Slow Food will alte Nutztierrassen, besondere und wilde Kulturpflanzen und traditionelle Zubereitungsarten vor dem Aussterben retten. Etwa 5000 Arche-Passagiere gibt es weltweit, 73 kommen aus Deutschland. Diese 16 hat das Convivium Mainfranken-Hohenlohe auf die Arche gebracht.
Alter fränkischer Satz
Das Alleinstellungsmerkmal im deutschen Weinbau ist Arche-Passagier seit 2016. Während in anderen Weinbaugebieten ab dem 19. Jahrhundert Reben im reinen Satz gepflanzt und auch gekeltert wurden, hat sich der alte Satz mit mehreren Rebsorten in einzelnen Lagen in Franken bis in die heutige Zeit unverändert erhalten.
Traditionell ist auch die Anbauweise: Die Reben wurden durcheinander im Weinberg gepflanzt, was einen Austausch über die Wurzeln und Bodenpilze) ermöglichte. Der Alte fränkische Satz umfasst heute nur noch eine Rebfläche von 7,5 Hektar – das sind 0,12 Prozent der gesamten fränkischen Rebfläche.
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Ostheimer Leberkäs
Die Fleischterrine mit Geschichte – und Arche-Passagier seit 2004. Der Ostheimer Leberkäs ist eine lokale Spezialität aus Ostheim vor der Rhön. Einzigartig wird sie dadurch, dass sie entgegen des Namens kein Mitglied der in Süddeutschland bekannten und beliebten Leber- und Fleischkäse ist. Sondern eine gebackene Terrine, die eigentlich in Deutschland keine Tradition hat. Ein Metzger aus Ostheim brachte die Idee einst aus Frankreich mit, wo er die Herstellung schätzen lernte. Er entwickelte ein Rezept mit Schweinebacken, Schweineleber und Muskelfleisch, das im Wesentlichen bis heute unverändert ist. Eingeweiht in die Herstellung sind bis heute nur Ostheimer Metzger.
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Rhönschaf
Das königliche Schaf mit römischem Nasenprofil ist Arche-Passagier seit 2005. Es gehört zu den ältesten deutschen Schafrassen und ist mindestens seit dem 16. Jahrhundert im Mittelgebirge der Rhön verbreitet und an die rauen Bedingungen angepasst. Berühmt wurde das Rhönschaf, als Napoleon sein wohlschmeckendes Fleisch bei seinem Rückzug 1813 entdeckte. Er war davon so begeistert, dass er den Import von Schlachttieren durch Wanderherden von der Rhön bis nach Paris veranlasste. Das geschätzte Tier wurde in Frankreich „mouton de la reine“ – Schaf der Königin genannt. Charakteristisch: der schlanke Kopf mit schwarzem Gesicht. Das Fleisch: zart und würzig.
Schwäbisch-Hällisches Landschwein
Die schwarz-weißen Schweine sind geschätzt für ihr feines Fleisch – und auf der Arche seit 2014. Das Schwäbisch-Hällische Landschwein wurde Anfang des 19. Jahrhunderts in Württemberg, in der Region Hohenlohe um Schwäbisch Hall, aus dem chinesischen Jinhua-Schwein und dem damaligen Landschwein gezüchtet. Durch die asiatische Einkreuzung hat das genügsame Landschwein die guten Eigenschaften des Jinhua-Schweines erhalten: hohe Fruchtbarkeit, Umgänglichkeit und hervorragende Fleischqualität. Die steigende Nachfrage nach Magerfleisch begann die als zu fett geltende Rasse bereits in den 1960er Jahren aus der Produktion zu verdrängen.
Frankenwälder Kartoffel
Die alte Landsorte aus dem Frankenwald ist seit 2014 Arche-Passagier. Die „Schwarzblaue Frankenwälder Kartoffel“ steht auch auf der „Roten Liste der gefährdeten einheimischen Nutzpflanzen in Deutschland“. Sie wurde in den 1980er Jahren von Liebhabern und Sammlern alter Kartoffelsorten im nördlichen Frankenwald aufgefunden und nach ihrem Aussehen und dem Fundort benannt. Die Schwarzblaue trägt rundliche, häufig richtig kugelförmige Knollen. Ihre Größe variiert sehr stark – je nach den Wachstumsbedingungen des Jahres. Die Sorte treibt erst spät aus. Die Kartoffeln kommen im Mai in den Boden, Ernte ist im Oktober. Kocheigenschaft: „mehligkochend“.
Mangold Sennfelder Stiel
Das mildes Gemüse mit dem breitem Stängel ist Arche-Passagier seit 2017 – und es stammt aus dem unterfränkischen Gärtnerdorf Sennfeld bei Schweinfurt. Gegen Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts züchtete die Sennfelder Gemüsebäuerin Maria Bandorf durch traditionelle Auslese vorhandener Mangoldpflanzen ein Gemüse, das breitere Stiele bildete. Der Sennfelder Stiel zeichnet sich durch einen fünf bis sieben Zentimeter breiten, weißen, kräftigen, aber flachen Stängel und ein relativ dünnes, hellgrünes Blatt aus. Der Geschmack: mild, fein und leicht süß. Heute sind es nur noch zwei Gemüsebaubetriebe, die das Saatgut für den Sennfelder Stiel vermehren.
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Tauberschwarz
Die frühreife Rebsorte aus dem gemischten Satz fährt auf der Slow-Food-Arche schon seit 2007 mit. Die Rebsorte wurde in Tauberfranken seit dem 16. Jahrhundert als Teil des „Huntsch“ angebaut: ein Wein, der als „gemischter Satz“ aus mehreren einfachen Weinen eines Weinbergs angebaut und gekeltert wurde. Mitte des 19. Jahrhunderts gab es Tauberschwarz-Rebflächen nur noch in den Weinlagen von Laudenbach und Weikersheim, dann verschwand die Sorte fast komplett – und galt als ausgestorben. Dank einer „Rettungsaktion“ sind heute im ganzen Taubertal wieder zwölf Hektar bestockt. Der Rotwein: fruchtig, leicht, unkompliziert mit Zartbittertönen.
Weideochse vom Limpurger Rind
Die älteste Rinderrasse Baden-Württembergs entstand nach dem Dreißigjährigen Krieg aus Kreuzungen des Roten Landviehs mit Allgäuer Vieh. Ihren Namen haben die Rinder von der Grafschaft Limpurg, deren Hügelland die Rasse ebenso prägte wie die Haltungsbedingungen. Die Weideochsen werden ungewöhnlich groß und schwer, ihr Fleisch ist außergewöhnlich zart, saftig und wohlschmeckend. 1963 zählte man nur noch einen Bullen und 17 Kühe im Herdbuch des Zuchtverbands. Heute sind es wieder knapp 600 Kühe in rund 90 Betrieben.
Bamberger Hörnla
Die alte fränkische Kartoffel zählt zu den ältesten Arche-Passagieren überhaupt. Früher wurden die fingerförmigen, gekrümmten Knollen per Hand gepflanzt und geerntet. Mit dem verstärkten Einsatz von Maschinen ab 1950 verschwand das Hörnchen weitgehend von den Feldern. Weil das Bamberger Hörnla, das einen besonders feinen, leicht nussigen Geschmack hat, nie züchterisch bearbeitet wurde, wird es von Schädlingen und Krankheiten bevorzugt heimgesucht. Der hohe Pflegeaufwand bei sehr niedrigem Ertrag macht es zum reinen Liebhaberprodukt – trotz des besonders feinen, leicht nussigen Geschmacks und der schön „speckigen“ Konsistenz.
Bamberger Knoblauch
Eine mild-scharfe Haussorte aus der Gärtnerstadt, Arche-Passagier seit 2014. Der Bamberger Knoblauch ist eine lokale Ausprägung und wird nur noch in drei Gärtnereien angebaut. Der Knoblauchanbau hatte im 19. Jahrhundert eine große wirtschaftliche Bedeutung in Bamberg. Getrocknete Knoblauchzwiebeln wurden in Büscheln zu 100 und zu 30 Stück verkauft und waren fester Handelsartikel auf den Herbstmärkten. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Gemüsekultur immer unwichtiger, Bamberger Knoblauch hielt nur noch als Frischware den Importen eine Zeit lang stand. Dass er überhaupt überlebt hat? Liegt wohl an seinem herausragenden Geschmack.
Bamberger Rauchbier
So schmeckte Bier in vorindustrieller Zeit! Das Bamberger Rauchbier ist seit zwei Jahren in der Arche des guten Geschmacks. Die traditionelle Herstellungsart mit Rauchmalz hat in Bamberg eine lange und durchgängige Tradition. Dabei wird das grüne, also noch feuchte Malz nicht in den heute üblichen rauchfreien Trocknungsanlagen gedarrt, sondern durch den heißen Rauch vom offenen Holzfeuer getrocknet. Einst hatte Bier ausnahmslos – nicht nur in Bamberg – einen deutlichen Rauchgeschmack, weil man das Malz nicht rauchfrei trocknen konnte. Erst seit der Einführung der neuen Trocknungstechnik im 19. Jahrhundert wurde Rauchbier zur Besonderheit.
