
Seit knapp einem Jahr steht der Stadtjugendring ohne Vorstandschaft da. Der Vorsitzende Christian Starodub verfehlte in der wegen der Pandemie online durchgeführten Herbst-Vollversammlung die Mehrheit. Weitere drei Mitglieder aus der fünfköpfigen SJR-Vorstandschaft standen nicht mehr zur Wahl. Kandidatinnen und Kandidaten, die Lücken hätten schließen können, wurden weder im Vorfeld noch spontan bei der der online-Vollversammlung im Herbst 2020 gefunden.
Mit der gescheiterten Wahl eskalierte ein Problem, dass die Vorstandschaft seit längerem hat – es finden sich nicht genügend junge Leute aus den rund zwei Dutzend dem Stadtjugendring angeschlossenen Organisationen, die in der Vorstandschaft Verantwortung übernehmen. Schon die zuvor fünfköpfige Besetzung war ein Provisorium. Wären alle Posten samt Beisitzern besetzt, bestünde die SJR-Vorstandschaft aus neun Personen.
Selbst eine kleinstmögliche Vorstandschaft, die aus drei Personen hätte bestehen müssen, kam bei der Herbst-Vollversammlung nicht zusammen. Die Nachwahlen, die eigentlich das fünfköpfige Gremium hätten aufstocken sollen, waren gescheitert. Lediglich Vorsitzender Christian Starodub und seine Stellvertreterin Sabine Steinbach hatten im Vorfeld signalisiert, mit der Arbeit in der SJR-Vorstandschaft weitermachen zu wollen. Nur Sabine Steinbach erhielt eine Mehrheit, sie ist damit gegenwärtig einziges ordentlich gewähltes Mitglied der SJR-Vorstandschaft. Auch bei der Frühjahrsversammlung ergab sich keine Besserung – keine Kandidierenden, keine neue handlungsfähige Vorstandschaft.
Autonomes Gremium mit eigenen Räumen
"Der Stadtjugendring ist ein autonomes Gremium, eine selbstständige Organisation", so Sozialreferent Jürgen Montag und Jugendamtsleiter Thorsten Schubert im Gespräch über die aktuelle Situation beim SJR. Die Stadt Schweinfurt engagiere sich beim SJR dahingehend, dass sich dessen Geschäftsstelle mit Geschäftsstellenleiterin und einer weiteren Mitarbeiterin in Räumen der Stadt befindet. Beide, mittlerweile Vollzeitstellen, werden von der Stadt bezahlt, sind aber Beschäftigte des Stadtjugendringes.
Ein Konstrukt, das schon in der Vergangenheit hin und wieder für Diskussionen sorgte, hätten Teile des Stadtjugendrings doch gerne mehr Selbstständigkeit mit eigener Personalträgerschaft und eigenen Räumen. Die Gelder, die dem Stadtjugendring zur Verfügung stehen, stammen größtenteils aus dem städtischen Haushalt, werden aber vom SJR autonom verwaltet.
SJR derzeit ohne handlungsfähige Vorstandschaft
Da der Stadtjugendring derzeit keine handlungsfähige Vorstandschaft hat, tritt satzungsgemäß der bayerische Jugendring (BJR) auf den Plan. Esther Detzel vom BJR ist seither kommissarische Vorsitzende. Beim Stadtjugendring handelt es sich nicht um einen Verein, dem bei fehlender Vorstandschaft die Auflösung drohen würde, sondern um eine Körperschaft öffentlichen Rechts, die nun unter kommissarischem Vorsitz des BJR fortgeführt wird.

"Der BJR-Landesvorstand hat mich beauftragt, die Aufgaben des Vorstands und des Vorsitzes kommissarisch zu übernehmen. Dazu gehört auch, Gespräche mit Verbänden und Delegierten zu führen, um geeignete Kandidatinnen und Kandidaten für den Vorstand zu finden", teilt Esther Detzel auf Anfrage mit. Aber auch Vorstandssitzungen, Besprechungen mit den Mitarbeiterinnen der Geschäftsstelle und das Vorantreiben der Kernthemen des SJR Schweinfurt (zum Beispiel die Überarbeitung der Zuschussrichtlinien) zählen dazu, ergänzt sie.
Herbst-Vollversammlung am 23. November in Präsenz geplant
Sofern die Corona-Regeln das ermöglichen, ist für den 23. November die Herbst-Vollversammlung in Präsenz geplant, so Esther Detzel. "Meine Tätigkeit ist abgeschlossen, wenn ein Vorstandsgremium aus drei Personen mit Vorsitz, stellvertretendem Vorsitz und zumindest einer Beisitzerin oder einem Beisitzer gewählt ist. Ich bin zuversichtlich, dass wir dieses Ziel erreichen". So lange es keine Vorstandschaft gibt erfülle die "Geschäftsstelle den Großteil der Aufgaben wie gewohnt". Allerdings würde das ehrenamtliche Engagement eines Vorstandsteams aus den vor Ort verwurzelten Jugendverbänden die Jugendarbeit bereichern und lebendiger gestalten, ergänzt sie.
Das bedeutet, dass das Tagesgeschäft des SJR, mal abgesehen von der fehlenden Vorstandschaft vor Ort, ganz normal weiterläuft. Wichtige Bausteine dieser Arbeit sind zum Beispiel die Bearbeitung von Zuschüssen oder die Ausgabe von Materialien (zum Beispiel Hüpfburg- oder Beamer) an die Mitgliedsorganisationen. Alle diese Sachen laufen auch ohne Vorstandschaft weiter, so SJR-Geschäftsführerin Charlotte Benedict. Auch das Lastenfahrrad-Projekt "SJR Xpress" geht weiter.
In einer Schule, in der Sabine Steinbach, einst stellvertretende Vorsitzende des SJR und einzig verbliebenes Vorstandsmitglied, unterrichtet, wurde sogar eine U-18-Wahl organisiert. Solche Wahlen für junge Leute, die noch nicht Wählen dürfen, wurden in den vergangenen Jahren immer wieder an mehreren Schulen von der SJR-Vorstandschaft durchgeführt.
"Akzente setzen, Projekte anschieben", das wäre das Kerngeschäft einer Vorstandschaft, so Jugendamtsleiter Thorsten Schubert und "das fehlt natürlich im Moment". Schon alleine deshalb wäre es wichtig, dass sich für die bevorstehende Herbst-Vollversammlung Kandidatinnen und Kandidaten finden, die Impulse setzen wollen.
Ohne Groll blickt der einstige Vorsitzende Christian Starodub zurück. "Ich wünsche dem SJR Erfolg in der Neuaufstellung und hoffe, dass sich viele Engagierte aus verschiedenen Organisationen finden, die sich im Vorstand einbringen". Ob er noch einmal antreten würde, falls man ihn fragen würde, müsste er sich allerdings genau überlegen.