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Schweinfurt
Sieben Teddykaninchen im Landkreis Schweinfurt ausgesetzt: "Diese Tiere wurden wochenlang vernachlässigt"
Nachts wurden die verfilzten Tiere vor dem Haus einer hiesigen Tierschützerin ausgesetzt. Diese bleibt jetzt auf den Tierarztkosten sitzen. Das Unverständnis ist groß.
Diese zwei Teddykaninchen und fünf weitere wurden jüngst im Landkreis Schweinfurt ausgesetzt. Sie sollen in schlechtem Zustand gewesen sein. Auf den Kosten bleibt die Finderin nun sitzen.
Foto: Raffaela Göhrig | Diese zwei Teddykaninchen und fünf weitere wurden jüngst im Landkreis Schweinfurt ausgesetzt. Sie sollen in schlechtem Zustand gewesen sein. Auf den Kosten bleibt die Finderin nun sitzen.
Désirée Schneider
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:27 Uhr

Eines Morgens im September hätten sie einfach vor dem Hoftor einer Bekannten gestanden: sieben Kaninchen, drei Weibchen, vier Männchen, "zusammengepfercht in einem einzigen Käfig, der Boden voller Kot und Urin", beschreibt Raffaela Göhrig die Situation.

Die 40-Jährige aus dem Landkreis Schweinfurt ist seit 13 Jahren ehrenamtlich im Kaninchenschutz aktiv. Einen Fall wie diesen habe sie bisher aber noch nicht erlebt. "Der Zustand der Kaninchen ist selbst für mich äußerst erschütternd", sagt Göhrig. Ausgeprägte Verfilzungen an den Hinterteilen der Tiere deuten ihrer Einschätzung nach darauf hin, dass diese bereits seit Längerem nicht mehr richtig gepflegt wurden. "So etwas passiert nicht von heute auf morgen. Diese Tiere wurden wochenlang vernachlässigt", sagt Göhrig.

Abgeladen worden seien die Kaninchen heimlich nachts bei einer Bekannten im Schweinfurter Umland, die sich ebenfalls ehrenamtlich im Tierschutz engagiere, so Göhrig. Die Pflege habe sie jedoch überfordert, da Kaninchen nicht ihr Fachgebiet seien. Deshalb habe sie Raffaela Göhrig um Hilfe gebeten.

Angst vor weiteren ausgesetzten Tieren in Schweinfurt

Ihren Namen und Wohnort möchte die Finderin nicht öffentlich nennen – zu groß sei die Angst vor weiteren Abgaben. "Das spricht sich rum wie ein Lauffeuer, und dann stellen die Leute mir immer wieder Tiere vor die Türe. Das macht mir Angst. Darauf bin ich nicht ausgelegt", sagt sie im Gespräch mit dieser Redaktion.

Trotzdem habe sie die Kaninchen zunächst erstversorgt und zur Untersuchung in eine Tierarztpraxis gebracht. Einige der bereits geschlechtsreifen Tiere seien recht dünn gewesen, litten zum Teil unter Durchfall. Zudem war keines der Kaninchen sterilisiert oder kastriert – ein immenses Problem, so Göhrig: "Kaninchen werden schon mit zwölf Wochen geschlechtsreif. Ich hatte Angst, dass ich hier bald 20 Kaninchen sitzen habe." Bestätigt habe sich diese Befürchtung zum Glück jedoch nicht.

Die Hinterteile der ausgesetzten Teddykaninchen waren stark verfilzt und verdreckt. Da die Tiere sehr langes Fell haben, sind sie recht pflegeintensiv.
Foto: Raffaela Göhrig | Die Hinterteile der ausgesetzten Teddykaninchen waren stark verfilzt und verdreckt. Da die Tiere sehr langes Fell haben, sind sie recht pflegeintensiv.

Auf mehreren hundert Euro Kosten für die Kastration der Männchen werde die Finderin voraussichtlich aber sitzen bleiben. Ein Umstand, für den Göhrig wenig Verständnis aufbringen kann. "Ich finde das Aussetzen von Tieren nicht nur moralisch höchst verwerflich, sondern auch völlig respektlos gegenüber demjenigen, bei dem man die Tiere 'ablädt'. Man zwingt schließlich einen Wildfremden dazu, nicht nur die Arbeit und die Verantwortung zu übernehmen, sondern wälzt in erster Linie auch die mit den Tieren einhergehenden Kosten auf diese Person ab", sagt sie.

Wo sind die Elterntiere der ausgesetzten Kaninchen?

Stattdessen empfiehlt sie überforderten Tierbesitzerinnen und -besitzern, bei Tierschutzorganisationen, privaten Tierschutz-Aktiven oder dem Tierheim um Hilfe zu bitten. "Es wird niemand verurteilt, dem etwas über den Kopf wächst oder der sich unüberlegt Tiere angeschafft hat. Aber dann muss ich mir Hilfe suchen, bevor die Tiere so verwahrlost sind", sagt sie.

Große Büschel musste Raffaela Göhrig aus dem Fell der Teddykaninchen herausschneiden, um sie von den Verfilzungen zu befreien.
Foto: Raffaela Göhrig | Große Büschel musste Raffaela Göhrig aus dem Fell der Teddykaninchen herausschneiden, um sie von den Verfilzungen zu befreien.

Denn ausgesetzte Tiere brächten eine weitere große Schwierigkeit mit sich, erklärt Sabrina Habenstein, Mitarbeiterin im Tierheim Schwebheim: "Das Problem ist, dass man einfach nichts über die Tiere weiß. Sind sie entwurmt, kastriert, geimpft? Wie alt sind sie?" Besser sei es deshalb immer, persönlich um Hilfe zu bitten, sagt sie: "Auch wenn wir keine Kapazitäten haben sollten, könnten wir zumindest eine Perspektive bieten, dass wir die Kaninchen zum Beispiel in zwei Wochen aufnehmen können."

Woher die sieben Kaninchen kommen, darüber kann Raffaela Göhrig nur Vermutungen anstellen. "Teddykaninchen sind extrem selten", sagt sie. Sie vermute deshalb, dass sie aus einer privaten Züchtung in der Region stammen könnten. Das Tierheim Schwebheim habe vor Jahren einmal mehrere Teddykaninchen aufgenommen, erinnert sich Sabrina Habenstein. "Aus einer Sicherstellung", sagt sie. Genaueres wisse sie allerdings nicht.

Mittlerweile haben die Kaninchen bei Raffaela Göhrig ein temporäres Zuhause gefunden. Ziel sei es aber, sie in kundige Hände weiterzuvermitteln, sagt sie. Eine Sache mache ihr allerdings noch Sorgen. "Für mich sieht keines der Tiere nach einem richtig erwachsenen Elterntier aus. Deswegen frage ich mich: Was ist mit den Eltern?"

 
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Kommentare
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  • Désirée Schneider
    Guten Tag Herr Albert,
    vielen Dank für Ihre Nachricht. Lassen Sie mir gerne über meine Autorenseite eine E-Mail mit Ihren Kontaktdaten zukommen, dann kann ich diese an die Finderin der Kaninchen weiterleiten. Ob sie zu einer Kontaktaufnahme bereit ist, liegt dann ganz bei ihr.

    Mit freundlichen Grüßen
    Désirée Schneider (Autorin)
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  • Roland Albert
    Hallo Mainpost, bitte stellen Sie den Kontakt her, ich würde mich an den Tierarztkosten beteiligen, damit die Person nicht auf den Kosten alleine sitzen bleibt.
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