Die neue Geschäftsordnung für den Stadtrat, die im Haupt und Finanzausschuss beraten wurde, stößt bei der Fraktion "Die Linke" und Stadträtin Ulrike Schneider (Zukunft./ödp) auf massive Kritik. Eine Geschäftsordnung, die "Intransparenz und Vetternwirtschaft Vorschub leistet", so Linken-Fraktionsvorsitzender Frank Firsching bei einer Pressekonferenz vor dem Zeughaus.
In der Geschäftsordnung wird festgelegt, wer wofür zuständig ist. Die Spielregeln, die innerhalb des Stadtrates gelten, sind da niedergeschrieben, sagt Firsching. Und: "Wir haben in dieser Geschäftsordnung viele Dinge entdeckt, die eine massive Ausweitung der Befugnisse des Oberbürgermeisters gegenüber dem Stadtrat beinhalten." Würde der Stadtrat die Geschäftsordnung beschließen wie vorgelegt, "könnte man meinen der Stadtrat kastriert sich selbst". Durch die Änderungen wäre die demokratische Kontrolle durch den Stadtrat erschwert, es würden Türen geöffnet "für Entscheidungen im Hinterzimmer", monierte Frank Firsching.
Kritik an den finanziellen Befugnis-Entscheidungen des Oberbürgermeisters
Deshalb kündigte er 15 Änderungsanträge zur Geschäftsordnung an. Darin geht es um drei Themen. Da wären erstens die "Wertgrenzen". Sie legen fest, bis zu welchen Summen der OB alleine entscheiden darf. Zweitens geht es um interne Regeln und drittens um neue Ideen, mehr Transparenz hinsichtlich der Entscheidungen des Stadtrats gegenüber der Öffentlichkeit herzustellen. Thema Wertgrenzen: Der Oberbürgermeister könne bisher über überplanmäßige Ausgaben – wenn etwas teurer wird als geplant – bis zu einem Wert von 10 000 Euro entscheiden. Diese Grenze soll nun verzehnfacht werden. Gleiches gelte für außerplanmäßige Ausgabe. Da lag die Grenze bisher bei 5000 Euro. Bei Auftragsvergaben von der Stadt an Firmen könne der OB im Augenblick bis zu einem Rahmen von 100 000 Euro alleine entscheiden, die Grenze soll laut neuer Geschäftsordnung auf 150 000 Euro angehoben werden, erklärt Firsching. Diese und weitere finanzielle Befugnis-Erweiterungen führten zu Intransparenz "weil die Öffentlichkeit von all diesen Dingen gar nichts mehr erfährt", kritisierte Firsching den Trend zu "mehr Entscheidungen im Büro des Oberbürgermeisters, von denen der Stadtrat gar nichts mehr erfährt".
"Wir sind nicht mehr bereit, immer mehr Befugnisse des Stadtrates in die Hände des Oberbürgermeisters zu geben", unterstreicht Ulrike Schneider (Zukunft./ödp) Firschings Kritik. Und nennt als Beispiel des Moeno-Verbindungshauses an das eine Lagerhalle angebaut werden sollte. Ein Thema, das ausführlich im Stadtrat diskutiert wurde. Mit der neuen Geschäftsordnung würde so etwas am Stadtrat vorbeigehen. Schneider forderte erneut die Sitzungen, zumindest als Tondokument aufzuzeichnen, um sich die Chance zu erhalten, "die Verwaltung an Gesagtes zu erinnern". Gemeinsam mit der Fraktion Die Linke stellt sie den Antrag, Stadtratssitzungen als Live-Stream zu übertragen. Öffentliche Sitzungen der Bevölkerung zugänglich zu machen, könne helfen Politikverdrossenheit zu begegnen. Und zeigen, wie die Stadträte welchen Beschlüssen diskutieren, wie sie argumentieren und abstimmen, so Sinan Öztürk (Linke).
Aktivere Information der Stadträte und der Öffentlichkeit gefordert
"Was macht der Stadtrat eigentlich und in welcher Form tut er es?" Antworten auf diese Fragen sollten künftig öffentlichkeitswirksamer und von der Verwaltung aktiver zur Verfügung gestellt werden, fordert auch seine Fraktionskollegin Andrea C. Greber. Sie will transparente Öffentlichkeitsarbeit über die Arbeit des Stadtrates und seiner Ausschüsse, um so mehr Glaubwürdigkeit bei der Bevölkerung herzustellen. Dazu gehört für sie unter anderem, Abstimmungsergebnisse zeitnah zu veröffentlichen. "Schnellere und aktivere Information sowohl der Stadträte als auch der Öffentlichkeit", wünscht sich Greber.
Für Öztürk gibt es noch ein Problem der neuen Geschäftsordnung, die einer "Selbstentmachtung des Stadtrates" gleichkomme. "Bisher war es so, dass die Stadträte ihre Vertreter in die städtischen Aufsichtsräte wie Stadtwerke oder Leopoldina schicken konnten." Die Änderung der Geschäftsordnung sehe vor, dass auch berufsmäßige Stadträte (das sind die vier Referenten Anna Barbara Keck, Jan von Lackum, Ralf Brettin und Jürgen Montag) entsandt würden und Mitglieder der Aufsichtsräte sein können. "Wir als gewählte Vertreter bestimmen dann nicht mehr die Geschäftspolitik der Aufsichtsräte", kritisierte Öztürk.
Ein weiterer Kritikpunkt betreffe den Ältesten-Ausschuss, der nichtöffentlich tagt. Der war bislang kein beschließendes Gremium, was dort vorbesprochen wurde, landete im Stadtrat. Gemäß neuer Geschäftsordnung hätte dieser Ausschuss auch Beschlusskraft. "Delikate Themen" wie Personalsachen oder strittige Bausachen, werden im Ältesten-Ausschuss diskutiert, ergänzte Frank Firsching. Mit Beschlusskraft dieses Ausschusses würden diese Themen nicht mehr den Stadtrat erreichen, so die Befürchtung.
OB entscheidet über Zuschüsse bis zu 20 000 Euro
Auch dass der OB laut neuer Geschäftsordnung Zuschüsse bis zu 20 0000 Euro an Vereine, Verbände etc. ohne Beteiligung des Stadtrates oder eines Ausschusses vergeben könne, wollen Linke und Zukunft./ödp so nicht hinnehmen. Ein Zuschuss, dass könne auch die "unentgeltliche Nutzungsüberlassung von Räumen an Vereine und Verbände bis zu einem Betrag von 20 000 Euro" sein. Würde also, so das Beispiel von Sinan Öztürk, einem Verband oder einer Partei auf diesem Weg zum Beispiel das Konferenzzentrum zur Verfügung gestellt, würde das der Stadtrat nicht mehr mitbekommen, weil es in der alleinigen Verantwortung des Oberbürgermeisters liegt. "Wir möchten wissen, welche Vereine und Verbände von uns entgeltlos Räume zur Verfügung gestellt bekommen", so Öztürk. Über diese zur Verfügung-Stellung von Räumen werde auch Politik gemacht und letztlich Wählerstimmen eingefangen, ergänzte Ulrike Schneider, weshalb hier Transparenz wichtig sei.
Mir wird gerade schlecht, wenn ich mir vorstelle was dann alles gemauschelt wird.
Dann braucht man ja gar keinen Stadtrat mehr, OB macht dann mit seinen Spezln alles klar!