
Steht Weizen oder Gerste auf dem Feld? Findet die Mahd zum richtigen Zeitpunkt statt? Hat der Bauer seine Brachfläche gemulcht? Die Kontrolleure vom Landwirtschaftsamt Schweinfurt können seit diesem Jahr mit digitaler Technik alle Äcker in Unterfranken unter die Lupe nehmen und so kontrollieren, ob der Landwirt oder die Landwirtin beim Antrag auf Agrarförderung die richtigen Angaben gemacht hat. Überwachung aus dem All, sagen die einen, einfachere Kontrollen die anderen.
Eins gleich vorneweg: "Unsere Bauern sind sehr ehrlich, wir finden fast nichts", betont Stefan Huber, der Leiter der Prüfabteilung am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Schweinfurt (AELF). Mit seinem 30-köpfigen Team ist er für die Kontrolle der Äcker in ganz Unterfranken zuständig. "Wir sind sozusagen die Polizei."
Hoher logistischer und zeitlicher Aufwand
Die Kontrollen sind nichts Neues. Schon in der Vergangenheit wurde regelmäßig die Einhaltung der Kriterien und Auflagen für die EU-Agrarförderung überprüft. Die Prüfer mussten sich dafür aber ins Auto setzen und die Äcker vor Ort in Augenschein nehmen. Ein hoher logistischer und zeitlicher Aufwand. Nicht jedes Feld konnte da kontrolliert werden.

Mit der neuen Technik ist das anders. Seit diesem Jahr gibt es in Bayern das satellitengestützte Flächenmonitoringsystem. Alle landwirtschaftlichen Flächen können damit lückenlos überwacht werden. Das Landwirtschaftsamt zapft dafür einen Satelliten der Europäischen Weltraumorganisation ESA an. Im Wochen-Rhythmus liefert er Farb- und Infrarot-Aufnahmen, die mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) automatisiert ausgewertet werden. Anhand der Zeitreihen lässt sich dann erkennen, was wo wächst. Die Maschine gleicht das Ergebnis dann mit den Angaben im Antrag ab. Ist alles korrekt, gibt sie grünes Licht. Stimmt etwas nicht, leuchtet die rote Alarmlampe. Bei Gelb ist die Prüfung noch nicht abgeschlossen.
Wenn es Rot leuchtet, müssen die Prüfer per Augenschein kontrollieren
Stefan Huber führt in seinem Büro im Amtsgebäude das Flächenmonitoringsystem vor. Auf dem Bildschirm seines Computers ist eine Feldkarte aus dem Raum Schweinfurt zu sehen, die der Satellit geliefert und der Computer mit allen eingegangenen Daten ausgewertet hat. Ein Klick mit der Mouse und fast überall ploppen grüne Ampeln auf. Nur auf einigen Feldern leuchtet es rot. Diese muss Stefan Huber nun persönlich in Augenschein nehmen.
Die Vor-Ort-Kontrolle erfolgt immer in Zweier-Teams. Der Chefprüfer ist meistens mit seinem Stellvertreter Paul Hutten unterwegs. Einer fährt das Auto, der andere sitzt mit dem Tablet in der Hand daneben und navigiert den Fahrer zu den "roten Äckern". An diesem Tag geht's in die Garstädter Flur zu verschiedenen Brachflächen. Huber muss prüfen, ob der Bauer seine Mindesttätigkeit ausgeübt hat. Denn einmal im Jahr müssen auch stillgelegte Felder gemulcht oder gemäht werden, um in den Genuss der EU-Gelder zu kommen.

