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Schweinfurt
Vergewaltigungsprozess: Gutachter erkennt auf Fotos keine Fesselungsspuren
Am achten Verhandlungstag eines Vergewaltigungsprozesses wird ein Rechtsmediziner befragt. Über seine Expertise freut sich die Verteidigung.
Landgericht und Amtsgericht Schweinfurt
Foto: Anand Anders | Landgericht und Amtsgericht Schweinfurt
Stefan Sauer
Stefan Sauer
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:46 Uhr

Anfang Juli hat der Prozess gegen einen 30-Jährigen wegen Vergewaltigung einer 26-jährigen Bekannten begonnen. Laut Anklage soll er die Frau in seiner Wohnung in einer Gemeinde nahe Schweinfurt am Nachmittag des 27. Oktober 2022 mit einem Stoffgürtel gefesselt und vergewaltigt haben. Er bestreitet dies, spricht von einvernehmlichem Sex, wie schon mehrmals davor, und seine beiden Verteidiger führen alles ins Feld, das die Glaubwürdigkeit der Geschädigten, die auch als Nebenklägerin auftritt, zu erschüttern.

Dazu gab es mehrere Beweisanträge der beiden Verteidiger. Ein Ortstermin an der damaligen Wohnung der 26-Jährigen, in der es zu einvernehmlichen sexuellen Handlungen gekommen sei, sollte Klarheit darüber schaffen, ob der Angeklagte tatsächlich in der Wohnung war – was die Geschädigte bestreitet – und diese nicht von außen einsehen konnte. Er hatte als Beweis eine Skizze von der Örtlichkeit im Prozess einführen lassen. Mit einem zweiten Beweisantrag sollte gutachterlich festgestellt werden, dass die Hände der Frau nicht, wie sie sagte, vom Angeklagten vor der Tat mit einem Stoffgürtel auf dem Rücken gefesselt worden waren.

Wortgefechte im Gerichtssaal

Dazu war nun – am achten Verhandlungstag ein knappes Vierteljahr nach Prozessbeginn – ein Würzburger Rechtsmediziner geladen, der nach der Anhörung zweier schon einmal vernommener Zeugen Aufschluss darüber geben sollte, ob der beim Angeklagten vorgefundene Stoffgürtel die auf verschiedenen Fotos festgehaltenen Hämatome und Verfärbungen an den Händen und Armen des mutmaßlichen Opfers als Folge einer Fesselung verursacht haben könnte.

Das Urteil des Gutachters fiel eindeutig aus: Mit der polizeilichen Dokumentation sei "eine Fesselung nicht zu belegen, man sieht Alltagsverletzungen", die Befunde seien "unspezifisch". Zweierlei sei denkbar: Entweder sei die Fesselung so leicht gewesen, dass sie statt Hämatome lediglich Rötungen verursacht habe und diese zum Zeitpunkt der Fotoaufnahmen, mehr als 24 Stunden nach dem Vorfall, schon nicht mehr sichtbar gewesen seien. Oder es habe keine Fesselung gegeben, so der Gutachter. Alles in allem erkannte der Gutachter in seinen gewogenen Worten "keine Befunde, die als Fesselungsspuren interpretierbar sind".

Der Wahlverteidiger lieferte sich mit dem Staatsanwalt – einmal auch mit dem Gerichtsvorsitzenden – teils heftige Wortgefechte. Am Ende komme es "auf die Zuverlässigkeit der Zeugin an", so der Staatsanwalt. Das ist die Geschädigte und Nebenklägerin. Eine Ende des Verfahrens ist noch nicht in Sicht, es könnte sich in den Advent hineinziehen.

 
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