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Schweinfurt
Stadttauben: Verstößt das Fütterungsverbot in Schweinfurt gegen geltendes Recht?
Tierschützer aus Schweinfurt haben Unterstützung bekommen von Experten aus ganz Deutschland. Es gibt Vorwürfe an die Stadt, sogar eine Anzeige, aber auch eine neue Perspektive.
Für die Stadttauben gibt es in Schweinfurt nur wenig zu holen. Tierschützer beobachten, dass immer mehr Tiere ausgehungert sind oder sterben. Sie fordern, das Fütterungsverbot aufzuheben.
Foto: Anand Anders | Für die Stadttauben gibt es in Schweinfurt nur wenig zu holen. Tierschützer beobachten, dass immer mehr Tiere ausgehungert sind oder sterben. Sie fordern, das Fütterungsverbot aufzuheben.
Katja Beringer
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:55 Uhr

Ist das Fütterungsverbot in Schweinfurt rechtswidrig? Ja, sagt Dr. Christian Arleth. Der Jurist aus Berlin ist ein Vertreter einer Expertenrunde, die sich den Schweinfurter Taubenschützern angeschlossen hat: von Tierärzten bis hin zu engagierten Tierschützern.

Manche wohnen in Schweinfurt, manche sind hier geboren, manche hat der Streit um Schweinfurts Stadttauben, der mittlerweile seit Jahren immer wieder hochkocht und bis heute ungelöst ist, auf das Thema aufmerksam gemacht. In einer gemeinsamen Online-Pressekonferenz bewerteten sie die Situation in Schweinfurt, die juristische Seite und boten auch praktische Hilfe an.

Christian Arleth ist gebürtiger Schweinfurter und Tierschutzjurist und "schämt" sich als solcher, wie er sagt, "extrem für den Umgang meiner Heimatstadt mit diesen Tieren." Für ihn ist klar: Ein "isoliertes und ausnahmsloses Fütterungsverbot" wie in Schweinfurt, also dort, wo keine betreuten Taubenschläge existieren und es damit keine Alternative für die Tiere gibt, ist rechtswidrig. Arleth sieht die Städte in der Pflicht, sich um die Stadttauben zu kümmern  und betreute Schläge zu etablieren und zu finanzieren. Einmal aus Gründen des Tierschutzes, der auch im Grundgesetz verankert ist, aber auch, weil die  Stadttauben mit Fundtieren gleichzusetzen seien.

Zu eben diesen Schlüssen kommt der Jurist aus Berlin auch in einem Gutachten, das er gemeinsam mit einem Tierarzt für die Landestierschutzbeauftragte in Berlin verfasst hat. Grundtenor: Städte können keine Fütterung verbieten, sie sind sogar dazu verpflichtet. Inzwischen denken laut Arleth  auch Gerichte um. Es gebe erste Urteile, wie das des Verwaltungsgerichts Schwerin, das das Fütterungsverbot in Rostock für rechtswidrig befunden habe. Die Stadt Schweinfurt berufe sich in ihrer Verordnung auf alte Urteile, die auch nicht vergleichbar seien, sagt der Berliner Jurist.

Auch ein Amtstierarzt sieht ein Fütterungsverbot als problematisch an

Dass Schweinfurt nach zehn Monaten im Dezember 2021 die Ausnahmeregelung für eine Fütterung der Tiere am Martin-Luther-Platz widerrufen hat, bezeichnet Arleth sogar als Tierquälerei. Gemeinsam mit einer Vertreterin der Schweinfurter Stadttaubenhilfe hat er Aufsichtsbeschwerde gegen diesen Widerruf eingelegt. Interessantes Detail: Auch der Amtstierarzt, den die Stadt 2020 um eine Stellungnahme gebeten hatte, sah ein Fütterungsverbot dann als problematisch an, "wenn es auf eine an die Zufütterung gewohnte Population ohne eine entsprechende vorherige Bestandsreduktion angewendet würde". Außerdem hält der Amtstierarzt betreute Taubenschläge für sinnvoll, heißt es in der Stellungnahme, die der Redaktion vorliegt.

