Gelbe, rote und bräunliche Schalungstafeln bilden die bunte Fassade des neuen Aus- und Weiterbildungszentrums des Bauunternehmens Riedel Bau. Sie verdeutlichen schon von weitem, dass hinter dieser Lehrwerkstatt namens "Talent Factory" ein nachhaltiges Gebäude steckt, das klimagerechtes Bauen ausdrückt. Weitere Besonderheit: Errichtet wird es hauptsächlich von den handwerklichen und kaufmännischen Auszubildenden sowie jungen Bauleitern.
Die gebrauchten Schalungstafeln für Betondecken haben entweder ihre mehrmalige Verwendung hinter sich oder sind Verschnitt. "Solche Tafeln bringen wir eigentlich zu einem Entsorgungsbetrieb", erklärt der 18-jährige Marcel Rüger, Beton- und Stahlbauer im zweiten Lehrjahr. Hier finden sie noch einmal Verwendung, nach dem Cradle-to-Cradle-Prinzip, dem Denken in Materialkreisläufen.
Marcel ist an diesem Tag mit seinem gleichaltrigen Azubi-Kollegen Vincent Hecht dabei, den Sockel des Holzgebäudes am Riedel-Logistikzentrum bei Bergrheinfeld im Innern zu betonieren und mit Eisen zu bewehren. "Der Zement ist aus recyceltem Material und CO2-reduziert", verweist Vincent auf die Bemühung, nachhaltig zu bauen.
Die ganze Gründung der 20 mal zwölf Meter großen und innen 8,50 Meter hohen Halle ist aus Recycling-Beton. Als Tragkonstruktion dient eine Holzständerbauweise.
Gebäude soll als klimagerecht sichtbar sein
"Die Idee kam unseren Auszubildenden bei einem Brainstorming zur neuen Lehrwerkstatt", blickt Julian Klier zurück. Der 26-jährige Bauingenieur und Ausbildungsleiter ist Bauleiter, ebenso wie der gleichaltrige Maurermeister Philipp Hoos. Ursprünglich sollte das Gebäude aus Beton- und Mauerwerk erstellt werden, aber die jungen Leute wollten den Fokus auf mehr Nachhaltigkeit legen. "Das Gebäude sollte schon von außen als klimagerecht sichtbar sein", so Klier.
Damit stießen sie bei der Geschäftsleitung, die eigene Bauprojekte längst unter diesem Aspekt umsetzt, auf offene Ohren. Auch weil Ressourcen gespart werden müssen, denn Sand und Kies als Rohstoffe sind endlich. Und Zementerzeugung ist äußerst energieintensiv.
Die Pläne wurden also überprüft. Über Kontakte zum Architektur-Professor Martin Naumann von der TH Würzburg-Schweinfurt und dessen neu gegründeten Institut ASAP (as soon als possible) entstand das Konzept. Jedes Detail an der "Talent Factory" wurde betrachtet, um den CO2-Abdruck so gering wie möglich zu halten, inklusive Herstellung, Betrieb und Rückbau des Gebäudes. Ergebnis ist die Hybrid-Halle aus R-Beton und Holz, mit Photovoltaik-Anlage auf dem begrünten Flachdach und mit einer Multi-Energie-Infrarotheizung, die zwischen aktuellen und zukünftigen Energieträgern hin und her schalten kann.
Alle Azubis aus den handwerklichen Bereichen Beton- und Stahlbetonbauer, Maurer, Kanalbauer, Straßenbauer, Maler und Lackierer, aber auch Bauzeichner, Technische Systemplaner, Industriekaufleute, Fachinformatiker sowie die Dualen Studierenden arbeiten an dem Projekt mit. "Es ist aber immer ein erfahrener Arbeiter dabei", sagt Philipp Hoos.
Bauwerk entsteht in Teamarbeit
An diesem Tag stehen drei Azubis aus dem kaufmännischen Bereich auf einer Hebebühne unterm Dach, um Holzfaserdämmplatten zwischen die Dachsparren einzupassen. "Die können das ganz gut", bestätigt Julian Klier. Ziel ist es, dass alle Lehrlinge über ihren Bereich hinausschauen, dass sie sehen, wie wichtig eine Zusammenarbeit der einzelnen Gewerke ist. "Bauen ist Teamarbeit", unterstreicht Hoos.
Als "spannend" bezeichnet es Betonbauer-Azubi Marcel, wie er den Aufbau der Holzkonstruktion miterlebte, wie er selbst unzählige Balken verschraubte. "Die Arbeit hier ist so vielfältig, es macht Spaß", meint er. Zumal auch lauter junge Leute dabei seien.
Man lerne zudem, schnell mitzudenken. "Wir machen das hier selbstständig: Wie wir schalen, wie wir abstützen", deutet er auf die aktuelle Sockelbewehrung. "Wenn man weiß, wie das an dem kleinen Sockel geht, dann kann man das auch an einer großen Wand", ergänzt Vincent.
Mit der "Talent Factory" will Riedel-Bau in einer geschlossenen Halle und unabhängig von der Witterung die praktische Ausbildung seiner Azubis ergänzen und den erfahrenen Mitarbeitern Weiterbildungsmöglichkeiten, etwa in neuen Fertigungstechniken, bieten. Was angesichts des Fachkräftemangels auch die Attraktivität als Arbeitgeber und Ausbildungsbetrieb steigern soll.