Bamberger Rettich
Der scharf-aromatische Sommerrettich ist Arche-Passagier seit 2014. Der Begriff „Bamberger Rettich“ steht für eine früher große, heute sehr kleine Zahl von Haussorten lokaler Gärtner. Von sieben bekannten Sorten werden nur noch vier vermarktet, drei wachsen noch im Bamberger Sortengarten. Der Rettich ist robust, verträgt Kälte relativ gut und kann im Frühjahr früh ins Freiland gesät werden. Er steht auch auf der Roten Liste der gefährdeten einheimischen Nutzpflanzen in Deutschland. Der Handel mag den scharfen Rettich nicht: er ist zu ungleichmäßig in Größe und Aussehen, seine spitz zulaufende Form macht das Verarbeiten schwierig, lagerfähig ist er auch nicht.
Bamberger Spitzwirsing
Auch der zart schmeckende Kohl aus der Gärtnerstadt ist Arche-Passagier seit 2014. Der Spitzwirsing hat einen großen, lockeren Kopf mit einer längsovalen Grundform. Seine Blätter sind weit weniger „blasig“, also weniger gekräuselt und wesentlich zarter als beim Rundkopf. Die Bamberger Spezialität, die in der Roten Liste der gefährdeten einheimischen Nutzpflanzen in Deutschland aufgeführt ist, gibt es nur noch in rund zehn Haussorten bei Gärtnern in Bamberg und der Nachbarstadt Hallstadt. Sein Problem: Er ist nur eine mäßige Zeit lagerfähig, sperrig und verletzlich im Transport. Und er bringt im Verhältnis zum großen Volumen nur wenig Gewicht auf die Waage.
Coburger Fuchsschaf
Wenn von „Coburger Füchsen“ die Rede ist, ist dieses Herdentier gemeint. Das rötlich schimmernde Schaf aus Franken fährt seit vergangenem Jahr auf der Slow-Food-Arche mit. Es ist ein schlichtwolliges deutsches Landschaf. Die mittelgroßen Tiere haben zierliche Beine und schmale Köpfe – jeweils unbewollt aber rotbraun behaart. Charkteristisch: die leicht nach außen gewölbte Nasenpartie, etwas abstehende Ohren – und keine Hörner. Coburger Füchse können gut marschieren, sind anpassungsfähig, robust und genügsam. Sie verwerten auch Wildgräser auf mageren Böden und eignen sich für die Landschaftspflege.
Fatschenbrunner Hutzelbirne
Erst seit 2018 sind die Hutzeln von den Baumfeldern in Fatschenbrunn in den Haßbergen ein Arche-Passagier: Vom Notvorrat in kargen Zeiten sind sie zur vielfältig eingesetzten Delikatesse und gesunden Süßigkeit geworden. Hutzeln sind Dörrbirnen, die mit Stumpf und Stiel in holzbeheizten Därren traditionell getrocknet werden. Sie enthalten konzentriert alles, was die Birne wertvoll macht: intensive Aromen, Vitamine, Nährstoffe. Die Birnen für die Hutzeln aus Fatschenbrunn stammen aus extensiv bewirtschafteten Feldern und Streuobstbeständen mit über 30 verschiedenen Sorten von bis zu 180 Jahre alten Hochstammbäumen.
Gelbvieh
Das gelbe Rind aus Franken ist Arche-Passagier seit 2018. Wie der Name schon nahelegt: ein einfarbig gelbes Rind mit meist hellem fleischfarbenem Flotzmaul – der Verschmelzung von Nasenlöchern und Oberlippe. Zu seiner Blütezeit Ende der 1950er Jahre gab es in Deutschland über 800 000 Rinder der Rasse. Wie bei allen Mehrnutzungsrassen führte die Mechanisierung der Landwirtschaft erst zum Rückgang der benötigten Ochsen als Arbeitstiere, dann verdrängten Hochleistungsmilchkühe das Gelbvieh auch in der Milchproduktion. Das Gelbvieh hat ein ruhiges Temperament – und ein feinfaseriges, gut marmoriertes Fleisch, das hervorragend schmeckt.