zurück
Schweinfurt/Oberschwarzach
Vorwurf des schweren sexuellen Missbrauchs in Kinderheim: Amtsgericht Schweinfurt verurteilt zwei Männer
Seit November lief am Amtsgericht Schweinfurt der Prozess. Zwei Männer wurden beschuldigt, einst Kinder und Jugendliche missbraucht zu haben. Am Mittwoch fiel das Urteil.
Michael Roth, Vorsitzender Richter am Amtsgericht Schweinfurt, bei Prozessbeginn im November 2023: Am Mittwoch verurteilte er zwei Männer wegen schweren sexuellen Missbrauchs. 
Foto: René Ruprecht | Michael Roth, Vorsitzender Richter am Amtsgericht Schweinfurt, bei Prozessbeginn im November 2023: Am Mittwoch verurteilte er zwei Männer wegen schweren sexuellen Missbrauchs. 
Christine Jeske
 |  aktualisiert: 13.01.2025 02:28 Uhr

Im Prozess um schweren sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen in einer Betreuungseinrichtung ist am Amtsgericht Schweinfurt das Urteil gefallen. Die beiden Angeklagten waren einst in der bekannten Einrichtung, dem Erich Kästner Kinderdorf in Oberschwarzach (Lkr. Schweinfurt), tätig gewesen. Die Vorfälle, um die es bei den Vorwürfen gegen die beiden Beschuldigten geht, liegen gut 25 Jahre zurück.

Das Urteil des Vorsitzenden Richters Michael Roth an diesem Mittwoch: drei Jahre Freiheitsstrafe für den älteren Angeklagten. Der jüngere Beschuldigte, im angeklagten Zeitraum erst 18 Jahre alt war, wurde nach Jugendstrafrecht verurteilt - zu einem Jahr und sechs Monaten, ausgesetzt auf Bewährung. Zudem muss er 2000 Euro an den Würzburger Verein Wildwasser zahlen.

Für die Schweinfurter Staatsanwältin Lena Herbert gab es in der seit Ende November laufenden Verhandlung "keinerlei Zweifel, dass die Taten so stattfanden" wie in der Anklageschrift formuliert – und wie von den Nebenklägern und mehreren Zeugen geschildert. Herbert forderte am Mittwoch drei beziehungsweise zwei Jahre Haft - jeweils ohne Bewährung.

Nebenklage-Anwalt: Heimkinder aufs Schrecklichste von Autoritätspersonen missbraucht

Die Vertreter der beiden Nebenkläger wurden in ihren Plädoyers deutlich. Es gebe Fälle, die einen nicht loslassen würden, sagte Anwalt Oliver Peschkes aus Wiesbaden. Er habe dies in 30 Jahren "in dieser Dimension so noch nicht erlebt". Heimkinder seien aufs Schrecklichste körperlich und seelisch missbraucht worden - von Autoritätspersonen. Er forderte Haftstrafen von drei Jahren und neun Monate beziehungsweise zwei Jahren und acht Monaten.

Nebenklage-Anwalt Maximilian Schüßler aus Würzburg schloss sich dem an. In dem Heim könne grundsätzlich etwas nicht stimmen. Seele und Urvertrauen von Kindern seien "unwiederbringlich zerstört" worden.

Verteidiger forderten "im Zweifel für den Angeklagten" und Freispruch

Anwalt Frank Barthel aus Kitzingen, Verteidiger des älteren Beschuldigten, zählte in seinem Plädoyer Widersprüche in der Aussage eines Nebenklägers auf. Er forderte deshalb "in dubio pro reo", im "Zweifel für den Angeklagten", für seinen Mandanten.

Dr. Peter Auffermann aus Würzburg, Anwalt des jüngeren Angeklagten, meinte: "Das schlechteste Beweismittel in jedem Verfahren sind die Zeugen." Erst recht, wenn die Vorwürfe 25 Jahre zurücklägen. Er forderte einen Freispruch.

