Dritter Verhandlungstag im Prozess gegen einen 60-jährigen Speditions-Seniorchef und vier gedungene Männer aus der Pfalz, die laut Anklage den 40-jährigen leitenden Angestellten einer Partnerfirma so einschüchtern sollten, dass er seinen Job kündigt und "verschwindet".
Dass er einen entsprechenden Auftrag an einen 33-jährigen Autohändler gegeben hat, gab der 60-Jährige in einem "Entschuldigungsschreiben" zu. Er leugnete aber, dass er die drei anonymen Drohbriefe an den 40-Jährigen verfasst hat, in denen unter anderem mit "Ausbluten" und der Vergewaltigung seiner beiden Kinder gedroht wird. Dabei wurde an zwei der Schreiben mit widerwärtigstem Inhalt eindeutig seine DNA festgestellt.
Nun erzählte auf Initiative der Verteidigung einer der Söhne als Zeuge: nicht der Vater, sondern er habe die Drohbriefe geschrieben. "Erstaunlich dass die DNA Ihres Vaters dann darauf ist und sie ihren Vater monatelang in Haft sitzen lassen", sagt die Vorsitzende und erinnert den Mann an seine Wahrheitspflicht.
Als Angehöriger müsste er gar nicht aussagen, aber er besteht darauf. "Persönlicher Groll" gegen den 40-Jährigen soll sein Motiv sein: dessen nervige Fragen zu "Familie, Vermögen, Autos und der Leistungsdruck". Der Staatsanwalt glaubt ihm "kein einziges Wort" und warnt ihn. Noch könne er seine Aussage straffrei korrigieren. Ob er wegen Falschaussage neben dem Vater im Knast sitzen wolle?
"Ein Possenspiel" vor dem Landgericht
Jetzt erst zieht der Anwalt des Hauptverdächtigen die Notbremse. Nach kurzer Unterbrechung erklärt sein Mandant, er habe die Drohbriefe doch verfasst und abgeschickt. Sein Sohn erklärt seine eigene Aussage als falsch. Der Nebenkläger-Anwalt lässt ins Protokoll aufnehmen, dass er gegen den Junior des 60-Jährigen Strafanzeige wegen Falschaussage erstatten wird. "Ein Possenspiel" sei da gerade vor Gericht aufgeführt worden.
Es ist schon Nachmittag, da folgen sieben Plädoyers. Der Staatsanwalt fordert für den an der ersten Tag beteiligten jüngsten Angeklagten, der Anfang August 2022 das Opfer zusammen mit einem 22-Jährigen in Bad Kissingen mit Pfefferspray traktiert und sein Handy entwendet habe, wegen gefährlicher Körperverletzung und versuchter Nötigung eine Jugendstrafe von drei Jahren. Der 22-Jährige, der den 20-Jährigen als Mittäter benannt hat, soll mit zwei Jahren auf Bewährung davonkommen.
Siebeneinhalb Jahre für den Haupttäter?
Den 33-Jährigen, an der ersten Tat als Anstifter und bei der zweiten im Februar 2023 als Ausführender mit Schlägen und Tritten gegen den 40-Jährigen beteiligt, will der Staatsanwalt fünf Jahre hinter Gittern wissen. Für seinen 30-jährigen Mittäter seien dreieinhalb Jahre angemessen.
Für den 60-Jährigen als Anstifter der Körperverletzungen und Verfasser der Drohbriefe, die eine ganze Familie derart aus dem Leben gerissen hätten, dass sie ins Ausland fliehen musste, fordert der Anklagevertreter sieben Jahre und sechs Monate Haft. Diesen Antrag hält der Nebenklage-Anwalt für nachvollziehbar, angesichts der "Kombination aus Bedrohung und Ausführung" der Attacken gegen seinen Mandanten, die nur einer in der Hand gehabt haben könne: der Hauptangeklagte.
Alle Verteidiger halten die Strafanträge des Staatsanwalts für maßlos und überzogen. Der Anwalt des 60-Jährigen findet siebeneinhalb Jahre "zwei Etagen zu hoch", das Strafmaß müsse "mindestens halbiert" werden. Die Verteidiger der vier anderen Angeklagten, die den 40-Jährigen mit Schlägen und Tritten zur Aufgabe seines Jobs nötig wollten, forderten allesamt Bewährungsstrafen für ihre Mandanten. Das Urteil wird am 13. Oktober um 10 Uhr verkündet.