Die Dame, die sich ein wenig auf dem Mäuerchen vor dem Landratsamt ausruht, nutzt die Gunst der Stunde. Kurz vor der Pressekonferenz zum Mobilitätskonzept, die diesmal passend zum Thema in einem Bus stattfinden soll, spricht sie einfach mal jemanden an. Und erwischt prompt den Richtigen. ÖPNV-Beauftragten Michael Graber. „Warum gibt es keinen Bus, der nach Geldersheim fährt?“ Graber nimmt sich die Zeit und erklärt. Sicher, man weiß. Perfekt ist einiges nicht.
Dass die Menschen nicht zufrieden sind mit dem Öffentlichen Personen Nahverkehr im Raum Schweinfurt, das weiß man aus Gesprächen wie diesem. Doch jetzt geht es nicht um eine allgemeine Einschätzung, es geht darum, „was die Menschen wirklich brauchen“, wie Graber es nennt. Indem man über die Online-Befragung überprüft, wie die Landkreisbürger jetzt zur Arbeit, zur Schule, zu Freizeiteinrichtungen und so weiter kommen – mit dem Bus, mit dem eigenen Auto, mit dem Fahrrad, mit dem Taxi oder zu Fuß – bekommen Graber, seine Abteilung Verkehr Mobilität und die kobra NVS GmbH aus Kassel, die das Projekt begleitet, Zahlen an die Hand. Daten, die sich auswerten lassen und anhand derer am Ende ein neuer Nahverkehrsplan entstehen kann.
46 000 Haushalt bekommen Post
46 000 Haushalte werden die Infopost am Mittwoch, 11. April, bekommen, und damit ein Großteil der Haushalte im Landkreis, so der ÖPNV-Beauftragte. Alle zu erreichen, wäre auch finanziell nicht machbar gewesen. 170 000 Euro hat der Landkreis über das europäische Leader-Programm für sein Projekt „Mobilitätskonzept“ bekommen. Das muss reichen – für die gesamte Konzeption.
Die Online-Befragung ist nur ein Teil. Wenn auch mit der wichtigste, wie sowohl Landrat Florian Töpper als auch Nahverkehrsbeauftragter Graber betonen. Jeder hofft nun auf eine starke Beteiligung, um möglichst viele Daten und ein möglichst klares Bild zu bekommen. „Die Bürger“, sagt Töpper, „haben hier eine einmalige Chance.“ Eben dabei zu helfen, herauszufinden, was die Menschen in der Region brauchen. Und damit am Ende ein besseres Angebot zu bekommen. Die Zeiten, sagt Töpper, waren für ein solches Projekt noch nie so gut, denn noch nie hat der Freistaat für dieses Thema so tief in die Tasche gegriffen wie jetzt, um den ländlichen Raum zu stärken. Denn der Öffentliche Personennahverkehr ist am Ende auch ein harter Standortfaktor in Sachen Ansiedlung und Bevölkerungsentwicklung.
Zuverlässige Daten als Basis für ein passgenaues Angebot
Damit die Angebote, die man in Zukunft plant, passgenau sind, wie Graber es nennt, braucht man zuverlässige Daten. Die geben neben der Online-Befragung der Bürger auch Interviews mit allen Beteiligten – von den Unternehmern der Verkehrsgemeinschaft über Gemeinden, Allianzen, Familien- und Behindertenbeauftragte oder auch Arbeitgeber. Noch nicht alle Bereiche davon wurden abgearbeitet, so die Vertreter des Landratsamtes. Etliches aber schon, darunter Verkehrszählungen. Geprüft wurde auch, wie das Angebot angenommen wird und beispielsweise große Betriebe angebunden sind.
Vom 11. April bis 4. Mai
Die Umfrage läuft vom 11. April bis 4. Mai. Dann werden die Daten aufbereitet und ausgewertet, erste Pläne sollen entstehen, mit denen das Landratsamt dann in Workshops in die Gemeinden geht. Dann ist noch nichts entschieden, sind die Bürger wieder gefragt. Erst nach ihrem Feedback, so Graber, wird der Kreistag über das entscheiden, was die Abteilung Mobilität und Energie und die mit dem Konzept beauftragte kobra NVS erarbeitet haben. Erst dann können die Neuerungen im Nachverkehrsplan festgeschrieben werden.
Die ersten positiven Auswirkungen, da ist sich Landrat Töpper sicher, wird man kurzfristig bemerken. Bis aber alle Pläne umgesetzt sind, kann es durchaus fünf bis sechs Jahre dauern, sagt Graber. Schließlich ist der ÖPNV ein kompliziertes Konstrukt, an dem viele Beteiligt sind, und in etwa so wendig wie ein Supertanker, sagt Graber. Successive werde man das Mobilitätskonzept umsetzen – auch im geplanten Verbund mit der Stadt Schweinfurt und dem Verkehrsverbund Mainfranken.
Übrigens: Wer die Fragen nicht online beantworten kann oder mag, erhält den Fragebogen auch auf Papier in seiner jeweiligen Gemeinde. Dass durch die Online-Befragung, die sich leichter auswerten lässt, viele Senioren wegfallen, fürchten die Vertreter des Landratsamtes nicht. Glaubt man der Statistik, sind laut Graber an die 60 Prozent der über 65-Jährigen heute internet-affin.
Die Online-Befragung: Wie sieht sie aus, wie funktioniert sie?
Ausgedruckt umfasst die Umfrage acht DINA-4–Seiten. Die Einladung bekommen die Landkreisbürger als Infopostsendung am Mittwoch, 11. April, über den Vertriebsweg des Schweinfurter Anzeigers. An diesem Tag wird auch das Portal zur Befragung auf der Homepage des Landkreises freigeschaltet. Jeder Infopost enthält vier TANs, also Zugangsnummern. Damit können bis zu vier Haushaltsmitglieder an der Umfrage teilnehmen.
10 bis 15 Minuten muss man aufbringen, um sich durch die Fragen zu arbeiten. Im ersten Teil geht es darum, wie sich die Bürger aktuell im Landkreis bewegen – mit dem Bus, mit dem Auto, mit dem Rad und so weiter. Im zweiten Teil muss der Betreffende ein Wegeprotokoll für einen Werktag ausfüllen, wann er wo, wohin und womit gefahren ist. Schließlich können Wünsche geäußert werden.
Die Umfrage ist zu 100 Prozent anonym. Das Gewinnspiel, an dem man nach der Befragung teilnehmen kann, natürlich nicht. Zu gewinnen gibt es ein E-Bike, ein Wochenende mit dem E-Auto des Landkreises, zwei Karten für die Passionsspiele und viele kleinere Preise.
Die Umfrage ist bis 4. Mai geschaltet, dann beginnt die Auswertung.