Sommer 2018: Eine Frau will in der Tierarztpraxis in einer Stadt im Süden Unterfrankens lediglich Medikamente für ihre Pferde abholen, als der angestellte Veterinär sie auffordert, sich auf die Couch zu legen. Er wolle ihr zeigen, wie die Atmung eines Pferdes funktioniert.
Eine Hand legt er auf ihre Brust, die andere auf den Bauch. Dann drückt er beide Hände auf die Brüste und "wandert" mit den Händen "in der Schambereich". So steht es in einem Urteil des Schöffengerichts Schweinfurt. "Jetzt ist Schluss", sagt die Frau schließlich und entzieht sich der tierärztlichen Grapscherei.
So oder ähnlich ist es von März bis Juli 2018 vier weiteren Frauen ergangen, die ihre Pferde von dem heute 37-Jährigen behandeln ließen. Während er mit einer Hand ein Pony abhörte, befummelte er dessen Eigentümerin im Intimbereich. Angeblich um zu zeigen, wie ein Inhaliergerät beim Pferd wirkt, begrapschte er eine andere Frau. Eine weitere Pferdebesitzerin belästigte er massiv sexuell unter dem Vorwand, ihr zu demonstrieren, wo genau ihr Tier verletzt sei. Selbst als sie sich dies verbat, hörte er damit nicht auf.
Auch Vorwurfs der Vergewaltigung
Genau so steht es im Urteil des Schöffengerichts Schweinfurt vom November letzten Jahres, das den Veterinär zu zwei Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt hatte. Gegen die Verurteilung für acht Fälle der sexuellen Belästigung dieser Art hatte der Tierarzt seine Berufung wieder zurückgenommen, womit diese rechtskräftig wurde. Nur bezüglich des Vorwurfs der Vergewaltigung einer damals 22-jährigen Pferdebesitzerin und der Verletzung ihres höchstpersönlichen Lebensbereiches durch Bildaufnahmen hielt er die Berufung aufrecht.
Die Frau wollte an einem Samstag vor vier Jahren Medikamente für ihr Tier abholen – zu einem Zeitpunkt, als die Praxis eigentlich schon geschlossen war. Der Veterinär lud sie zum Kaffeetrinken ein, lange plauderten sie über Pferde und Belangloses, bis es zur teilweisen Entkleidung und sexuellen Handlungen kam. Das schilderten beide so. Ein Gutteil dieses Treffens ist auch durch das Video einer heimlich vom Angeklagten installierten Kamera dokumentiert. Die Aufnahme wurde auf seinem Laptop gefunden. Nicht auf dem Video ist, was beim Schöffengericht zu der Verurteilung wegen Vergewaltigung geführt hatte. Laut dem Angeklagten geschah dies einvernehmlich.
Vergewaltigung nicht erwiesen
Hat die junge Frau dem Veterinär eindeutig zu verstehen gegeben, dass sie weitere Handlungen nicht will? Genau davon war die Berufungskammer nicht hinreichend überzeugt. "Nie sagt sie unmissverständlich, jetzt ist Schluss, hör auf", so der Vorsitzende. Deshalb bleibe in diesem Fall nur die Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereiches durch Bildaufnahmen übrig.
Der Staatsanwalt hatte auf einen sexuellen Übergriff plädiert und zusammen mit den rechtskräftigen Belästigungen eine Gesamtstrafe von zwei Jahren und acht Monaten gefordert. Die beiden Verteidiger hielten für ihren geständigen, nicht vorbestraften Mandanten eineinhalb Jahre für angemessen – auf Bewährung. Die Kleine Strafkammer des Landgerichts urteilte: ein Jahr und zehn Monate zur Bewährung plus eine Geldauflage von 8000 Euro. Rechtskräftig ist das Urteil noch nicht, dagegen kann Revision eingelegt werden.
Die unterfränkische Tierarztpraxis hatte den Angeklagten nach Bekanntwerden der schweren Vorwürfe gekündigt. Derzeit betreibt er eine eigene Praxis im Schwäbischen. Die Frage ist, wie lange noch. "Sicher nutzte der Angeklagte seine Position als Tierarzt, um sich den Frauen zu nähern", sagte einer seiner Verteidiger: "Nach meiner Einschätzung droht dem Angeklagten berufsrechtlich großes Ungemach."