Im Juli 2024 möchte Betreiber Preussen-Elektra die Kühltürme des stillgelegten AKW Grafenrheinfeld per Sprengung einlegen. Das wäre nicht im Sinne des Oberwerrners Helmut Heilmann. Denn er hat ein System ersonnen, wie man das ehemalige Atomkraftwerk auf Wasserkraft umrüsten könnte. Dabei spielen für ihn die Kühltürme eine wichtige Rolle.
Hintergrund der Überlegungen des Mannes, der in einem Schweinfurter Großunternehmen mit Energiefragen befasst ist, ist die Regelung des Stromnetzes. Um es sicher und stabil zu halten, muss die Frequenz exakt bei 50 Hertz liegen. Früher, so weiß Heilmann, war dieses Unterfangen relativ einfach, weil viele Großkraftwerke (Atom, Kohle, Gas und Wasser) als Hauptlieferanten stets fast gleichbleibende Mengen an Strom einspeisten. Heute kommt der größte Teil der Elektrizität aus Wind- und Photovoltaikanlagen mit schwankenden Erträgen.
Horrende Summen für die Netzstabilität
Deswegen muss nach Heilmanns Erläuterung derzeit in das Netz sehr oft eingegriffen werden, um es zu stabilisieren. Und wenn dabei Strom zusätzlich aus Reserveeinheiten eingeleitet werden muss, weil die Produzenten zu wenig bereitstellen können, dann werde der Preis für Regelenergie "absurd hoch". Früher habe man für 1000 Kilowattstunden etwa 50 Euro bezahlt. Derzeit würden zwischen 3000 und 10.000 Euro aufgerufen. "Das finanzieren alle Stromkunden mit", sagt Heilmann. Vier Milliarden Euro werde für diese Regelenergie derzeit in Deutschland ausgegeben. Zum Vergleich: Die Bayerische Gesellschaft für Innovation und Wissenstransfer gab für das Jahr 2016 noch eine Milliarde Euro an.
Für Heilmann kommt an dieser Stelle das ehemalige AKW Grafenrheinfeld als Standby-Kraftwerk ins Spiel. Die nichtnuklearen Betriebsteile wie etwa Generatoren sollen beim Rückbau erhalten werden. Schon in der Vergangenheit haben diese Geräte den Strom in der Anlage hergestellt; die Kernspaltung von Uranelementen diente lediglich dazu, den Treibstoff in großen Mengen bereitzustellen, um den Wasserdampf zu erzeugen, der letztlich die Stromerzeugung angeworfen hat. Um in Heilmanns Modell mit reiner Wasserkraft die Turbinen antreiben zu können, braucht es sehr viel Wasser: 700.000 bis 800.000 Kubikmeter. Und die sollen in Behältern in den Kühltürmen bereitgehalten werden.
Kraftwerk läuft an, wenn Regelstrom benötigt wird
Die Idee, um auf diese Weise günstigen und bedarfsgerechten Regelstrom herzustellen, sieht so aus: Ist genug Strom im Netz vorhanden, wird er genutzt, um die Wasserreservoirs aus dem Main aufzufüllen. Wird Regelenergie benötigt, wird das Wasser abgerufen, um das Kraftwerk und dessen Turbinen anlaufen zu lassen. Und das innerhalb weniger Minuten, was der Netzstabilität zu Gute kommen könnte. Man müsse kalkulieren, wie der Wasserzufluss technisch reguliert und dimensioniert werden muss. Heilmann hat seine Idee, die auch in anderen stillgelegten Kraftwerken zum Einsatz kommen könnte, zum Patent angemeldet.
Offen ist allerdings die Frage der Wirtschaftlichkeit. Heilmann räumt ein, dass noch auszurechnen sei, was man beim Kraftwerksrückbau spart, wenn man nicht das gesamte Inventar verschrotten muss. Ebenso müssten die Kosten eruiert werden, was die technische Umrüstung anbelangt und dies auch in Vergleich setzen, wenn man an anderen Stellen Gas für Standby-Kraftwerke einspart.
Der Oberwerrner Heilmann hat viel Zeit in sein Vorhaben investiert, Gespräche mit Netzbetreibern und dem Bundeswirtschaftsministerium geführt. Er habe stets versucht zu bewerten, wie realistisch eine Umsetzung ist. Negative Rückmeldungen habe er bislang noch nicht erhalten.
Zweifel an der Machbarkeit
Auch mit dem Leiter des AKW Grafenrheinfeld, Bernd Kaiser, hat Heilmann gesprochen. Auf Anfrage dieser Redaktion äußerte sich dieser über eine technische Machbarkeit jedoch weniger optimistisch. Knackpunkt ist für ihn die Beschaffenheit der Kühltürme. Sie sind 143 Meter hoch und wirken damit wuchtig, doch die Betonhülle ist nur etwa zehn Zentimeter stark. Wie Innenwände von Wohnhäusern. Die Türme könnten dem Druck von riesigen Wassermassen gar nicht standhalten, ist sich Kaiser sicher. Zudem sind die Bauwerke unten offen.
Wie Kaiser sagte, sei Heilmanns Vorschlag auch im Eon-Konzern, zu dem Preussen-Elektra gehört, bekannt, habe aber keine größere Betriebsamkeit ausgelöst.
Und für Grafenrheinfeld könnte die Idee so oder so zu spät kommen. Im konventionellen Anlagenbereich sind bereits einige Komponenten entfernt worden. Und auch an den Kühltürmen laufen seit kurzem die ersten Rückbauarbeiten in Vorbereitung auf die Sprengung.
Laut dem Artikel werden 700.000 Kubikmeter Wasser benötigt, die wiegen nun mal so 700.000 Tonnen und werden ohne ein entsprechendes Fundament und einen entsprechend festen Behälter (beides nicht vorhanden) nicht einfach so in der Landschaft stehenbleiben.
Eine Wassersäule von 140 Metern Höhe ( = Kühlturmhöhe) übt am unteren Ende einen Druck von 14 Kilogramm pro Quadratzentimeter bzw. 14 bar auf die Behälterwände aus, das hält die nur 10 Zentimeter starke, mehrere Jahrzehnte alte Kühlturmhülle sicher nicht aus.
Wenn man so viel nachrüsten bzw. verändern muss, macht die Erhaltung der Kühltürme keinen Sinn.
Die Entnahme und spätere Wiederzuführung solcher großen Wassermengen aus dem Main dürfte auch nicht möglich bzw. problematisch sein.
Die zugrundeliegende Idee eines Pumpspeicherkraftwerkes ist ja nicht schlecht, aber das macht man üblicherweise mit zwei Speicherseen auf unterschiedlichem Höhenniveau.
Die Patentwürdigkeit wird wohl dann geprüft, wenn es zu einer Realisierung kommen sollte.
Der Wasserdruck eines m3 Wasser sollte nicht unterschätzt werden. Wenn man das in die Realität umsetzen muss, wird man einsehen müssen, dass da nichts patentwürdig ist.
Es ist schlicht eine Theoriespielerei.
Technisch in den alten Türmen nicht umsetzbar.
Aber a schöne Gschicht…