Manchmal sind es die kleinen Szenen am Rande, die alles sagen über ein kulturelles Event. So war es auch am Vatertag im ausverkauften Zelt bei Dirk Denzers internationalem Varietéfestival in Sennfeld. "Ach Schatz", sprach der Rentner mit dem grauen Haar und dem Gehstock nach rund drei Stunden furioser Show voller spanischer und südamerikanischer Leidenschaft, "das war schön." Ganz nach dem Motto der Show: Olé.
Die neue Show von Denzer beim siebten Festival in Sennfeld widmete sich spanischen und lateinamerikanischen Künstlerinnen und Künstlern. Es war atemberaubend, es war lustig, es war feuerig, es war magisch, und es war ein Abend, von dem sich die Besucherinnen und Besucher noch lange erzählen werden. Es war: Weltklasse.
Trio Olé mit Witz, musikalischem Können und Chuzpe
Natürlich lebt ein solcher Varieté-Abend vor allem von der Vielfalt der Auftritte. Er braucht aber auch eine feste Klammer, damit es nicht eine willkürliche Aneinanderreihung verschiedener Genres wird. Es braucht ein großes Ganzes. Das Trio Olé um seinen Gründer Paul Morocco ist tatsächlich weltweit gefeiert für seine Auftritte, die eine wilde Mischung aus Comedy, Jonglage und Musik ist – "Guitar Locos", die Gitarren-Verrückten, so nennen sie sich. Wie wahr.
Trio Olé war natürlich weit mehr als das Intermezzo zwischen zwei Auftritten. Es war die perfekte Klammer, die aber auch in der Lage ist, nicht immer nur selbst zu glänzen, sondern all die anderen Acts ebenso hell scheinen zu lassen.
Trio Olé kennt keine Berührungsängste, geht auf das Publikum zu, bindet es ein, fordert es. Und bringt, wie in Sennfeld, die Menschen sogar so sehr zum Lachen, dass sie wie zum Schluss bei der Show "Früchte und Eier" vor lauter Lachen gar nicht mehr ihren Namen sagen können. Und die anderen Besucher sich die Tränen aus den Augen wischen.
Wahre Magie der Verwandlungskünstler Sos und Victoria
Die Show war voller Höhepunkte, doch einer dürfte besonders im Gedächtnis geblieben sein: Sos und Victoria aus Costa Rica, Verwandlungskünstler. Man kam mit dem Zählen gar nicht nach, wie viele verschiedene Kleider die Künstlerin in atemberaubender Geschwindigkeit wechselte, natürlich immer abgeschirmt von großen Tüchern.
Kein Wunder, dass die beiden vier Guinness Welt-Rekorde halten und vor Millionen-Publikum in der amerikanischen Show "America's got talent" auftraten. Sie nach Sennfeld geholt zu haben, war Dirk Denzers großer Coup für diese Olé-Show. Insbesondere wegen des letzten Tricks: Sos überschüttet seine Partnerin mit einer Unmenge Lametta. Als das komplett zu Boden gefallen ist, steht sie statt in einem schwarzen, in einem langen weißen Abendkleid da. Die perfekte Illusion. Staunen und Beifallstürme des Publikums.
Tango tanzen und dabei mit Bällen und Keulen jonglieren
Natürlich bedeutete die Zaubershow nicht, dass die anderen Auftritte dagegen abfielen, ganz und gar nicht. Ob nun Antonio Vargas Handstandakrobatik mit bewunderswerter Körperkontrolle oder Emily und Menno – er jongliert mit bis zu sechs Bällen, sie tanzt mit ihm Tango. Immer schneller und schneller wird die Musik, immer feuriger der Tanz. Doch die Bälle fliegen zwischen den Händen hin und her, alles wirkt leicht und fast schon schwerelos.
Genau das übrigens ist die Kunst jedes Varieté-Künstlers, egal aus welchem Genre: Dinge, insbesondere solche, bei denen es viel Kraft braucht wie bei fast allen akrobatischen Nummern, so aussehen zu lassen, als wäre es völlig mühelos. Das vermitteln zu können, erhöht mit Sicherheit das Staunen und die Bewunderung im Publikum.
Feurig und heiß: Feuershow und eine Flamenco-Tänzerin
Im Varieté geht es auch immer um Bilder, die bleiben. Das Duo Fuego Rojo aus Mexiko ist dafür perfekt: Auf der Leinwand ein Nachtbild voller Sterne, im Vordergrund eine Maya-Pyramide. Mystisch, keine Frage, insbesondere wenn dazu eine Feuershow kommt.
Mit zumindest für den Außenstehenden gewagtem Schwingen von brennenden Schnüren, dicht zusammen stehend, gibt das Ganze dann für das menschliche Auge ein unvergessliches Bild.
Was auch der Spanierin Vanessa Alvarez gelingt: Auf dem Rücken auf einem Stuhl liegend wirbelt sie bunte Tücher durch die Luft, mit den Füßen. Auch hier verliert man sich im Farb-Wirbel auf der Bühne, bleibt staunend zurück.
Am Thema "Dinge ganz leicht aussehen lassen" hatte Alvarez übrigens ebenfalls großen Anteil: Man lege sich mal selbst auf den Rücken und balanciere mit den Füßen eine Gitarre. Auf deren Hals. Kein Wunder, dass diese Nummer wie alle anderen und später natürlich die gesamte Show mit großem Applaus bedacht wurde.
Bei einer spanischen Varieté-Show darf der Flamenco nicht fehlen
Was wäre ein Varieté-Olé ohne Flamenco? Genau, Auftritt Montserrat Suárez, Flamenco-Tänzerin der Extraklasse. Im roten Kleid auf der Bühne glänzt sie mit allem, was Flamenco ausmacht.
Ach ja, der Schalk darf nicht fehlen: Paul Morocco als Tänzerin? Natürlich nichts gegen die Grazie von Montserrat Suárez. Aber genau die richtige Komik zum richtigen Zeitpunkt. Wie gesagt: "Ach Schatz, das war schön."