
Die kleinen, bunten Alu-Schälchen mit Eiskonfekt und die Eistörtchen sind nach fast 100 Jahren noch immer eine der Domänen von Eichetti. Der Wernecker Süßwarenhersteller gehört seit 2021 zum Rübezahl-Riegelein-Konzern und hat sich damit für die Zukunft aufgestellt.
Die Leitung des Wernecker Werks lag bis jetzt beim langjährigen geschäftsführenden Gesellschafter Günther Kraus, der vor allem den Export in 40 Länder forciert hatte. Nach bemerkenswerten 54 Jahren bei Eichetti geht er in den Ruhestand.
Ganz loslassen muss und kann der agile "Mr. Eiskonfekt", wie er von seinen Mitarbeitern tituliert wird, noch nicht. Beratend steht der 69-Jährige seinem Nachfolger in der Wernecker Werksleitung, seinem Sohn Florian Kraus, noch zur Seite.
Eine Karriere wie aus dem Bilderbuch
Für heutige Verhältnisse erstaunlich verlief die Karriere des ehemaligen Bauernsohns aus dem Wernecker Gemeindeteil Rundelshausen. "Ich bin ja kein Mitglied der Unternehmerfamilien", wie Günther Kraus erklärt. Aber er hatte im letzten Seniorchef Hans-Erich Weigel einen Mentor, der seine Fähigkeiten erkannte und ihm schließlich auch eine Teilhabe am Unternehmen anbot.
Begonnen hatte der 15-jährige Junge 1970 mit einer Ausbildung zum Industriekaufmann bei Eichetti, damals noch am ersten Standort in der Schönbornstraße. 1990 kam ein weiteres Betriebsgebäude mit modernen Produktionshallen und Kühlregallager am Mittleren Weg hinzu. 2010 erfolgte die Erweiterung mit einem Produktionsneubau, Verwaltung und dem Fabrikverkauf, so dass ganz neue Produktlinien angeboten werden konnten.
Gleich nach der Lehre absolvierte Kraus neben dem Beruf seinen Industriefachwirt. "Ich bin ein sehr ehrgeiziger Mensch", sagt er über sich selbst. Organisatorische Arbeiten wurden ihm früh übertragen, schon mit 18 Jahren besuchte er die weltweit größte internationale Süßwarenmesse ISM in Köln. "Ich habe jetzt dort die 50 Jahre voll gemacht", sagt der 69-jährige lächelnd.
Mit zahlreichen Lehrgängen bildete er sich weiter, häufte Wissen in allen Abteilungen an, ging mit Kalkulation oder Betriebsabrechnung die Schritte in die Zukunft. Seine Karriere führte zum Prokuristen, 1997 schließlich zum Geschäftsführer gemeinsam mit Christian Weigel, später alleine.
Ein Chef zum Anfassen, dem Teamarbeit wichtig ist
Weil er selbst Azubi und Arbeitnehmer bei Eichetti war, blieb er auch in der Führungsposition "ein Chef zum Anfassen", wie ihm seine Mitarbeiter zum Abschied bescheinigten. "Mir war immer Teamarbeit wichtig und das Begegnen auf Augenhöhe", sagt Günther Kraus. Natürlich müsse es eine Führungsstruktur geben, aber es gehe um die Art und Weise, wie man mit den Mitarbeitern umgehe.

Zur Entwicklung der 1897 von Adam Eichelmann gegründeten Süßwarenfirma, mit den Spezialitäten Eiskonfekt und Brause, erkannte Kraus frühzeitig die Bedeutung des Exports. "In der Spitze lag der Exportanteil bei 45 Prozent, in 40 Länder. Und das als kleine Firma". 70 Personen arbeiten im Stamm bei Eichetti plus Saisonkräfte. Die jährliche Fertigungsmenge liegt bei bis zu 4000 Tonnen Süßwaren.
Kraus selbst besuchte Messen im Inland und für das Exportgeschäft häufig im Ausland. Durch sein Engagement 16 Jahre lang im Vorstand der Exportabteilung "German Sweets" des Bundesverbands Süßwaren war er stets informiert.
Wie das weltweite Geschäft Neuentwicklungen angestoßen hat
Bei seiner Zusammenarbeit mit den Importeuren im Ausland legte er Wert auf Langfristigkeit. "Mit dem Partner in Israel arbeiten wir seit 45 Jahren, mit Kuweit oder Zypern seit 30 Jahren", verdeutlicht er. "Das ist Vertrauenssache, man hilft sich gegenseitig". Auch in die USA, nach Russland oder Dubai bestehen langjährige Geschäftsbeziehungen.
Als Vorteil bei den Verhandlungen bezeichnet es Kraus, dass er alle Schritte des Eichetti-Betriebes kannte. "Ich weiß, was möglich ist und was nicht". Exportpartner würden Flexibilität erwarten, jedes Land habe andere Geschmacksvorstellungen oder Packungsgrößen.

Weil er weltweit unterwegs gewesen sei, habe er auch immer mitbekommen, was gefragt sei. Viele Neuentwicklungen seien daraus entstanden. Zwar gebe es das 1927 erfundene Eistörtchen noch immer in der Form von damals. Aber daneben auch neue Ideen, neue Geschmacksrichtungen, etwa die Kaffeelinie als Eiskonfekt, Waffelkreationen oder die Crispy Cups.
Ein Absatzmarkt ist mit Corona weggebrochen
Um Produktfelder auszubauen, besetzte Eichetti Nischen: Etwa den rheinischen Karneval, bei dem die vielen Vereine ihre Eigenmarken erhalten, um sie bei den Umzügen und Veranstaltungen unter die Leute zu bringen.
Ein Absatzmarkt ist allerdings weggebrochen, vor allem mit der Corona-Pandemie: der Süßwarenfachhandel. "Klar ist, dass die Kunden, unsere Abnehmer, immer größer werden", sagt Kraus und meint damit die Handelsriesen. Die Frage sei doch, ob man diese als kleine Firma noch bedienen könne.
Auch deshalb hat sich Eichetti 2021 in die Rübezahl-Riegelein-Gruppe begeben, mit der schon zuvor Geschäftsbeziehungen bestanden. Der Konzern mit nunmehr 1600 Mitarbeitern in sechs Werken habe eine ganz andere Einkaufs- und Verkaufsmacht, könne explodierende Rohstoff- und Energiepreise eher kompensieren, sagt Kraus. Der Name Eichetti bleibe aber, der Standort Werneck ebenso und natürlich die Mitarbeiter.
Im Rückblick beteuert Günther Kraus, dass er mit Herzblut seine Arbeit erfüllt habe. "Ich habe meinen Job immer geliebt".