
Ein Meer aus gelben Warnwesten mit dem Schriftzug "Wir streiken!" hat sich auf dem Parkplatz gegenüber dem Hiestand-Werk gebildet. Mit Trillerpfeifen und großflächigen Plakaten machen etwa 100 Mitarbeitende am Montag auf ihre Forderungen aufmerksam. Immer wieder verlangsamen vorbeifahrende Fahrzeuge in der Albert-Einstein-Straße ihr Tempo, um die Botschaften erkennen zu können.
Die Beschäftigten wollen mehr Geld, nachdem der Haustarifvertrag zum Jahresende ausgelaufen ist und neu verhandelt wird. "Das Angebot der Arbeitgeberseite ist ein Schlag ins Gesicht der Kolleginnen und Kollegen", hallt es aus einer großen Lautsprecherbox. Am Mikrofon ist der Sekretär der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), Ibo Ocak. Sein Unmut über das bisherige Angebot des Backwarenherstellers, der zum Aryzta-Konzern gehört, ist nicht zu überhören.
Arbeitnehmerseite fordert mindestens 285 Euro mehr
Konkret fordert die Arbeitnehmerseite eine Erhöhung aller Entgelte um 8,5 Prozent, mindestens jedoch 285 Euro mehr für die unteren Lohngruppen und zusätzlich ein Anheben der Ausbildungsvergütung um 190 Euro. In der ersten Verhandlungsrunde im Januar konnten sich die Tarifpartner nicht auf einen neuen Abschluss einigen. Zu weit liegen die Vorstellungen auseinander.

Deshalb legten am späten Montagvormittag rund 150 Mitarbeitende der Frühschicht die Arbeit im Werk nieder. Solidarische Unterstützung erhielten sie beim Warnstreik nach Angaben des Betriebsrates von Arbeitnehmenden der anderen Schichten.
Laut Ibo Ocak hat der Arbeitgeber bislang nur ein "Magerangebot" von 2,5 Prozent unterbreitet, was ihm zufolge eine Brutto-Erhöhung von gerade einmal 83,83 Euro entsprechen würde. Für ihn sei das ein "Hohn" und keine Wertschätzung für die Beschäftigten von Hiestand. "Damit lassen wir uns nicht abspeisen."
NGG: Vorwürfe des Unternehmens eine "Frechheit"
Was ihn und den Betriebsrat massiv ärgert, sind die Vorwürfe des Unternehmens, die Beschäftigten wären unflexibel und oft krank. Ocak nennt dies eine "Frechheit" und verweist zugleich darauf, dass die Belegschaft seit dem Jahr 2018 einen erheblichen Stellenabbau, wenngleich über natürliche Fluktuation, mitgetragen habe.

Die Zahl der Mitarbeitenden ist seinen Angaben zufolge von ehemals rund 370 auf aktuell 265 gesunken. Dadurch sei die Arbeitsbelastung für die Verbliebenen stark angestiegen.
Gleichzeitig liegen der Gewerkschaft NGG zufolge die Löhne des Hiestand-Haustarifvertrags um über neun Prozent unter jenen des Brotwaren-Flächentarifvertrags in Bayern. Andererseits, erklärt Ocak, sei der Gewinn im Konzern im Vorjahr um 14 Prozent angewachsen.
Er wie auch der stellvertretende Betriebsrat Alexander Haas fordern deshalb eine angemessene und faire Lohnsteigerung. Allein die Erhöhung der Beiträge zur Krankenversicherung zu Jahresbeginn und die derzeit hohen Lebenshaltungskosten würden dieses kleine Plus locker "auffressen", so der NGG-Sekretär weiter.

Für den Fall, dass sich bei der nächsten Verhandlungsrunde kein deutlich besseres Angebot abzeichnet, kündigen Betriebsrat und Gewerkschaft eine härtere Gangart an. Heißt konkret: "Der nächste Warnstreik wird nicht mehr nur vier Stunden dauern. Das garantiere ich", schreit Ocak ins Mikrofon in Richtung Hiestand-Werk.
Dort, hinter den Glasscheiben der Büros, wird die Protestaktion der Beschäftigten von einigen Zuschauern augenscheinlich aufmerksam verfolgt.
Das dürfte ähnlich laufen wie zuletzt bei der IG Metall die beim letzten Tarif"kampf" auch mit einer Forderung von 7% in die Verhandlungen gegangen sind. Und das Ergebnis:
2025: 2,0%
2026: 3,1%
https://www.destatis.de/DE/Themen/Arbeit/Verdienste/Tarifverdienste-Tarifbindung/TDB/_TDB/tarifinfo-metall-elektro.html
Geometrisch gesehen ist es keine Spirale, sondern eine Schraube. Und weil der arbeitende Mittelstand alles zahlen muss, geht die abwärts.
Und das erzählen sie den Kaufland Mitarbeitern oder den Brose Kollegen in Würzburg.
Hat in den letzten 50 Jahren keiner gemerkt, dass die IG Metall stets der große Preistreiber ist?
Und bevor ein falscher Eindruck entsteht - ja, es gibt Metallberufe, die eine hohe Belastung für die Arbeitenden darstellt. Aber müssen auch Bürokräfte und ungelernte Hilfskräfte im Vergleich zu anderen Handwerkenden davon profitieren?
Drehen wir das Bild doch etwas.
Was zahlen sie für ein Brötchen, ein Croissant, ein Brot beim Bäcker? Was kommt davon beim Mitarbeiter der Bäckerei an? Das selbe beim Metzger. Was glauben, wieviel weniger ein berufserfahrener Metzgergeselle gegenüber einem ungelernte Arbeiter in der Metallfabrik verdient?
Und ja, sie haben Recht. Man darf den Bogen nicht überspannen. Und doch haben die Mitarbeitenden bei Hiestand ein Recht auf eine anständige Bezahlung - mindestens so viel, wie ihre Kolleginnen und Kollegen im Rest von Bayern.
Gerhard Fleischmann
Oder man verlagert im schlimmsten Fall die Betriebsstätte einfach woanders hin oder lagert Teilbereiche aus.
Dann wird das Jammern groß sein!
Aber so meint man, man erreicht einen großen Coup und kann die Arbeitgeber weiter erpressen und die Spirale funktioniert weiter!
So jedenfalls kann dieser Missbrauch der Tarifautonomie nicht mehr weitergehen!
Kaufland ist ein Händler, das bedeutet einkaufen und mit etwas Aufschlag verkaufen. Da bleibt nicht viel hängen, die Marge ist klein, verdient wird über die Masse. Die Konkurrenz ist erdrückend, da man auch nichts anderes als andere Händler hat. Es geht alles allein über den Preis.
Hiestand ist wertschöpfend, hier wird etwas produziert. Dazu braucht man mehr als nur ein paar Staplerfahrer und Kistenschieber. Gutes Personal will und muss bezahlt werden. Die Produkte zu anderen können sich durchaus unterscheiden, Innovation kann man sich bezahlen lassen.
Aber das verstehen Sie wohl nicht. Ich wette, Sie sind oder waren irgendwo im Staatsdienst, wo man nach Dienstjahren und Position bezahlt wird, nicht nach geleisteter Arbeit und mussten sich mit solchen Themen und Sorgen noch nie abgeben. Das würde auch Ihre seltsamen Ansichten erklären.