Ein Neujahrsempfang ist gute Tradition in einer Stadt wie Schweinfurt. Eine gute Gelegenheit, bei der sich geladene Gäste aus Politik, Gesellschaft, Wirtschaft, Religion, Kultur, Sport, Wissenschaft und Bildung austauschen können. Diese Tradition in Präsenz zu pflegen, hat Corona nun schon zwei Jahre verhindert. Bevor dies dem Virus angesichts steigender Inzidenzen und neuer Viren-Varianten ein drittes Mal gelingen könnte, entschloss sich die Stadt aus dem Neujahrsempfang einen maskenfreien "Sommerempfang" zu machen – was einen Neujahrsempfang 2023 nicht ausschließt, falls dieser möglich ist.
Um es nicht komplizierter zu machen als es ist: Am 10. Juli, kalendarisch beinahe denkbar weit weg vom Jahreswechsel, wurden zwei ausgefallene Neujahrsempfänge bei einem Sommerempfang im Innenhof der Kunsthalle nachgefeiert. Der derzeit viel zitierte Begriff "Zeitenwende" definiert nicht nur die Verlegung des Neujahrsempfangs in den Sommer, sondern auch das, was Oberbürgermeister Sebastian Remelè den Gästen zu sagen hatte.
Corona: Verwaltung hat Bewährungsprobe bestanden
Beim letzten termingerecht durchgeführten Neujahrsempfang Anfang 2020, war die Pandemie nur eine Ahnung, Russlands Krieg gegen die Ukraine ein nicht für möglich gehaltenes Szenario. "Präzise mit der Kommunalwahl 2020 fiel das Virus auch in unsere Stadt ein und zwang die Verwaltung zu Einschränkungen und Maßnahmen, wie wir sie im Nachkriegsdeutschland noch nicht erlebt haben", so Remelé. Eine Bewährungsprobe, die man auch auf kommunaler Ebene trotz Einschränkungen und Defiziten mit Improvisationsgeschick und Durchhaltevermögen bestanden habe und der man sich im kommenden Herbst möglicherweise wieder wird stellen müssen. Dafür dankte der OB seiner Verwaltung und betonte die gute Zusammenarbeit mit Landkreis und Gesundheitsamt.
Hart ins Gericht ging der OB in diesem Zusammenhang mit "Corona-Leugnern", die sich vor den Karren "irrlichternder Rattenfänger und selbst erwählter Heilsbringer" spannen ließen, um die Abschaffung des Staates zu fordern, der ihnen im Rahmen seiner demokratischen Verfassung diesen Protest erst ermögliche.
Deutschlands Wehrfähigkeit auf dem Niveau von Estland
"Wir mussten schmerzhaft begreifen, dass Frieden und Wohlstand kein in Zement gegossener Dauerzustand sind", so Remelé über den russischen Angriff auf die Ukraine am 24. Februar. "Rückblickend, und mit der Weisheit des Augenblicks ausgestattet, ist unverständlich, wie wir quer durch alle Parteien zugesehen haben, wie unsere eigenen Streitkräfte so aushungerten, dass sie derzeit nur mit Mühe in der Lage sind, eine einzige voll ausgerüstete Brigade zu stellen". Ein Zustand, der dazu geführt habe, dass die gesamte deutsche Wehrfähigkeit derzeit nicht größer sei, als die der Republik Estland.
So blank wie das Militär, so verletzlich sei auch die Wirtschaft im Hinblick auf ihre Rohstoffabhängigkeit von Russland. Viele der hier ansässigen Industriebetriebe seien existenziell vom Gas abhängig, 60 Prozent der Häuser und Wohnungen haben eine Gasheizung. Auch deshalb ist für Remelé Gebot der Stunde, dass man nicht nur Kohlekraftwerke, sondern auch die verbliebenen Atomkraftwerke über die Jahreswende am Netz halte, um jede Ressource zu nutzen, die helfen könne, sich von den russischen Fesseln zu lösen. Der großflächige Ausbau von Fotovoltaik und Windkraft und die Ertüchtigung des dafür benötigten Leitungsnetzes müssten nun zügig umgesetzt werden.
"Wenn uns wirklich daran gelegen ist, Wohlstand und Freiheit zu bewahren, wird dies nicht im Schlafwagenabteil funktionieren", so der OB. "Es muss sich viel verändern, wenn wir möglichst unverändert weiterleben wollen. Hierzu werden wir nicht weniger, sondern länger und vielleicht auch härter arbeiten müssen." Schon der bevorstehende Winter werde uns wieder Verzicht lehren, befürchtet der Oberbürgermeister. Doch Verzicht müsse nicht immer weh tun. "Wenn die grellbunte vorweihnachtliche Illuminierung unsere Städte wieder auf ein gesundes Maß reduziert würde, wäre damit nicht nur der stillen und besinnlichen Adventszeit gedient."
Schwächen aufdecken, sich seiner Stärken besinnen
Um nicht zu viel Schwermut zu verbreiten riet Remelé, sich den nötigen Zweckoptimismus zu bewahren, Krisen als gesellschaftliche Aufgaben zu betrachten, Schwächen aufzudecken und sich der Stärken, die die Menschen schon angesichts der Pandemie eindrucksvoll gezeigt hätten, bewusst zu werden. "Dies wird uns manchen Tropfen Schweiß und möglicherweise auch einige Tränen abverlangen".
"Auch deshalb ist für Remelé Gebot der Stunde, dass man nicht nur Kohlekraftwerke, sondern auch die verbliebenen Atomkraftwerke über die Jahreswende am Netz halte."
Mal sehen, ob sich der Koalitionspartner zu Wort melden wird.
und da ist H.Remele dafür verantwortlich, die Laufzeiten der verbliebenen Atomkraftwerke..... ahja....
im übrigen hat er Wasser in seinem "Weinglas".....