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SCHWEINFURT
Staatsanwalt fordert lebenslange Haft
Oliver Schikora
 |  aktualisiert: 07.04.2020 11:12 Uhr

Lebenslange Haft wegen versuchten Mordes und die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld, so lautet der Strafantrag der Staatsanwaltschaft gegen einen 58 Jahre alten Kosovo-Albaner, gegen den wegen versuchten Mordes vor der Großen Strafkammer verhandelt wird. Die Plädoyers von Staatsanwaltschaft, Verteidiger und Nebenklage-Vertretung wurden auf Beschluss des Gerichts nicht-öffentlich gehalten, weil Details aus der teilweise nicht-öffentlichen Vernehmung des Opfers eine Rolle gespielt hatten.

Vorbehalt der Sicherungsverwahrung

Die Nebenklage schloss sich der Forderung des Staatsanwaltes an und forderte darüber hinaus, den Vorbehalt der Sicherungsverwahrung nach Verbüßung der Strafe zu prüfen. Der Anwalt des Angeklagten forderte nicht mehr als zehn Jahre Haft.

Dem 58-Jährigen wird vorgeworfen, am 21. Juni vergangenen Jahresan einer Bushaltestelle in der Oskar-von-Miller-Straße am Bergl seiner 45 Jahre alten Ex-Frau aufgelauert und versucht zu haben, sie mit einem Messer zu ermorden. Die 18 Messerstiche überlebte die Frau nur mit Glück, das beherzte Eingreifen von Passanten rettete ihr das Leben. Die Frau hatte sich erst wenige Wochen zuvor von ihrem Mann getrennt und ein Kontaktverbot erwirkt, woran er sich nicht hielt.

Im Prozess wurden vom Opfer und Zeugen Details der Ehe geschildert, die auf jahrelange Misshandlung und Gewalt des Ehemanns gegenüber der Frau schließen lassen. Er bestreitet die Vorwürfe.

Das Opfer sagte gegenüber mehreren Zeugen, sie habe nach wie vor große Angst vor ihrem Mann und fürchte, er werde ihr erneut etwas antun.

Psychiatrisches Gutachten

Eine Dolmetscherin hatte im Prozess auch zu Protokoll gegeben, dass sie bei einem Gespräch zwischen einem Mitgefangenen des Angeklagten und einem Bekannten erfahren habe, dass der Angeklagte damit gedroht habe, nach seiner Haftentlassung in jedem Fall seiner Frau erneut etwas an zu tun.

Am vierten Prozesstag stand das Gutachten des Psychiaters über den Angeklagten im Vordergrund. Er hatte im Oktober 2016 zwei Mal lange mit dem 58 Jahre alten Gelegenheitsarbeiter gesprochen, der 1992 während des Balkan-Krieges mit seiner zweiten Frau aus dem Kosovo flüchtete, in Deutschland Asyl beantragte und dieses gewährt bekommen hatte. Den Lebensunterhalt in den vergangenen 25 Jahren bestritt die Ehefrau. Auch gegenüber dem Gutachter bestritt der Angeklagte, seine Frau misshandelt zu haben, er habe sie geliebt.

Als sie sich von ihm getrennt hatte, sei er überrascht gewesen und habe eine Entschuldigung erwartet, dass sie ihren Fehler einsehe und er zurückkönne.

Angeklagte wollte angeblich nur reden

Der Angeklagte habe betont, er habe seine Frau am Tattag zufällig getroffen und nur reden wollen. Sie habe ihn geschubst, daraufhin habe er das Messer gezogen. An den Tatverlauf könne er sich nicht erinnern.

Eine krankhafte seelische Störung oder psychische Erkrankung wie Schizophrenie schloss der Gutachter aus. Er legte auch ausführlich dar, warum die Tat aus seiner Sicht nicht im Affekt ausgeführt worden sei und keine verminderte Schuldfähigkeit bestehe. Für den Psychiater stellte sich eine deutliche Diskrepanz dar zwischen dem Bild des Angeklagten, das er selbst über sich zeichnet, und den Darstellungen seiner Ehefrau und anderer Zeugen.

Der Angeklagte empfindet sich als ruhigen, überlegten, keinesfalls gewalttätigen Mann, für den die Trennung überraschend kam. Dem gegenüber steht das Bild eines Mannes, der seit Jahren in der Ehe Gewalt ausgeübt hatte, wohl auch mit einer sexuellen Konnotation. „Er war nach außen angepasst, freundlich, in der Ehe aber völlig anders und hat seine Frau verachtet“, schilderte der Gutachter seine Eindrücke.

Abseits des Prozesses bemühen sich die Opferhilfe Weißer Ring und der Schweinfurter Anwalt des Opfers, Jürgen Scholl, um eine Ehrung des 43 Jahre alten Ingenieurs, der durch sein beherztes Eingreifen wohl dem Opfer das Leben gerettet hat. Er fuhr in dem Moment mit dem Auto vorbei, als der Angeklagte auf seine am Boden liegende Ex-Frau einstach, sprang aus dem Auto, rannte auf den Mann zu rannte, schrie ihn zwei Mal laut an und brachte ihn wohl dazu, von der Frau abzulassen.

Retter soll geehrt werden

Vor Gericht schilderte der Mann, er habe wahrgenommen, dass der Angeklagte das Opfer mit dem Knie am Boden fixiert und mit kräftigen Stichen auf sie eingestochen habe. Als er beim Opfer war, kümmerte er sich zunächst darum, dass Passanten die Versorgung übernahmen und verfolgte dann mit einem weiteren Mann den Angeklagten, der auf dem angrenzenden Edeka-Parkplatz aufgab.

Scholl schlug den 43-Jährigen in Briefen an Staatssekretär Gerhard Eck und Bundestagsabgeordnete Anja Weisgerber für das Bundesverdienstkreuz vor.

Das Urteil wird am Freitag, 31. März, um 10 Uhr verkündet.

 
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