Die beiden Urteile sind noch nicht rechtskräftig.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Schweinfurt
Oberschwarzach
Christine Jeske
Amtsgericht Schweinfurt
Angeklagte
Erich Kästner
Heimkinder
Kindesmissbrauch
Michael Roth
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Martin Deeg
    ..."Die Vertreter der beiden Nebenkläger wurden in ihren Plädoyers deutlich. Es gebe Fälle, die einen nicht loslassen würden, sagte Anwalt Oliver Peschkes aus Wiesbaden. Er habe dies in 30 Jahren "in dieser Dimension so noch nicht erlebt". Heimkinder seien aufs Schrecklichste körperlich und seelisch missbraucht worden - von Autoritätspersonen. "....

    Wie sieht es mit zivilrechtlicher Entschädigung und "Wiedergutmachung" aus - die Opfer müssen zumindest eine umfassende finanzielle Genugtuung für die Gewalt und das durch "Autoritätspersonen" erlittene Leid erhalten!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Klaus B. Fiederling
    was ich nur nicht verstehe, auch wenn der 18jährige noch nicht volljährig im Sinne des Gesetzes, also 21, war, dass man ihm nur zur Bewährung gegeben hat. Er hat die gleiche Straftat begangen, wie sein älterer Kollege und beide wußten was sie tun, also hätte dem Jüngeren mindestens auch 1 1/2 Jahre Gefängnis gehört. Das schlimme an der ganzen Sache ist, dass die Menschen, die so etwas am eigenen Körper erleben mussten niemals mehr so werden wie vor der Tat, denn die sexuelle Geschichte wird ihnen immer nachhängen.
    Hier fehlen die ganzen kirchenkritischen Vielredner, warum nur?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Dietmar Eberth
    Sehr geehrter Herr Eberth,
    leider existiert die Seite, die Sie als Quelle verlinkt haben, nicht mehr. Bitte verfassen Sie Ihren Kommentar erneut mir einer gültigen Quelle.
    Mit freundlichen Grüßen
    Main-Post-Team
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Martin Deeg
    ...."Dr. Peter Auffermann aus Würzburg, Anwalt des jüngeren Angeklagten, meinte: "Das schlechteste Beweismittel in jedem Verfahren sind die Zeugen."...

    Diese Aussage ist falsch. Es gibt prägende Erfahrungen wie konkrete Missbrauchs- oder Vergewaltigungserlebnisse, die sich bis in völlige unwesentliche Details ins Gedächtnis eingraben und die Betroffenen traumatisieren - das kann Ihnen jeder Aussagepsychologe erklären.

    Zum Thema empfehle ich den Dokumentarfilm "Die Kinder aus Korntal".
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Christa Bullmann
    Natürlich eine traurige Angelegenheit. Ich möchte so schlimme Vorfälle nicht klein reden.

    Ich frage mich allerdings von der rechtlichen Seite ist denn diese Straftat nicht nach 10 beziehungsweise bei besonders schweren Fällen nach 20 Jahren verjährt?

    Das liegt ja schon 25 Jahre zurück da müsste doch schon die Verjährungsfrist eingetreten sein. Ich frage mich irgendwie, was die Begründung ist, dass das noch vor Gericht entschieden ist.

    Mit freundlichen Grüßen

    Johannes Bullmann MPA
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Dietmar Eberth
    Opfer waren zum damaligen Zeitpunkt zwischen 11 und 15 Jahre alt und Verjährung beginnt erst mit Vollendung des 18ten Jahres
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Christa Bullmann
    Interessant. Ich dachte, die Verjährung tritt ein mit dem Datum der Straftat, wusste gar nicht, dass das, was mit der Volljährigkeit des Opfers zu tun hat. Aber danke für die Aufklärung.

    Mit freundlichen Grüßen

    Johannes Bullmann, MPA
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Lutz Saubert
    Gibt es eine Äußerung des Kinderdorfes zu den Fällen? Wie ist die Leitung mit den Vorwürfen seinerzeit umgegangen? Diese müssen doch auch dort bekannt gewesen sein.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten