Welche Befugnisse und welche Entscheidungsgewalt hat der Schweinfurter Stadtrat? Und soll das Gremium entlastet werden oder droht gar eine "Entmachtung"? Darüber diskutierte das Gremium des Haupt- und Finanzausschusses in seiner jüngsten Sitzung im Schweinfurter Rathaus. Hintergrund ist die angestrebte Änderung der Geschäftsordnung für den Stadtrat. Doch worum geht es eigentlich?
Laut Finanzreferentin Anna Barbara Keck wurde die geltende Geschäftsordnung in der Vergangenheit stetig fortgeschrieben und nunmehr nach dem Vorbild des Bayerischen Gemeindetages vollkommen neu erstellt. Insbesondere sollen damit die Zuständigkeiten angepasst werden. Dies, so die Stadtverwaltung, habe zur Folge, dass sich die Verantwortlichkeiten in Teilen stärker auf den Oberbürgermeister, mithin die Verwaltung, verlagert hätten, was spiegelbildlich "eine Entlastung der jeweiligen Gremien" bedeute.
Linke fürchten Kontrollverlust des Stadtrates
Durch die "Anpassung der Verfügungsbefugnisse" könnten zukünftig Entscheidungen zudem schneller getroffen werden, so Keck. Mit den Fraktionsvorsitzenden sei der Entwurf in mehreren Besprechungsterminen erörtert und nach deren Vorgaben entsprechend angepasst worden. Der Fraktionsvorsitzende der Linken, Frank Firsching, sah das etwas anders. Zwar sei der Entwurf mit den Fraktionsvorsitzenden erörtert worden. Dass dieser nach deren Vorgaben aber angepasst wurde, "stimmt so nicht", sagte Firsching.
Ihm zufolge würde die Kontrolle des Stadtrates durch die Änderung der Geschäftsordnung massiv geschwächt werden. "Außerdem wird die Instransparenz damit gefördert", so Firsching. In der Beschlussvorlage müsste der Hinweis "Nicht alle Fraktionen wurden in gleicher Weise ernstgenommen" enthalten sein, ärgerte sich Firsching. Keck wies diese Kritik zurück. Man habe Firschings Fraktion nicht ignoriert. Zudem seien von den Linken keine ausreichend konkretisierten Änderungsvorschläge eingegangen.
Personalentscheidungen abhängig vom Beamtengehalt
Die Stadtverwaltung nahm in ihrem Vorschlag in mehreren Bereichen Änderungen gegenüber der bisherigen Fassung vor. Dabei sollen etwa Personalentscheidungen zukünftig schneller getroffen werden können. Konkret lautet ein Änderungsvorschlag: "Zur Beschleunigung von Verfahrensabläufen wurden die Zuständigkeiten des Haupt- und Finanzausschusses beziehungsweise des Oberbürgermeisters dahingehend angepasst, dass bei der Ernennung, Beförderung und der Beendigung von Dienstverhältnissen von Beamten und den mit der entsprechenden Besoldung vergleichbaren Tarifangestellten der Stadtrat erst ab der Besoldungsgruppe A 14 beziehungsweise der vergleichbaren tarifrechtlichen Eingruppierung zuständig ist." Davon ausgenommen sei die Ernennung oder Beförderung von Amts-, Einrichtungs-, Werk- oder Heimleitern.
Anders als bisher sollen nun also gewisse Personalentscheidungen ohne Zustimmung des Stadtrates gefällt werden dürfen. Laut Personalamtsleiter Armin Seebauer gehe es hierbei vor allem um Personalien im Schulbereich. "Das sind Stellen, die wir dringend brauchen und es stellt sich die Frage, ob der Stadtrat als komplettes Gremium hier jeweils entscheiden muss."
CSU-Stadtrat Klaus Rehberger zeigte sich damit nicht ganz einverstanden. Er halte es im Stadtrat als zuständiger "Dienstherr" für durchaus wichtig, über personelle Bewegungen informiert zu werden. Und das auch bei einer niedrigeren Besoldung, also ab A 13. Darunter fallen unter anderem Lehrer. Dem stimmte schließlich die Mehrheit des Gremiums zu, sodass diese Änderung in der Geschäftsordnung mit aufgenommen wurde.
"Digitaler Sitzungsdienst" soll Papier einsparen
Eine weitere Änderung, so die Stadtverwaltung, sei die Einführung des "digitalen Sitzungsdienstes". Dabei sollen Sitzungsunterlagen den Stadträten elektronisch zur Verfügung gestellte werden und nicht in ausgedruckter Form. Neben Vereinfachungen und Beschleunigungen im Verwaltungsablauf führe dies auch zu umfangreichen Einsparungen beim Papierverbrauch.
Die neue Geschäftsordnung sieht außerdem eine Konkretisierung der Zuständigkeit sowie Änderung der Zusammensetzung des Ferienausschusses vor. "Pandemiebedingt hat sich gezeigt, dass der Ferienausschuss als Notausschuss auch außerhalb der Ferienzeit tagen muss", so Finanzreferentin Keck. Daher sei eine Regelung zu treffen, dass die Beschlussfassungen über Haushaltssatzungen nicht in den Zuständigkeitsbereich des Ferienausschusses fallen. Ein Ferienausschuss tagt nicht in gleicher Besetzung beziehungsweise Personenanzahl wie ein gewöhnlicher Stadtrat. Auf Wunsch der Fraktionsvorsitzenden werden deshalb zukünftig die Aufgaben des Ferienausschusses durch den Haupt- und Finanzausschuss wahrgenommen, so die Verwaltung.
Diese weist darauf hin, dass es aufgrund einer eingebrachten Gesetzesinitiative zu umfangreichen Änderungen hinsichtlich der Zusammensetzung und des Aufgabenbereichs von Ferienausschüssen kommen könne.
Firsching kündigt Widerstand an
Ebenfalls Teil der Initiative sei es, die Durchführung von "Online Sitzungen" durch Ton-Bild-Übertragungen von Ratsmitgliedern zu ermöglichen. Zu beiden Themenbereichen erfolge derzeit die Anhörung der Kommunalen Spitzenverbände. Wann mit einer Gesetzesfassung zu rechnen ist, könne noch nicht gesagt werden. Da derzeit noch keine Einigkeit hinsichtlich der Gesetzesformulierung erzielt werden konnte, rät die Verwaltung, den Abschluss des Verfahrens abzuwarten und gegebenenfalls eine zeitnahe Anpassung der Geschäftsordnung durchzuführen.
Mit zwölf von 15 Stimmen segnete das Gremium des Haupt- und Finanzausschusses den Beschlussvorschlag ab, über den in der nächsten Stadtratssitzung entschieden wird. Frank Firsching kündigte bereits einen "Sack voller Änderungsanträge" für den Stadtrat an. Welche Punkte dabei genau kritisiert werden, wolle seine Parte zusammen mit Zukunft/ödp zeitnah der Öffentlichkeit mitteilen, so Firsching.