Die zwei Kühltürme des inzwischen stillgelegten Kernkraftwerks Grafenrheinfeld sind aus der hiesigen Peripherie kaum noch wegzudenken. In zwei Jahren sollen die beiden 143 Meter hohen Kühltürme gesprengt werden. Doch ist es überhaupt im Sinne der Gemeinde Grafenrheinfeld, die Jahrzehnte mit dem Kernkraftwerk leben musste, wenn die Türme einfach verschwinden?
In diese Kerbe schlug Gemeinderat Guido Oster in der jüngsten Gemeinderatssitzung. "Wir sind uns alle einig. Die Zeit des AKW ist vorbei, es wird an der Stelle auch keines mehr geben. Aber sind diese Kühltürme nicht irgendwie ein Mahnzeichen, dass wir ein Zwischenlager haben?" Mit den Nachwirkungen des AKW müsse die Gemeinde noch (mindestens) 20 Jahre leben. Oster befürchtet, dass die Altlasten in Vergessenheit geraten können, wenn die Kühltürme als "Fingerzeig" nicht mehr aus weiter Entfernung zu erblicken sind. Die Kühltürme empfindet Oster auch als "Zeichen nach außen: Liebe Bürger, liebe Politiker, hier ist noch Handlungsbedarf."
Bürgermeister Christian Keller berichtete in diesem Zusammenhang vom letzten ASKETA-Treffen (Arbeitsgemeinschaft der Standortgemeinden mit kerntechnischen Anlagen). Auch an vielen anderen betroffenen Standorten seien solche Argumente genannt worden. Auch bestünde die Angst, irgendwann zu einem Endlager zu werden.
Kühltürme als Kletterpark?
Dritter Bürgermeister Ludwig Weeth berichtete von seinen Besuchen bei den AKW-Standorten Obrigheim und Philippsburg. Die Sprengung der Kühltürme in Philippsburg dient als Vorbild für Grafenrheinfeld. Dort sei die Beseitigung der Türme mit zehntausenden Zuschauern als eine Volkfest-ähnliche Veranstaltung aufgezogen worden. "Dort sind die Türme weg, aber alles andere ist noch da. Auch das Zwischenlager." In Obrigheim sei die Situation eine etwas andere, dort sei es gelungen, die Brennstäbe zum Kernkraftwerk Neckarwestheim zu bringen. Zu Osters aufgeworfener Frage sagte Weeth: "Wir müssen eine andere Methode finden, damit das Zwischenlager nicht vergessen wird. Dafür brauchen wir nicht die Türme."
Gemeinderat Harry Scharold hätte Bedenken, wenn die Kühltürme stehen bleiben, dass die Gemeinde dann irgendwann "darauf sitzen bleibt". Er wüsste in diesem Fall aber eine Lösung: Man könne ja einen Kletterpark daraus machen, so hätten sie wenigstens eine sinnvolle Aufgabe, meinte Scharold süffisant.
Stefan Weidinger von der Grünen-Fraktion wäre dafür, die Türme baldmöglichst zu beseitigen und auch kein "Mahnmal" zurückzulassen, um auf das Zwischenlager hinzuweisen. Dies könne auch durch andere Aktivitäten geschehen.
Zweiter Bürgermeister Gerhard Riegler kann sich vorstellen, einen Turm als Industriedenkmal stehen zu lassen. Das Kernkraftwerk sei schließlich "einmalig in ganz Unterfranken" gewesen. "Wir konnten gut mit dem Kraftwerk leben. Wir haben viel Positives dadurch erreicht. Der Landkreis hat dadurch viel Geld bekommen, und die Gemeinde ist dadurch aufgeblüht", meinte Riegler.
Zustimmung zum Rückbau
Eigentlich war das Thema nur deshalb aufgekommen, weil das gemeindliche Einvernehmen zum Teilrückbau der Kühltürme beantragt worden war. Ein eher obligatorischer Punkt auf der Tagesordnung, da letztlich das Landratsamt die Baugenehmigung zu erteilen hat, der Gemeinderat nur gehört wird. Das Gremium stimmte nach der Diskussion einstimmig für den Rückbau. Es sei trotzdem wichtig, "den Finger in die Wunde zu legen", erklärte Bürgermeister Keller am Ende der Diskussion. Es müsse schnell ein Endlager gefunden werden.
"Wir müssen immer wieder daran erinnern, dass wir ein Zwischenlager sind, das bleibt uns nicht erspart", sagte Weeth. Denn er glaube nicht daran, dass – wie anvisiert – bis 2046 für ein Endlager gesorgt sein wird. Auch wenn die Grafenrheinfelder Kühltürme bis dahin wohl nur noch eine welke Erinnerung sein würden.
Oh nein, das ist ein lokales Endlager weil es nie ein zentrales Endlager geben wird.