Tag drei im Prozess gegen einen 58-Jährigen Kosovo-Albaner, der wegen versuchten Mordes an seiner 45-jährigen Ex-Frau vor der Großen Strafkammer angeklagt ist. Ihm wird vorgeworfen, am 21. Juni vergangenen Jahres an einer Bushaltestelle am Bergl seiner Frau aufgelauert und versucht zu haben, sie mit einem Messer zu ermorden. Die 18 Messerstiche überlebte die Frau nur knapp, ein Stich ging zwei Zentimeter am Herz vorbei. Nur das Eingreifen von Passanten verhinderte ihren Tod.
Lebenslange Haft?
Dem Angeklagten droht wegen des Vorwurfs des versuchten Mordes eine lebenslange Haft. Im Mittelpunkt des Prozesstages standen zwei Themen. Zum einen wurden Zeugen gehört, die den Angeklagten nach der Tat verfolgt hatten sowie die Polizisten, die ihn festnahmen. Zum anderen gaben der Bruder des Opfers sowie eine Arbeitskollegin und Freundin Auskunft, wie sich aus ihrer Sicht die Ehe zwischen Angeklagtem und Opfer darstellte.
Ein 43 Jahre alter Ingenieur rettete dem Opfer womöglich das Leben, als er in dem Moment, als der Angeklagte auf seine am Boden liegende Ex-Frau einstach, vorbeifuhr, anhielt, aus dem Auto sprang, auf den Mann zu rannte, ihn laut anschrie und wohl dazu brachte, von der Frau abzulassen. „Er hat sie mit dem Knie am Boden fixiert und öfter auf sie eingestochen, es waren kräftige Stiche“, so der Zeuge. Er verfolgte gemeinsam mit einem weiteren Mann den Angeklagten, der nach wenigen Metern aufgab und sich hinsetzte. Später ließ er sich widerstandslos festnehmen.
Richter und Anwalt des Opfers dankten dem 43-Jährigen für seine Courage. Der Zeuge wie die Zivilpolizisten, die den Angeklagten festnahmen, schilderten den 58-Jährigen als ruhig und gefasst. „Es war ihm vollkommen bewusst, was er getan hat“, erklärte einer der Polizisten.
Keine liebevolle Ehe
Dass die Ehe des Angeklagten mit der 45-Jährigen nicht gut gewesen, er sie misshandelt haben soll, war bereits an den ersten Prozesstagen Thema, vor allem bei der nicht-öffentlichen Vernehmung des Opfers. Der Angeklagte bestreitet die Vorwürfe. Er hat mit seiner ersten Frau fünf Kinder und lernte seine zweite Frau Anfang der 1990er Jahre im Kosovo kennen. 1992 flüchteten sie wegen der Balkan-Kriege nach Deutschland, beantragten Asyl, was gewährt wurde.
Cholerisch und gewalttätig
Eine Arbeitskollegin und einer der Brüder schilderten, was ihnen vom Opfer im Laufe der Jahre erzählt wurde. Es zeichnete sich das Bild einer wenig liebevollen Ehe ab, in der der Angeklagte cholerisch, eifersüchtig und gewalttätig gewesen sein soll. Immer wieder zeigte sich, dass die 45-Jährige Angst vor dem Angeklagten hatte, nicht nur um sich, sondern insbesondere um ihre Familie, die teilweise noch im Kosovo lebt.
Wegen der Sorge um die Familie schaffte sie es auch erst 2016 endgültig, sich zu trennen und erwirkte wenige Wochen vor der Attacke, dass der Angeklagte aus der gemeinsamen Wohnung ausziehen musste und eine Kontaktsperre hatte, an die er sich aber nicht hielt.
In den 2000er Jahren nahm sie ihr Bruder zwei Mal nach tätlichen Übergriffen auf, immer ging seine Schwester aber zu ihrem Mann zurück. Er erklärte, er und seine Familie seien vom Angeklagten beschimpft und auch mit dem Tod bedroht worden. Seine Schwester habe ihm erzählt, sie sei schwanger gewesen und der Angeklagte hätte sie in den Bauch getreten, so dass der Fötus starb. „Er war ein Macho, er musste zeigen, dass er der Mann ist“, beschrieb der Bruder den Angeklagten.
Im Gefängnis mit Mord gedroht
Seiner Schwester gehe es physisch besser, psychisch aber nicht. Sie könne nachts kaum schlafen, „sie hat Angst, dass er sie umbringt, wenn er wieder aus dem Gefängnis kommt.
“ In der Justizvollzugsanstalt soll der Angeklagte einem Mithäftling gegenüber geäußert haben, nach Verbüßen seiner Strafe werde er beenden, was er angefangen habe, sprich seine Ex-Frau umbringen. Diese Version wurde von einer Dolmetscherin und dem Gesprächspartner des Mitgefangenen, dem er diese Geschichte erzählt hatte, bestätigt. Der Angeklagte äußerte sich dazu nicht. Fortsetzung ist am 23. März.