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Schweinfurt
Urteil im Prozess wegen versuchten Mordes in Schweinfurt: Beschuldigter bleibt in Psychatrie
Das Sicherungsverfahren gegen den 25-Jährigen, der eine Frau niedergestochen haben soll, ist beendet. Wie das Gericht zu seiner Entscheidung kam.
Ein 25-Jähriger soll versucht haben, eine Frau mit drei Messerstichen zu töten. Am Landgericht Schweinfurt ist das Sicherungsverfahren nun zu Ende gegangen.
Foto: Ralf Ruppert | Ein 25-Jähriger soll versucht haben, eine Frau mit drei Messerstichen zu töten. Am Landgericht Schweinfurt ist das Sicherungsverfahren nun zu Ende gegangen.
Stefan Sauer
Stefan Sauer
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:13 Uhr

Am sechsten Verhandlungstag hätten im Falle des versuchten Mordes an einer 59-jährigen Frau in einem kleinen Dorf im Landkreis Schweinfurt die Plädoyers gehalten werden können. Ein 25-Jähriger mit Bezug zum Opfer soll der Frau drei Messerstiche in Brust und Bauch versetzt haben und geflüchtet sein. Die Frau konnte nur durch schnelle Hilfe und eine Notoperation gerettet werden.

Das Plädieren am Montag vereitelten aber die vielen Beweisanträge der Verteidigung. Zum einen wollte sie, dass das Verfahren ausgesetzt wird, was die Große Strafkammer des Landgerichts zurückwies. "Es ist unzutreffend, dass der Verteidigung Akteneinsicht verweigert worden ist", sagte die Vorsitzende. Dann sollten Gutachten von einem Umwelt- oder Chemietechniker und einem Hundesachverständigen eingeholt werden. Letzterer sollte etwa Aufschluss darüber bringen, ob ein Spürhund nur eine Spur oder auch die Laufrichtung eines Menschen erschnüffeln kann.

IT-Experte sollte Exaktheit von Zeitstempeln klären

Auch dafür sah die Kammer keinen Grund. Dann folgte der nächste große Beweisantrag: Ein IT-Sachverständiger solle Fragen zur Exaktheit von Zeitstempeln bei Google Maps klären und welche Beweiskraft sie haben könnten. Der Beschuldigte soll sich laut dieser App im Tatzeitraum mit seinem Handy nahe dem Tatort aufgehalten haben. Das Gericht lud lieber für den Folgetag zwei bereits vernommene IT-Auswertungsspezialisten der Kripo Schweinfurt erneut.

Das Ergebnis: "Maps" speichere ein "Daten-Puzzle – nie ein lückenloses Gesamtbild", so der PC-Forensiker der Polizei. Das Ergebnis ist demnach interpretationsbedürftig. Damit hatten sich die Beweisanträge erledigt. Sieben Vorstrafen des 25-Jährigen verlas die Vorsitzende noch – Jugendstrafen für ein paar Diebstähle, Cannabisbesitz, falsche Verdächtigung, einen Handy-Raub.

Staatsanwalt: Er hat geklingelt, um sie umzubringen

Am siebten Prozesstag folgten dann doch die Plädoyers. Laut Staatsanwalt hat der 25-Jährige am 10. Januar abends bei der 59-Jährigen geklingelt, um sie umzubringen. Drei Messerstiche habe er ihr an der Haustür versetzt und sei "weggegangen in der Sicherheit, dass die Geschädigte sterben werde". Funkzellendaten, Handyauswertung, der Personenspürhund, zwei Zeugen: kein einzelnes Indiz sei ein Tatbeweis, so der Staatsanwalt, doch die Gesamtschau aller Indizien spreche für seine Täterschaft. Wegen seiner Schuldunfähigkeit aufgrund paranoider Schizophrenie sei er, wie beantragt, in einem psychiatrischen Krankenhaus unterzubringen.

Die Verteidigung sah dagegen die gesamte Indizienkette als derart schwach an, dass sie "keine belastbare Beweisgrundlage für eine Verurteilung ist". Sie kritisierte teils die Ermittlungsarbeit als nicht gründlich genug. Und: Weder "objektive noch subjektive Beweismittel" sprächen für die Schuld ihres Mandanten. Der Täter könne genauso gut aus dem familiären Umfeld der Frau stammen. Die Verteidigung forderte Freispruch vom Tatvorwurf und ihren Mandanten aus der Psychiatrie zu entlassen.

Vorsitzende Richterin: "Es gibt keinen unbekannten Geheimtäter"

Dem folgte das Gericht nicht. "Es handelt sich um einen Indizienprozess", sagte die Vorsitzende, ohne Geständnis, ohne unmittelbare Tatzeugen, "dennoch sind wir zu der Überzeugung gelangt, dass der Beschuldigte die Tat verübt hat." Die Gesamtschau der Indizien, insbesondere die Funkzellenauswertung, sprächen für den 25-Jährigen als Täter. Hinweise auf einen "unbekannten Geheimtäter" gebe es jedenfalls nicht. Rechtlich stufte die Kammer die Tat allerdings nicht als Mordversuch ein, sondern "nur" als gefährliche Körperverletzung – und ordnete die Unterbringung des Mannes in der Psychiatrie an.

Gegen das Urteil ist Revision möglich. Die Verteidigung sagte, sie werde dieses Rechtsmittel einlegen.

 
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