Diese Punkte, sagt Stadträtin Ulrike Schneider (Zukunft./ödp), seien dem Stadtrat nicht mitgeteilt worden. Oberbürgermeister Sebastian Remelé und Ordnungsreferent Jan von Lackum hätten nur stellenweise zitiert und den Stadtrat nicht umfassend informiert. "Hätten wir das gewusst, ich glaube, die Abstimmung im Stadtrat wäre anders ausgefallen." Statt dessen sei die Ausnahmeregelung widerrufen worden. Laut Schneider hat eine Bürgerin deswegen Anzeige gegen die Stadt erstattet.

Jasmin Poyotte: Die Sterben der Stadttauben geschieht leise und unbemerkt

43 tote Tauben haben Mitglieder der Schweinfurter Stadttaubeninitiative "White Angels" seit September 2021 gefunden. 600 Tiere nimmt die Initiative im Jahr auf, hilft den halb verhungerten  oder verletzten Tieren. Allein seit September waren es über 100 Tauben. 80 Prozent von ihnen könnten aufgrund ihres Zustands nicht mehr frei gelassen werden, sagt Jasmin Poyotte von der Initiative. Das Sterben der Stadttauben geschehe leise, für die meisten nicht sichtbar. "Die Tiere ziehen sich zum Sterben zurück in irgendwelche Ecken." Auch der Schweinfurter Tierarzt Dr. Michael Göde, der die Taubenhilfe unterstützt, fürchtet die Folgen der Entscheidung, mitten im Winter das kontrollierte Füttern zu stoppen.

Ein Verein bietet seine Hilfe an und will das Taubenmanagement übernehmen

Dass sich Städte wie Schweinfurt ihrer Verantwortung stellen müssen und warum, war ein wesentlicher Punkt der Pressekonferenz. Die Frage, wie es weiter gehen kann, eine andere. In diesem Punkt gibt es eine neue Entwicklung: Der Verein Pro Animale für Tiere in Not, mit Sitz in Schweinfurt, hat angeboten, das Stadttauben-Management zu übernehmen. Im Februar gibt es einen Gesprächstermin mit der Stadt, so die stellvertretende Vorsitzende und Mitgeschäftsführerin Natascha Wothke. Wie sie sagt, würde Pro Animale nicht nur für ein Jahr die Kosten für artgerechtes Futter zahlen, sondern auch die Lohnkosten für zwei Tierpfleger.

Für Schweinfurts Stadttauben engagieren will sich auch Axel Kröner. Der gebürtige Schweinfurter  ist in der Stadttaubenhilfe Frankfurt aktiv und weiß, dass Tierschutz das Spannungsfeld rund um die Stadttauben auch befrieden kann. Eine erste Aktion in Schweinfurt hat er schon hinter sich: Aus versteckten Nestern unter einer Schweinfurter Brücke hat er 21 Taubeneier geholt und durch Attrappen ersetzt. Genau so könnte in betreuten Schlägen die Population kontrolliert werden. Denn eines liegt den Stadttauben, die nach Ansicht aller Experten in der Runde keine Wild-, sondern verwilderte Haustiere und vom Menschen abhängig sind, in den Genen: der Brutzwang, selbst bei schlechtesten Bedingungen.

Das beste, was eine Stadt tun kann, sei deshalb, betreute Taubenschläge einzurichten und artgerecht zu füttern, sagt Dr. Kirsten Toennies, Expertin für Vogelheilkunde. Dass bei einer Lösung nicht nur der Verein Pro Animale an den runden Tisch gebeten wird, sondern auch die Stadttaubenhilfe, der Berliner Jurist, der Schweinfurter Tierarzt Dr. Michael Göde und Tierschützer Axel Kröner, darauf hofft Stadträtin Ulrike Schneider.

