
Die Euphorie ist dahin. Im September eröffnete die Hörakustikmeisterin Ulrike Hahn ihr Fachgeschäft "Hahn Hörgeräte" am Markt 24 in Schweinfurt, nachdem sie bereits seit 24 Jahren eine Filiale in Kitzingen betreibt. Durch ihren Einzug ins Erdgeschoss des traditionsreichen Gebäudes sorgte Hahn dafür, dass die gebeutelte Innenstadt einen Leerstand weniger zu verzeichnen hat. Doch seitdem gibt es Ärger.
"Ich bin maßlos enttäuscht", sagt Ulrike Hahn gegenüber dieser Redaktion und richtet ihre Kritik gegen die Schweinfurter Stadtverwaltung. Auslöser sei das Verhalten der Stadt, die seit Monaten eine entsprechende Außenwerbung für ihr Geschäft verhindere. Konkret geht es etwa um ihr Firmenlogo sowie um einen werbenden Schriftzug, der zwar ihre Kitzinger Filiale ziert, der aber in Schweinfurt nicht erlaubt wird. "Natürlich haben Farben und ein Logo Wiedererkennungswert", so Hahn.
Wegen Vordach: Keine "anständige Werbeanlage" genehmigt
Bereits seit Mai fanden in dem Haus aus dem Jahr 1890, das durch seine zentrale Lage am nördlichen Marktplatz punktet, umfangreiche Umbau- und Renovierungsarbeiten im Innen- und Außenbereich statt. Hahn entschied sich bewusst dazu, in ein Geschäft in der Schweinfurter Innenstadt zu investieren. Aber, und damit habe die 48-Jährige nicht im Ansatz gerechnet, "wir hatten von Anfang an Probleme mit der Stadt, was die Außenbereiche angeht".

Denn bereits der erste vom Werbegrafiker erarbeitete Vorschlag sei von der Stadt eiskalt abgelehnt worden. "Da hieß es zum Beispiel, dass die rote Farbe überhaupt nicht akzeptiert werde, gewünscht seien dagegen unauffällige Farben wie beige, Sandton, eventuell auch weiß", erinnert sich Hahn an die telefonische Ablehnung. Außerdem habe sie erfahren, dass ihr rundes Schild nicht am beziehungsweise vor dem Vordach angebracht werden dürfe.
"Uns wurde gesagt, dass wir das Vordach einfach abmontieren sollen, dann bekämen wir eine 'anständige Werbeanlage' genehmigt", so Hahn. Für sie sei der Rückbau des Vordachs jedoch schon aufgrund des geschichtsträchtigen Gebäudes nicht infrage gekommen.
Nur das bewerben, was wirklich verkauft wird
Doch Hahns Vorstellung von Außenwerbung sei noch aus weiteren Gründen, etwa aufgrund der erlaubten Maximalhöhe oder der Vorgabe, Einzelbuchstaben statt Logos anzubringen, abgelehnt worden. Ein weiteres Problem: Der werbende Schriftzug "mehr hören...mehr verstehen" verspreche etwas, was gar nicht tatsächlich angeboten würde. "Wären wir ein Eiscafé, dann dürfte 'Eis, Cappuccino oder Espresso' drauf stehen, aber nicht 'lecker', da man das nicht wirklich verkaufen kann", erklärt Hahn die Vorgaben. Sie selbst dürfe also mit Hörgeräten werben, nicht aber mit der Fähigkeit, mehr hören oder verstehen zu können.

"Ich war dann ganz verärgert und verzweifelt und fragte, warum man sich denn nicht wenigstens Gedanken um meine schöne Vorlage machen kann", erzählt Hahn. Ohne Erfolg.
Werbeanlagensatzung soll einheitliches Stadtbild sichern
Danach folgte eine Odyssee, in der sie nach weiteren Werbegrafikern suchte, was sich als schwierig herausstellte. Denn: "Viele Werbetechniker sind gar nicht mehr daran interessiert, etwas für Schweinfurts Innenstadt zu erarbeiten, da ohnehin alles abgelehnt wird", so Hahn. Weitere eingereichte Vorschläge seien immer wieder abgelehnt worden. "Mir wurde gesagt, ich soll mein Erkennungszeichen, das ich seit 1997 habe, aufdröseln." Vorschläge der Stadt wiederum seien für sie nicht infrage gekommen.
Doch warum stellt sich die Stadt überhaupt quer? Der Grund ist die Schweinfurter Werbeanlagensatzung. Sie gibt Spielregeln vor, nach denen Werbeanlagen gestaltet werden dürfen. In der Satzung heißt es etwa: "Werbeanlagen prägen in hohem Maß das Erscheinungsbild einer Stadt, sie sollen hinsichtlich Art, Größe, Ort und Anzahl in einem ausgeglichenen Verhältnis zum Orts- und Straßenbild stehen und das Landschaftsbild nicht beeinträchtigen." Neben gestalterischen Vorgaben legt die Satzung beispielsweise fest, dass beleuchtete Werbeanlagen Verkehrsteilnehmer nicht stören dürfen.
Doch bei allen berechtigten Vorgaben der Satzung und im Hinblick auf die vielen Leerstände und die brisante Situation des stationären Einzelhandels versteht Hahn nicht, warum die Verwaltung nicht mehr Kompromissbereitschaft zeigt.
Auf Nachfrage der Redaktion teilte eine Sprecherin der Stadt Schweinfurt mit, dass man zu privaten Bauvorhaben "leider keine Auskunft" geben könne. Die bisherige Zielrichtung des Stadtrates sei es, die Attraktivität der Innenstadt durch ein einheitliches und wertiges Gestaltungsbild zu steigern. "Dies sind keine 'Hürden', sondern sollte eher als Unterstützung gesehen werden." Ein "Gestaltungswildwuchs" sei kein Markenzeichen für eine attraktive Innenstadt, so die Sprecherin.
Zudem werde die Werbeanlage nicht subjektiv, sondern objektiv nach Größe, Bauart und Anbringungsort beurteilt. "So wird ein faires Nebeneinander verschiedener Gewerbe in Bezug auf die Außenwahrnehmung gewährleistet sein und das Ortsbild gewahrt." Zu Schwierigkeiten komme es dann, wenn die Vorstellungen der Händler nicht der gültigen Werbeanlagensatzung entsprechen. Und klar ist: Die Vorstellungen der Stadt und Ulrike Hahns gehen allein bei Form, Farbe und Größe auseinander.
Ulrike Hahn von OB Remelé enttäuscht
Für Hahn besonders ärgerlich: Die strengen Regeln gelten nur für die Geschäfte, die seit Inkrafttreten der Satzung im Jahr 2017 Werbeanlagen angebracht haben. Zuvor bestehende Anlagen werden von den Regelungen nicht berührt. Doch Hahn stört sich nicht nur an der Satzung. Auch die Kommunikation der Stadt stoße ihr sauer auf. Nach den abgelehnten Werbevorlagen habe sie bei der Laden-Eröffnung im September ihr Anliegen persönlich unter anderem Oberbürgermeister Sebastian Remelé und Citymanager Thomas Herrmann vorgetragen.

Sie sei damals davon ausgegangen, dass man sich ihrer Thematik annehme. "Doch es ist gar nichts passiert", so Hahn. Einen Monat später, Mitte Oktober, habe die Stadt einen ihrer Werbe-Vorschläge von Ende August mit Verweis auf die Satzung abgelehnt. Von Hahns Bitte an OB Remelé und Citymanager Herrmann habe die Sachbearbeiterin am Telefon nichts gewusst. Auch ein Gesprächstermin im Rathaus habe keine Einigung gebracht.
Handelsverband sieht Problem bei "Paragrafenreitern"
Axel Schöll, Kreisvorsitzender des bayerischen Handelsverbandes, springt Ulrike Hahn zur Seite. Zwar sei eine entsprechende Satzung grundsätzlich sinnvoll, damit die Werbeanlagen nicht ausarteten. Allerdings dürfe die Satzung nicht nur Verbote hervorbringen. "So sieht das Haus einfach richtig hässlich aus", sagt Schöll über das Gebäude am Marktplatz. Dass etwa die Hausfarbe einheitlich sein muss, sei "absoluter Schwachsinn".
Dass Schweinfurter Händlern Steine in den Weg gelegt würden, läge daran, dass in der Verwaltung überwiegend "Paragrafenreiter" säßen. Hahn sei mit ihren Wünschen nicht die einzige, die in Schweinfurt an ihre Grenzen stoße, sagt Schöll. Tatsächlich gibt es in der Innenstadt weitere Geschäfte, die ohne Werbeanlage auskommen. Ein Beispiel ist der Friseurladen "Traumhaar", der an Hahns Geschäft am Marktplatz angrenzt.
Friseurin: "Irgendwann gibst du einfach auf"
Inhaberin Katharina Ulrich äußert sich ebenfalls frustriert. Sie habe nach ihrer Eröffnung ein halbes Jahr lang um eine Werbeanlage über ihrem Geschäft gekämpft. "Aber irgendwann gibst du einfach auf", so Ulrich. Ihr gewünschtes Schild sei nicht genehmigt worden, die von der Stadt vorgeschlagene Alternative "viel zu teuer". Die fehlende Werbung mache sich seitdem schmerzlich bemerkbar, da dadurch deutlich weniger Kunden auf sie aufmerksam würden.
Auch für Ulrike Hahn bleibt die Situation ernüchternd. Zwar ist momentan an ihrem Vordach ein Werbeschild angebracht, welches zwecks Neueröffnung jedoch nur zeitlich begrenzt erlaubt ist. Findet sich weiterhin keine Einigung, hat das Hörgeräte-Geschäft wohl bald gar keine Außenwerbung mehr. "Mein Laden wird zwar auch dann noch gesehen, aber so sieht es einfach hässlich aus", sagt Hahn. Aktuell lässt sie einen neuen Vorschlag für die Stadt erarbeiten.
Die Fassade so zu verschandeln, mit diesen komischen Platten und Farben. Irgendwie wie aus den 50er Jahren. Die Stadt Schweinfurt hätte das schon nicht zulassen dürfen, da kommt es auf das Werbeschild auch nicht mehr an. Das Schaufenster der Firma Weitzel
war immer eine Augenweite, dies ist nur noch hässlich und nicht mehr zeitgemäss.
habe ich diese Metropole seit bestimmt zehn Jahren nicht mehr besucht.
Und seitdem vermisse ich:
1. Nix
2. Wieder nix , und
3. Nochmal nix .
Für mich war Schweinfurt City damals schon die Stadt der Selbstbedienungsbackshops, Billigramschläden und Dönerbuden.
Ob sich daran mittlerweile irgendwas geändert hat; mir absolut egal.
...mehr hören...mehr verstehen... Wer keine Auge und keinen Sinn für solche Dinge hat, der versteht das wohl nie.
Um 2000 hatte die Altstadt eine hohe Qualität, mit Boutiquen mit hochwertiger Mode, u.a. in der Rückertstraße - in der Rittergasse gab es Modenschauen. In WÜ war das auch bekannt, wo es damals vergeichbares nicht gab. Danach hat SW nur noch verloren. In die Altstadt sollten wieder schicke Boutiquen. Hörgeräte passen besser in die City im Westen.
Glauben Sie denn wirklich es wird wieder erstklassige Boutiquen geben , wo der
Trend leider nur zum Onlinehandel geht , welche sich in den Innenstädten niederlassen werden ? Man muss froh sein , das es überhaupt noch Läden gibt , welche sich dort
niederlassen und Geschäfte eröffnen .
Bin mir aber sicher, wenn es nicht nur Verbote sondern Regelungen geben würde ,
welche auch Veränderungen zulassen wäre vielen geholfen .
Warum akzeptiert man keine rote Farbe , warum soll ein Vordach abmontiert werden
und warum werden motivierten Firmen einfach ignoriert !
Nach Auskunft von Manuela Rottman plant die Ampel eine Steuer für Digitalkonzerne (Online-Shopping) - auch wg. der hohen Umweltbelastung, mit LKW's vor der Haustüre (nach Berechnungen müsste man mit einer Online-Bestellung 22 Artikel liefern lassen um auf die Umweltbelastung eines herkömmlichen, einzelnen Einkaufs zu kommen!). Ich weiß nicht, was dazu im Koalitionsvertrag steht.
Die europäische Stadt ist das größte Kulturgut der Welt, das nicht geopfert werden sollte, im Kulturvandalismus, in einem Rückfall, so ähnlich wie in den 60er Jahren, wo man für die "autogerechte Stadt" breite Schneisen durch Innenstädte schlug.
@GWM: wenn Sie keine Backshops, Billigramschläden oder Dönerbuden wollen, dürfen Sie in keine Stadt mehr gehen - WÜ hat z. B. den größten 1 €-Shop Europas
Es wird verschoben, Termine werden kurzfristig abgesagt, auf Vorgaben verwiesen, auf Kosten, auf Paragraphen. Langsam kann man denken, sie wollen gar nichts gestalten. Und in der Hinterhand haben Sie ihre eigenen Konzepte, die dann aber auf alle Fälle durchgebracht werden ! Eh klar!
Die Ursache für die Misere der Innenstadt liegt klar bei der Stadtgalerie.
Vielleicht ist den Stadtoberen ein weiterer Handyladen oder noch ein Schnellbäcker lieber?
Und dann wundert man sich warum immer mehr Läden leer stehen? Die Stadt Schweinfurt sollte mal in der Wirklichkeit ankommen, damit wäre schon viel gewonnen.