
Was beschäftigt junge Menschen, die sich auf einen Beruf in den Bereichen Ernährung, Versorgung oder einen der vielfältigen Pflegeberufe vorbereiten? Welche Fragen oder Zukunftsängste haben Jugendliche, die ein Erwerbsleben als Landwirt, Bäcker, Friseur oder in der Textilbranche im Visier haben? Unterschiedliche Lebensperspektiven, unterschiedliche Fragen, aber alle sind sie Schüler am Staatlichen Beruflichen Schulzentrum (BSZ) Alfons Goppel.
Namenspatron Alfons Goppel (CSU) war 16 Jahre bayerischer Ministerpräsident, bevor er 1978 von Franz Josef Strauß abgelöst wurde. Sein Sohn Thomas, selbst Hauptschullehrer, trat politisch in seine Fußstapfen, saß von 1974 bis 2018 im bayerischen Landtag, war mit Unterbrechungen bis 2008 immer wieder in verschiedenen Funktionen Mitglied der bayerischen Staatsregierung. Mittlerweile ist er 72 und hat etwas mehr Zeit, zum Beispiel für einen ausführlichen Besuch als Privatmann in dem Bildungszentrum, das den Namen seines Vater trägt.
Diskussion vor rund 350 Schülern
Gemeinsam mit Landrat Florian Töpper stellte sich Goppel den Fragen der Schüler, von denen sich rund 350 anlässlich seines Besuches in der Aula versammelt hatten. Auch zahlreiche Schüler aus den sogenannten BIK-Klassen, in denen vor allem nach Deutschland geflohene junge Menschen auf ihr Berufsleben vorbereitet werden, nahmen an der Diskussion teil. Unter den Gästen auch die Wernecker Bürgermeisterin Edelgard Baumgartl als Vorsitzende des Fördervereins und der ehemalige Schulleiter Günter Huschka. Huschka war Schulleiter, als 2003 das Schulzentrum seinen Namen erhielt.

Die Aula der Schule, die ab Herbst neu gebaut wird und mit mehr als 53,7 Millionen Euro das größte Einzelprojekt in der Geschichte des Landkreises sein wird, hatte sich dafür in den "Tatort Schweinfurt" verwandelt. Kein Tatort, an dem es einen Mörder zu ermitteln gab, sondern ein netter Aufhänger für den Besuch von Tatort-Fan Goppel, der sich auch sonst der Bildungseinrichtung verbunden fühlt. Handgeschriebene Weihnachtsgrußkarten, so berichtet Schulleiter Oberstudiendirektor Joachim Sagstetter, sind äußere Zeichen dieser Verbundenheit. Auch im Vorfeld der zurückliegenden Weihnacht flatterte eine Grußkarte aus dem Landkreis Landsberg am Lech, in dem Goppel lebt, nach Schweinfurt. Wenig später dann ein Telefonat zwischen Sagstetter und Goppel in dem der sich anbot der Schule in Schweinfurt einen Besuch abzustatten.
Tatort-Trailer und berufliche Perspektiven
Nach einem Tatort-Intro-Trailer, zusammengestellt von Sabine Otter und unter "Regie" von Moderator Thomas Weidner, entwickelte sich eine muntere Diskussionsrunde. Klimafragen, Diskussionen rund um das Schulsystem und berufliche Perspektiven. Wie geht es weiter mit der Rente, was will die Grundrente, braucht es einen "Soli 2" zur Vermeidung von Altersarmut? Junge Landwirte wünschen sich viel mehr noch als eine "Bauernmilliarde" mehr Wertschätzung für ihre Arbeit. In den Pflegeberufen ist häufig nicht nur die Wertschätzung Mangelware, sondern auch in der Bezahlung wäre reichlich Luft nach oben.

Kritik wurde laut, dass es um die Dienstleistungen im öffentlichen Bereich mitunter schlecht bestellt sei und dass es immer mehr Menschen gebe, die trotz eines langen Berufslebens und vieler Beitragsjahre nicht von ihrer Rente leben können. Goppel, versiert und informiert auf allen Themenfeldern, reicherte seine Beiträge immer wieder mit Erfahrungen aus dem eigenen Lebensumfeld an. Auch Goppel kennt Menschen,wie zum Beispiel die Dame, die ihm seit langem die Haare schneidet, die mit dem Eintritt in die Rente den Gürtel deutlich enger schnallen müssen. Der Anspruch des Talks zwischen Politikern und Schülern "Politik erlebbar machen", wurde mehr als eine Stunde lang lebendig und auf Augenhöhe in die Tat umgesetzt. Doch Politik braucht auch Zeit, so eine weitere Erkenntnis, demokratische Prozesse sind nicht immer einfach, aber sie lohnen sich.
Auch unverständlich erscheinende Abschiebungen haben einen Grund
"Warum Pflegekräfte aus Mexiko oder anderen Ländern mit schlechten Sprachkenntnissen holen, während einer, der als Flüchtling hierher kam und gut integriert war, abgeschoben wurde". Damit wurde von Schülerseite auf einen Fall angespielt, der derzeit Schüler und Schulleitung der Einrichtung beschäftigt. Goppel erinnerte an bestehendes Recht und daran, dass bei genauerer Betrachtung der Ursachen für eine Abschiebung immer auch ein nachvollziehbarer Grund vorgelegen, eine Auflage nicht erfüllt gewesen sei, die diese Abschiebung letztlich rechtfertigte. Landrat Töpper plädierte für mehr Einzelfallgerechtigkeit bei solchen Entscheidungen.
Auch das Thema Organspende kam zur Sprache. Einen Organspenderausweis haben sowohl Joachim Sagstetter, Florian Töpper als auch Thomas Goppel in der Tasche. Goppel favorisiert die Widerspruchslösung, also das bewusste Nein sagen, falls man nicht spenden möchte. In Umfragen hätten 60 Prozent der Bürger ihre Spendenbereitschaft geäußert – aber nur zehn Prozent tun es, indem sie sich einen Organspenderausweis ausstellen lassen, was für die Widerspruchslösung spreche. Schulleiter Sagstetter kündigte an, dass er den Schülern den Weg zum eigenen Organspenderausweis ebnen möchte und behilflich ist, wenn Schüler einen haben wollen.
Probleme wie zum Beispiel den demografischen Wandel angstfrei angehen,weniger jammern, sich selbst engagieren, riet Landrat Florian Töpper den jungen Leuten, die am Berufsschulzentrum das Rüstzeug für ihre berufliche Lebensplanung erhalten.
"Ein echter Landesvater" als Namenspatron
Und wie kam man nun auf den Namen Alfons Goppel, als es darum ging, der umgangssprachlich als "Berufsschule 3" bekannten Einrichtung einen Namen zu verpassen? Der ehemalige Schulleiter Günter Huschka erzählt nach der Diskussion bei Häppchen und im persönlichen Gespräch, wie das damals war. Alle anderen Berufsschulen in Schweinfurt hatten schon illustre Namen wie die von Georg Schäfer oder Ludwig Erhard. Da konnte man als "Berufsschule 3" schlecht mithalten. Die Wahl fiel auf Alfons Goppel, einen "echten Landesvater, der sich immer für die Vielfalt der beruflichen Bildung und vor allem auch für die Landwirtschaft stark gemacht hat", so Günter Huschka.