 
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  • ulrisch0
    @deweka… Wer auch immer Sie sind, bitte lesen Sie sich einfach mal in die Fachliteratur ein, dann würden Sie wissen, dass Tauben keine Schädlinge sind. Dieses Vorurteil hält sich schon sehr lange, obwohl wir uns als homo sapiens bezeichnen.
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  • deweka
    Einfach formuliert:

    Verursachen Schäden = Schädling

    Juristisch formuliert:

    Schädlinge i.S.d. Tierschutzgesetzes

    Auch wenn Tauben als Haustauben einmal Nutztiere waren haben sie nachdem sie entflogen sind keinerlei Nutzen mehr.

    Daran ändert sich Nichts auch wenn man noch so viel liest.
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  • ulrisch0
    @deweka Das Tierschutzgesetz schützt alle Tiere, nicht nur die „Nutztiere“. Als Lektüre empfehle ich das Grundgesetz, die Bibel, die ein oder andere wissenschaftliche Studie und vor allem die Natur selbst… vielleicht das lehrreichste Buch von allen. Voraussetzung: Zeit, Offenheit, Verstand&Herz.
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  • deweka
    Tierschutzgesetz ist für Tiere allgemein, nur werden eben Tauben im Sinne des Tierschutzgesetzes auch als Schädlinge bezeichnet.

    Für Nutztiere, die der Mensch hält, hat er Verantwortung. Dazu gehört auch möglichst artgerechte Haltung.

    Die Natur sollte grundsätzlich weit mehr geschützt werden.

    Verwilderte Tiere sind aber Nichts von beidem.

    In der Bibel steht etwas von „Erde untertan machen“ aber nichts von Taubenfüttern.
    Soll ich vielleicht auch mal in den Veden, dem Koran, der Avesta oder dem Talmud nachschauen?

    Ich bin regelmäßig in der Natur, nehme mir Zeit zum Lesen und Diskutieren und bin in gewissem Maße lernfähig.

    Deswegen sage ich auch ganz bewusst dass Stadttauben nicht gefüttert werden sollen.

    Und lassen Sie bitte die Appelle an die Menschlichkeit. Schädlinge füttern hat rein gar Nichts mit Menschlichkeit zu tun.
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  • hoffmann-voigt@web.de
    @ deweka:
    "Straßen sauber halten und Nistmöglichkeiten beseitigen wäre die logische Lösung." - Wenn die Tauben endlich betreute Häuser hätten mit ausreichend artgerechtem Futter und sanfter Geburtenkontrolle - dann wären sie zu 80% ihrer Zeit im Taubenschlag und weg von den Strassen!
    Dann müssten eh die wilden Nistplätze dichtgemacht werden, um die Nutzung durch neu gestrandete Brief-, Hochzeits-, und sonstiger ausgesetzter Zuchtauben zu verhindern.
    @deweka; Sie wollen weder den Artikel noch sonst die genannten Fakten richtig wahrnehmen, scheint mir. Schade.
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  • deweka
    Ich weis schon was man Alles machen kann, nur glaube ich nicht dass es so gemacht werden sollte.

    Tierarten sterben aus, Menschen verhungern, und hier sollen Schädlinge verwöhnt werden.
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  • hoffmann-voigt@web.de
    @ deweka:
    "Und wenn es kein Futter gibt gibt es auch weniger Tauben." Falsch, da sie durch die Zucht gezwungen sind 6-8x zu brüten wird nur ihr Leben zur Tierqual ohne ausreichend artgerechte Nahrung! Tatsächlich brüten sie im verzweifelten Versuch der populationerhaltung bei schlechten Lebensumständen sogar noch mehr - hier kollidiert Zucht und Trieb.
    Menschen haben ihr Leid verursacht und Menschen müssen für sie sorgen.
    Wegen der ständig dazukommenden verirrten Brief- und ausgesetzten Zuchttauben (Hochzeitstauben!), sollten auch Züchter endlich zur Verantwortung gezogen werden!
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  • deweka
    Selbst wenn die Tauben öfter brüten werden es nicht mehr wenn nicht für alle Futter da ist.

