
"Ich habe nicht nachgedacht". Mit diesen Worten räumt ein 29-Jähriger, dem in mehreren Fällen sexueller Missbrauch von Kindern vorgeworfen wird, vor Gericht alle gegen ihn erhobenen Vorwürfe ein. Der junge Mann, der unter Betreuung steht und dem eine Gutachterin eine gewisse Intelligenzminderung bescheinigt, erspart damit zumindest den beiden betroffenen minderjährigen Mädchen detaillierte Befragungen.
Im Mai 2019 kontaktierte der Mann per WhatsApp eine damals Elfjährige, verstrickte sie in einen Chat und forderte sie auf, Nacktaufnahmen von sich zu machen und sie ihm zu schicken. Dabei gab der heute 29-Jährige an, zwölf Jahre alt zu sein. Das Mädchen jedoch übergab das Handy ihrer Mutter, die sofort wusste "da stimmt was nicht", wie die Mutter im Zeugenstand aussagte. Sie ging damit zur Polizei.
Im September und Oktober kontaktierte der Mann eine damals 13-Jährige, der gegenüber er sich als 16-Jähriger ausgab. Wie schon im ersten Fall untermauerte er seine falsche Altersangabe dadurch, dass er dem Mädchen ein im Netz gefundenes Bild eines Jungen ungefähr diesen Alters zuschickte. Im Rahmen von Video-Chats und Telefonaten forderte der Mann das Mädchen wiederholt zu "Telefon-Sex" auf, wie es in der Anklageschrift heißt. Sein Ziel: Das Mädchen sollte an sich unterschiedliche sexuelle Handlungen ausführen, damit er sich anhand dieser Eindrücke sexuell befriedigen konnte.
Bei "Lisa 9 Jahre alt" war Endstation
Im November 2019 gerät der Mann im wahrsten Sinn des Wortes an den Falschen. Ein heute 20-Jähriger will Pädophilen im Internet eine Falle stellen und sie entlarven. Dafür gibt er sich als "9 Jahre alte Lisa" aus. Der Angeklagte wird auf diesen erfundenen Account aufmerksam, gibt sich "Lisa" gegenüber als 13-jähriger Junge aus und schickt ihr Bilder seiner entblößten Genitalien. Gleichzeitig fordert er das vermeintlich 9 Jahre alte Mädchen auf, ihm ähnliche Bilder von sich zu schicken. Als dies nicht geschah, stellte er als "Gegenleistung" Einkaufs-Gutscheine für das Internet in Aussicht.
Der junge Mann, der diesen "Lisa-Account" angelegt hatte, räumte im Zeugenstand ein, dass die Sache sehr schnell eskaliert sei und er umgehend, und wie geplant, mit dem Chatverlauf zur Polizei ging. "Idealistisch, aber schwierig", sei seine Aktion gewesen, bescheinigt die Vorsitzende Richterin dem jungen Mann. Denn nach aktueller Rechtsprechung ist der Besitz kinderpornografischer Bilder strafbar, auch wenn die von einem Straftäter übermittelt wurden.
Da der 29-jährige Angeklagte die meisten seiner Aktivitäten mit dem von einem Bekannten geliehenen Handy abgewickelt hat, stand die Polizei zunächst vor der falschen Tür. Der "Handy-Verleiher", ebenfalls als Zeuge geladen, musste sich eine Hausdurchsuchung und die Überprüfung seiner mobilen Endgeräte gefallen lassen, bevor klar war, dass er damit nichts zu tun hat.
Der voll geständige Beklagte hat von sich aus bereits seine Bereitschaft erklärt, sich in sexualtherapeutische Behandlung zu begeben. Das Verfahren wird am 14. Februar fortgesetzt.