
Felix Schymura sollte zufrieden auf die Bundestagswahl am 23. Februar blicken. Eigentlich. Er ist Spitzenkandidat auf der Landesliste der Piratenpartei in Bayern. Doch Schymura ärgert er sich. Nicht wegen seiner geringen Chance, für die Kleinstpartei in den Bundestag einzuziehen. Der Kandidat, der aus Gerolzhofen im Landkreis Schweinfurt stammt, wird wohl nicht einmal wählbar sein.
Zwar stehen die Piraten auf der Liste der 41 Parteien, die die Bundeswahlleiterin am 14. Januar offiziell zur Bundestagswahl zugelassen hat. Doch muss die kleine Partei, um tatsächlich auf die Wahlzettel zu gelangen, eine formale Hürde überwinden. Wie andere Parteien, die nicht schon im Bundestag oder in einem Landesparlament vertreten sind, müssen die Piraten bei der Landeswahlleitung bis spätestens 20. Januar 2000 Unterstützer-Unterschriften vorlegen.

Aktuell hätten sie in Bayern 800 Unterschriften, sagt Spitzenkandidat Schymura. Die Hoffnung, bis Montag weitere 1200 einzureichen, hat er aufgegeben. Zusätzlich zu den 2000 Unterschriften für die Landesliste müsste die Partei für jeden der sieben bayerischen Direktkandidaten sogar weitere 200 Unterschriften sammeln.
Zeit läuft davon: Formulare wandern auf dem Postweg hin und her
Dazu kommt: Es reiche nicht aus, Unterschriften auf einer Liste zu sammeln, sagt Schymura. Die Unterschrift eines Wahlberechtigten sei erst gültig, wenn die Heimatgemeinde des Unterzeichners sie bestätigt hat. Mancherorts dauere dies über eine Woche. Die Bestätigung werde zurück zur Partei geschickt, erklärt der Gerolzhöfer. Dann müsse sie – wieder per Post – zum Landeswahlleiter. Kurzum: Die Zeit zum Einsammeln gültiger Unterschriften ist wenige Tage vor Fristende eigentlich schon abgelaufen.
Stellvertretend für weitere kleinere Parteien moniert der Piraten-Kandidat, der in Bamberg lebt, die durch das Aus der Ampel-Koalition stark verkürzte Frist für die Unterschriften. Wäre regulär im Herbst gewählt worden, hätten die Piraten nach Aufstellung ihrer Kandidaten ein Jahr Zeit bis zur Wahl gehabt. Jetzt waren es wenige Woche. "Insbesondere für kleinere Parteien eine fast unüberwindliche Hürde", sagt der 28-Jährige. Er sieht die demokratische Teilhabe bedroht.
Ungerecht findet Schymura, dass etablierte, größere Parteien keine Unterstützer-Unterschriften benötigen. Ein offener Brief der Piraten und anderer kleiner Parteien an die Bundesregierung habe an der Quoten- und Fristenregelung nichts verändert. Die Regierung habe über das Unterschriften-Thema auch viel zu spät und unzureichend öffentlich informiert, meint der Pirat.
Unterschriften-Sammeln ist ein mühseliges Geschäft - vor allem im Winter
Vor Weihnachten habe er unter anderem in Nürnberg Unterschriften gesammelt, sagt der Gerolzhöfer. Ein mühseliges Geschäft. Bei Temperaturen knapp über null und in Konkurrenz zu Glühwein und Bratwürsten hätten nicht mal 40 Menschen an einem Tag unterschrieben. Im Sommer, wenn's wärmer ist, würden die Menschen eher unterschreiben als im Advent.
Dass sie von Bürgerinnen und Bürgern neben der Unterschrift auch Name, Anschrift und Geburtsdatum erheben müssten, sehe er als Vertreter der Piraten grundsätzlich kritisch. Schließlich fordere seine Partei neben dem Abbau bürokratischer Hürden und leicht zugänglichen digitalen Angeboten auch den Schutz persönlicher Daten.

Er verstehe nicht, weshalb die Unterschriften nicht online eingereicht werden könnten, geschützt etwa mithilfe des elektronischen Personalausweises, sagt der Spitzenkandidat. Noch mehr hätte es kleinen Parteien aber wohl geholfen, wenn die Frist zum Einreichen verlängert worden wäre, meint Schymura. Während der Corona-Pandemie sei dies bei Wahlen schließlich auch gegangen.
Parteien mit Geld für Kampagnen haben's leichter
Kleine Parteien hatten jedoch durchaus Chancen, ausreichend Unterstützer zu mobilisieren. Dies gibt Schymura selbst zu und nennt Volt als Beispiel. Volt habe, anders als die Piraten, genügend Geld gehabt, um kurzfristig eine Infokampagne zu starten. Für die Piraten, die gerade erst mangels Geld ihre Landesgeschäftsstelle in München schließen mussten, hätten die Direktkandidaten und die zehn Landesvorstände die Unterschriften gesammelt. Auf Plakate verzichteten die Piraten bis auf wenige Ausnahmen.
Fehlendes Geld ist ein zusätzlicher Grund, weshalb die Teilnahme an der Bundestagswahl gerade für Parteien wie die Piraten eigentlich wichtig ist: Nur wer bundesweit mindestens 0,5 Prozent der Stimmen holt, hat Zugang zur staatlichen Parteienfinanzierung. Es geht also nicht nur um den Einzug ins Parlament.
Diese Kleinstparteien, oft eher aus Bierlaunen gegründet, sollten wenn sie politisch aktiv sein wollen, sich lieber einer etablierten Partei anschließen.
Wer ernsthaft mitwirken möchte ist bei allen demokratischen Parteien gut aufgehoben.