    Andere Tierhalter müssen für die Schäden die ihre Tiere anrichten haften.
    So gesehen wäre es logisch Züchter zur Verantwortung ziehen.
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  • hoffmann-voigt@web.de
    Der Taubenkot ist nur so durchfallartig weil es ein Hunger- und Fehlernährungskot ist. Bei ausreichend artgerechter Ernährung ist der Taubenkot fest und klein, leicht zu entfernen - ein hervorragender Blumendünger.
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  • deweka
    Taubenscheiße zusammenkratzen und in den Blumentopf streuen?
    Oder suchen die Tauben selbstständig die Blumentöpfe auf?

    Selbst wenn der Kot bei artgerechter Fütterung leichter zu entfernen sein sollte ist er wohl für die Meisten ein Ärgernis und nicht Blumendünger.
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  • deweka
    Wenn sich über Gesetze ein „Pflicht zum Taubenfüttern“ konstruieren lässt ist es an der Zeit über die Änderung dieser Gesetze nachzudenken.
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  • uwe.luz@t-online.de
    Wer den Tauben das Wort reden will, sollte sich zuvor einmal eine geraume Weile im Bereich der wegen Vogelkot seit Jahren unbenutzbaren städtischen Bänke an der Kreuzung Hohe Brückengasse/Schultesstraße aufhalten. Wenn er dann noch saubere Schuhe und Lust auf Tauben hat, möge er sich äußern.
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  • deweka
    Wenn sich die Taubenfütterer genauso intensiv um die Beseitigung des Kots kümmern würden hätten vielleicht mehr Bürger Verständnis für das Ansinnen dieser Leute.

    So sind Tauben für viele einfach nur ein Ärgernis. Schließlich sind sie ja auch offiziell Schädlinge.
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  • AnetteProveg
    Hier der Link zur Expertenrunde: https://www.youtube.com/watch?v=FCRpWWdsgtI
    Echt interessant. grinsen
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  • AnetteProveg
    Super Artikel. Vielen Dank dafür. Das Fütterungsverbot muss schleunigst aufgehoben werden und so schnell wie möglich betreute Taubenschläge her. Nur so ist allen geholfen und vor allem den Täubchen, die am wenigsten dafür können. Es sind nämlich ausgesetzte bzw. entflogene Haustiere und ihre Nachkommen. Sie wurden von Menschen gezüchtet und sind auf unsere Hilfe angewiesen.
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  • deweka
    Dann sammeln Sie doch die ausgesetzten und entflogenen Täubchen ein und geben ihnen ein Zuhause.
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  • hoffmann-voigt@web.de
    @ deweka:
    "Dann sammeln Sie doch die ausgesetzten und entflogenen Täubchen ein und geben ihnen ein Zuhause."
    Genau das sollen ja die betreuten Taubenschläge sein - nur leider bekommen wir zu wenig Unterstützung - weder durch die Stadt und noch durch Bürger wie Ihnen.

    Nadine Hoffmann-Voigt, Stadttaubenhilfe Unterfranken
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  • deweka
    Nachdem die Zusammenarbeit mit den Fütterern nur so vor sich hinholpert und anscheinend einige gar nicht von den Problemen hier vor Ort betroffen sind weil sie nicht hier wohnen ist es doch nur folgerichtig dass es keine Unterstützung gibt.
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  • ulrisch0
    Die Arbeit der Taubenhilfe ist ehrenamtlich, großherzig und zuverlässig. Warum diese Unterstellungen?
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  • deweka
    Erfahrungen aus der Vergangenheit.
    Befürchtungen für die Zukunft.

    Gerade wenn eine Bewegung von vielen Ehrenamtlichen getragen wird ist sie nicht stabil da sich die Lebensumstände schnell ändern können und das Ehrenamt nicht die höchste Priorität besitzt.
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