zu informieren. Für Menschen wie Ahmad Zein ist das Smartphone auch deshalb unentbehrlich, weil es oftmals die einzige Verbindung zu Familie und Freunden in die alte Heimat und ein Integrationshelfer in der neuen Heimat ist. Ali Jafaor schreibt fast täglich über WhatsApp mit seiner Mutter in Somalia. Und jeden Freitagabend kommt die ganze Familie zum Video-Chat zusammen. "Wir skypen manchmal eine Stunde lang", sagt der 30-Jährige. Für ihn sei das immens wichtig, "ich bin hier ja ganz allein". Zuhause, in Somalia, habe er gar kein Handy besessen.
Apropos allein: Schweinfurt ist sehr um die Integration von Geflüchteten und Migranten bemüht. Stadt und Landkreis stellen Integrationslotsinnen bereit. Sie wirken als Koordinatoren und Netzwerker, unterstützen, informieren und schulen die Ehrenamtlichen zu allen Belangen der Integration.
Übersetzungsapp ist wichtiges Hilfsmittel für Geflüchtete
"Der Großteil der Geflüchteten nutzt digitale, mobile Geräte", weiß Karina Kraus, die Integrationslotsin der Stadt Schweinfurt. Mit dem Smartphone werden hier vor allem neue soziale Kontakte geknüpft. Außerdem sei das Internet eine wichtige Informationsquelle. Bakry Najjar hat im Netz nicht nur seine Wohnung gefunden, sondern auch eine Ausbildungsstelle. Der 20-jährige Syrer macht bei der Diakonie eine Ausbildung zum kaufmännischen Büromanager. Und dabei ist ihm das Smartphone ebenfalls eine wertvolle Hilfe. Denn trotz seiner sehr guten Deutschkenntnisse muss er für Wirtschaftsbegriffe noch auf eine Übersetzungsapp zurückgreifen.
"Viele Behörden setzen sogar digitales Knowhow voraus", sagt Antje Dekkers, die Integrationslotsin für den Landkreis Schweinfurt. So könnten Termine bei Botschaften für Visa-Angelegenheiten nur über das Internet vereinbart werden. Auch bei Großunternehmen seien Online-Bewerbungen inzwischen Standard. Ein Nachteil für jene, die technisch nicht versiert sind. Sie sind auf Unterstützung angewiesen. Die Diakonie nutzt für Beratungszwecke sogar WhatsApp. Weniger komplexe Fragen können so unkompliziert beantwortet werden. Die digitale Plattform erleichtert vor allem den Informationsaustausch mit Geflüchteten, die nicht in Schweinfurt wohnen und einen Anfahrtsweg zur Beratung haben. "Sensible Daten dürfen natürlich nicht über WhatsApp verschickt werden", stellt Dekkers klar. Auch könne eine Online-Beratung keinesfalls das persönliche Gespräch ersetzen.
"Internet ist gut", meint Baker Baschar. Der 24-jährige Syrer nutzt es, um Arzttermine zu vereinbaren oder über Google Maps Behörden aufzufinden. Für Mohammed Saed Othmann ist das Smartphone die Informationsbörse schlechthin. Im Internet findet der 21-jährige Syrer alle für ihn relevanten Informationen. "Die Anwendungen für mobile, digitale Endgeräte haben die größte Reichweite bei unserer Zielgruppe", hat Arwen Haase, Integrationslotsin für den Landkreis Schweinfurt, festgestellt. Denn sie böten verlässliche, mehrsprachige und multimediale Informationen. So haben inzwischen viele Behörden und Initiativen digitale Foren eingerichtet, die Geflüchtete verständlich und mehrsprachig mit relevanten Informationen versorgen oder auch Einblick in die deutsche Kultur, Politik und das Rechtssystem geben. "Der Informationsfluss wird zudem viel schneller und erreicht durch online-Netzwerke viel mehr Menschen", ergänzt die städtische Integrationslotsin Christiane Fellows.
85 Prozent der Mitglieder in der Diakonie-Facebookgruppe sind Männer
Ganz wichtig für Geflüchtete ist Facebook. Im Juli 2017 haben Beraterinnen der Diakonie Schweinfurt die Facebook-Gruppe "Diakonie SW für Dich" ins Leben gerufen. Inzwischen hat die Gruppe 635 Mitglieder, 85 Prozent sind Männer im Alter von 18 bis 34 Jahren, die meisten arabischsprachig. "Hier wird über alles informiert", sagt Mohammed Saed Othmann, "und man bekommt schnelle Hilfe", ergänzt Hasan Alsaadi. Top-Themen in der Facebook-Gruppe sind laut Arwen Haase Asylfragen, Wohnungssuche, Sprachkurse, Studium, Ausbildung und Arbeitssuche oder Finanzthemen wie Sozialleistungen. Auch für die Ehrenamtlichen sei Facebook wichtig. "Hier werden Veranstaltungen hochgeladen, Termine bekanntgegeben und Netzwerke geknüpft", erklärt Arwen Haase. Und: Auf "Diakonie SW für Dich" werden Menschen mit positiven Erlebnissen oder sportlichen Erfolgen porträtiert. "Damit wollen wir Mut machen."
Neuestes Projekt der Integrationslotsinnen sind Videoclips über verschiedene Einrichtungen in Schweinfurt, die mit und für Geflüchtete gedreht werden. "Wir wollen Schweinfurt über Youtube und Facebook vorstellen, damit sie auch etwas vom Lifestyle hier mitbekommen", erklärt Gloria MacLachlan, die Leiterein des offenen Treffs im Mehrgenerationenhaus. Sie hat dafür im Januar eine eigene Social-Media-Gruppe gegründet. Die Gruppenmitglieder nehmen mit dem Handy die Sequenzen auf und stellen sie ins Netz. Der erste Film wurde bereits gedreht. Er zeigt, was im Mehrgenerationenhaus alles angeboten wird. Nächste Drehorte sind Stattbahnhof und Kino.
Hasan Alsaadi kannte in Syrien weder Facebook noch WhatsApp. Der 37-Jährige ist vor dreieinhalb Jahren geflüchtet und lebt seit sechs Monaten in Schweinfurt. Er besitzt auch ein Handy. Aber das nutzt er nur, "um zu telefonieren".
Ich finde es sehr provokant, dass die Jungs immer in der Stadtgalerie rumsitzen, ganze Sitzgruppen für sich beschlagnahmen und mit ihren Smartphones beschäftigt sind.
Genau das schürt doch die Vorurteile unter der Bevölkerung.
Den Jungs ihre Untätigkeit vorzuwerfen ist aber angesichts unseres Asylrechts paradox. Die dürfen doch gar nicht arbeiten, selbst wenn sie schlecht bezahlte Arbeit finden und annehmen wollen.
Das ist kein Artikel wert. Da wird verschämt weggeguckt von Seiten der Presse.
Also, geglückte Integration...gut. Aber auch über die Schattenseiten recherchieren und berichten.
Schreiben Sie ruhig dazu wie hoch- in Prozent - der Anteil derjenigen ist
die hier tatsächlich gut integrierbar sind. Sowas erdet !!! und sollte nicht
verschwiegen werden. Dankeschön.
Ich weiss nicht, ob es eine "Anweisung" gibt,
über bestimmte Themen nur positiv zu berichten, bzw eine bestimmte Strömung vorzugeben?
Zur Häme und Hetze. Diese Leute sind auch Wähler. Sie müssen mitgenommen werden.
Mit Beschimpfen erreicht man gar nichts.
Ich fände es durchaus in Ordnung auch das Handy für die Herkunftsbestimmung mit zu nutzen.