Der Applaus war lange und ehrlich gemeint, die Zustimmung groß: Sichtlich gerührt nahm Marietta Eder die Oberbürgermeisterin-Kandidatur für Schweinfurt an, die ihr die Schweinfurter Sozialdemokraten voller Überzeugung übertrugen. 27 der 30 Delegierten stimmten für die 41 Jahre alte Gewerkschaftssekretärin, die zuvor nicht nur viel Lob bekam, sondern durch eine leidenschaftliche, den persönlichen Lebensweg beleuchtende Rede überzeugte.
Eder war vor gut zwei Wochen vom Kreisvorstand der Schweinfurter SPD einstimmig als Kandidatin nominiert worden. Als dies bekannt wurde, bekam sie viel Zustimmung, vor allem in den sozialen Medien. Auf dem von ihr rege genutzten eigenen Facebook-Profil hatte sie zu der Nachricht, sie werde kandidieren, über 600 Nutzer, denen das gefiel.
"Sie hat einen klaren sozialdemokratischen Wertekompass, sie labert nicht, sie packt an", brachte es SPD-Unterbezirksvorsitzender Markus Hümpfer auf den Punkt. Durch die Bank kämpferisch zeigte sich die Schweinfurter Sozialdemokratie im Naturfreundehaus. "Marietta Eder ist ein bewusstes Gegengewicht zu Amtsinhaber Sebastian Remelé", betonte die Kreisvorsitzende Julia Stürmer-Hawlitschek. Eder habe Herzblut, einen scharfen Verstand, innovative Ideen und sie werde "frischen Wind ins Rathaus bringen, wo die Luft schon steht."
Dass die Schweinfurter CSU am Abend der SPD-Kandidatenkür nicht sonderlich gut wegkommen würde und speziell Amtsinhaber Sebastian Remelé, der im Sommer einstimmig von der CSU für eine dritte Amtszeit nominiert wurde, ist nicht sonderlich überraschend. Die deutliche Positionierung gegen Remelé und die klare Betonung der eigenen Positionen lassen erwarten, dass der Wunsch des Vorsitzenden der Landkreis-SPD, Kai Niklaus, es solle ein anstrengender, teurer und vor allem geeint geführter Wahlkampf werden, Wirklichkeit wird. Die SPD kämpft für Marietta Eder als erste sozialdemokratische Oberbürgermeisterin der Stadt und für einen Wandel in der Stadtpolitik.
Freiheit, Gerechtigkeit, Solidarität, das sind die Grundwerte der SPD, die Eder nicht nur als stellvertretende Landesvorsitzende vertritt. In ihrer Rede setzte sie auf diese sozialdemokratischen Pfeiler, verwoben mit ihren persönlichen Erfahrungen. Geboren und aufgewachsen als Tochter eines Landwirts und einer Altenpflegerin in einem Dorf in Niederbayern, kam sie nach dem Abitur zum Studium nach Bamberg und lebt seit über 20 Jahren in Schweinfurt in der Innenstadt. Als Gewerkschaftssekretärin liegen ihr vor allem die Sozial- und Arbeitsmarktpolitik am Herzen.
1992 verlor die Schweinfurter SPD erst die Oberbürgermeisterwahl an die CSU, Gudrun Grieser löste Kurt Petzold ab. 1996 verlor man auch die Mehrheit im Stadtrat. Nun will man erneut angreifen, "die Stadt braucht einen Aufbruch und wer wenn nicht wir als progressive Kraft schafft das", so Eder. Der soziale Wohnungsbau sowie Bildung ohne den Blick auf soziale Verhältnisse und den Geldbeutel der Eltern sind ihr Herzensanliegen, genauso wie die Förderung der Frauen, insbesondere beim Thema Gehalt.
Eder skizzierte ihre Vorstellung eines sozial gerechten Schweinfurt, das sich seine Innovationskraft erhält und wo die Stadtverwaltung aktiv gemeinsam mit der Industrie die Rahmenbedingungen für den digitalen Wandel und den Wandel in Sachen Elektromobilität schafft. Für Eder ist aktiver Klimaschutz ein Muss genauso wie eine Diskussion darüber, welchen Platz in der Stadt das Auto, welchen das Fahrrad und welchen die Fußgänger einnehmen sollen.
Sympathien ließ sie nicht nur für die Steigerwaldbahn, sondern auch für das Straßenbahn-Konzept durchblicken und klare Kante gab es auch: "Lasst uns um unsere Demokratie kämpfen, um Toleranz und Respekt", forderte die stellvertretende Vorsitzende von "Schweinfurt ist bunt" unter Applaus.
Ebenso klare Kante zeigte der SPD-Fraktionsvorsitzende im Stadtrat, Ralf Hofmann. Gemeinsam mit Eder, die in der Stadtratssitzung am 24. September als Nachfolgerin von Thomas End vereidigt wird, wird in den kommenden Monaten sicher das SPD-Profil deutlich geschärft. Hofmann sparte nicht mit Kritik an CSU-OB Sebastian Remelé, dem er vorwarf zu verwalten anstatt zu gestalten.
Man brauche keinen OB-Präsident, "sondern einen, der sich an seiner Leistungsbilanz messen lässt." Marietta Eder, so Hofmann, "ist eine echte Chance für Schweinfurt, um die vergangenen zehn Jahre Stillzustand zu überwinden."
Ihr soziales Engagement ist prima. Aber was bringt das alles, da die Stadt keine freien Industriegrundstücke mehr anbieten kann, was existenziell für den Erhalt der Arbeitsplätze und Sicherung der Gewerbesteuer-Einnahmen ist. Wo will sie möglichst schnell (es eilt!) neue Industrie- und Gewerbeflächen schaffen?
Die Stadt kann ebenso keine Baugrundstücke mehr für junge Familien anbieten. Was hat SW für eine Zukunft ohne sie? Die Stadt ist überaltert und gerät immer mehr in eine demografische und somit auch soziale Schieflage, die alles gefährdet!
Diese beiden für SW fundamentalen, Existenz gefährdenden Versäumnisse Remelés wären doch eine Steilvorlage für sie als OB-Kandidatin!