Stefan Huber muss gar nicht aus dem Auto aussteigen. Schon im Vorbeifahren sieht er: "Hier wurde gemäht." Doch warum hat die Künstliche Intelligenz das nicht erkannt? Der Prüfer vermutet, dass der Bewuchs aufgrund der Trockenheit zu gering war, um eindeutige Satellitenbilder zu liefern. Ein Click auf dem Tablet, und die Brachfläche ist nun grün. Der Landwirt bekommt sein EU-Fördergeld.
Auch wenn die Flächen zu klein oder aufgrund der Wetterlage nicht ausreichend einsehbar sind oder seltene Kulturarten angebaut werden, versagt die Maschine. "Trotz Flächenmonitorings mussten wir heuer sogar öfters raus als vorher", sagt Stefan Huber. Denn aufgrund der großen Trockenheit habe der Satellit oftmals nichts erkannt. "Alles war nur braun."

So mussten die amtlichen Prüfer trotz des neuen Flächenmonitorings 18.277 Äcker abfahren, nur um die Kulturarten nachzukontrollieren. Auch bei der Mindesttätigkeit war die Künstliche Intelligenz überfordert. Hier hatten Huber und sein Team 11.375 Äcker mit Vor-Ort-Kontrollen nachzuarbeiten. Außerdem mussten noch 18.100 Felder mit bestimmten Subventionsauflagen geprüft werden, für die die Maschine noch gar nicht programmiert ist.
An die 100 Äcker schaffen die Prüfer an einem Tag. Ziel sei es, dass die Maschine langfristig alle Prüfaufgaben übernimmt und dann nur noch wenige Kontrollfahrten anfallen.
Totalüberwachung der Landwirtschaft?
"Big Brother auf dem Acker", sagen manche Bauern und befürchten mit dem Flächenmonitoring nun eine Totalüberwachung der Landwirtschaft. Stefan Huber aber sagt: Das System hat auch für die Landwirte Vorteile. Denn sie können genauso wie die Prüfer auf die Daten zugreifen und anhand der Ampelfarben erkennen, ob sie ihre Fördervoraussetzungen erfüllt haben oder noch tätig werden müssen. Wird zum Beispiel auf einer Brachfläche eine gelbe oder rote Ampel angezeigt, weil die Mahd noch nicht erfolgt ist, kann der Landwirt bis zu einem festgelegten Stichtag diese noch sanktionsfrei nachholen und riskiert somit keinen Verlust von Subventionen.

Im nächsten Schritt sollen sich Landwirte und Landwirtinnen eine Foto-App auf ihr Smartphone laden, um selbst die Kontrollen vornehmen zu können. Wenn der Computer zum Beispiel fälschlicherweise einen Acker mit der roten Ampel gekennzeichnet hat, können Landwirtinnen und Landwirte der Behörde georeferenzierte Fotos von ihren Äckern übermitteln und so nachweisen, dass sie die Förderkriterien, Verpflichtungen und sonstigen Auflagen erfüllt haben. Nachprüfungen der Behörde vor Ort sind dann nicht mehr erforderlich. Für die amtlichen Prüfer ist das eine Erleichterung. Denn allein im Dienstgebiet des Landwirtschaftsamtes Schweinfurt gehen jährlich um die 3000 Förderanträge ein.
Um das neue, komplexe Flächenmonitoringsystem kennenzulernen, soll es Online-Veranstaltungen für Landwirtinnen und Landwirte geben. Auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Behörde müssen noch geschult werden. Die Prüfteams selbst werden übrigens auch geprüft, von Prüfern des bayerischen Staatsministeriums und zusätzlich von EU-Prüfern. "Uns als Landwirtschafsverwaltung obliegt ohnehin die Aufgabe alle Anträge von landwirtschaftlichen Betrieben zu prüfen, damit EU-Gelder auch immer sachgerecht ausgeben werden. Das wird durch das satellitengestütze System jetzt auch für die Landwirte von Vorteil, da sie früher eingebunden werden und immer noch Änderungen ihres Antrags oder ihrer Anbauweise vornehmen könne. Sie müssen dann nicht sanktioniert werden", stellt Klaudia Schwarz, die Leiterin des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Schweinfurt, heraus.