Es lässt sich bereits nach kurzer Zeit absehen: Das Ruftaxi "Callheinz" ist der Renner. "Ohne dass wir uns auf die Schulter klopfen wollen: 'Callheinz' ist sehr gut gestartet und kommt bei den Leuten an", zieht Bernhard Hornig als Beauftragter für den Nahverkehr im Landratsamt Kitzingen eine erste Bilanz. Mit seinem Kollegen Michael Graber vom Schweinfurter Landratsamt ist er für das neue Angebot im Öffentlichen Personennahverkehr in Teilen der Landkreise Kitzingen und Schweinfurt zuständig.
Die Beliebtheit des Ruftaxis wird noch deutlicher, wenn man die konkreten Fahrgast-Zahlen aus dem Einsatz von Kleinbussen und Fahrzeugen in Teilen der Landkreise Schweinfurt und Kitzingen nimmt. "Wir hatten im Mai rund 1400 Fahrgäste bei 1100 Fahrten, im Juni waren es 2800 Personen bei 2200 Fahrten", so Hornig. Die Tendenz sei steigend, zwischen 90 bis 100 Buchungen gingen aktuell täglich über Handy-App, E-Mail, oder auch über die Nummer beim eigens eingerichteten Callcenter ein.
"Callheinz" soll Lücken im Nahverkehr auf dem Land schließen
Ziel des Ganzen ist es, die oft schlecht an das Netz des Öffentlichen Personennahverkehrs angebundenen kleinen Dörfer und Orte besser erreichbar zu machen. Der neu geschaffene Service soll mit seinen Fahrzeugen die Lücken im Nahverkehr auf dem Land in Teilen der Landkreise Kitzingen und Schweinfurt schließen. Seit 2. Mai ist die Flotte mit sechs Fahrzeugen, Kleinbussen und Autos unterwegs, die günstig bis in den letzten Winkel fahren, wenn sie gebucht werden. Bei dem Ganzen handelt es sich um ein Modellprojekt, das in den beiden benachbarten Landkreise bis 2028 laufen soll. Finanziert wird es vom Freistaat Bayern.
Das Verkehrsunternehmen Burlein in Abtswind ist für die Fahrzeuge und die Fahrer zuständig. Sechs Fahrzeuge wurden angeschafft, vier Autos sind an den sieben Tagen im Zwei-Schicht-Betrieb unterwegs. "Wir fahren häufig in kleine Dörfer", heißt es dort bei der Frage nach den Zielen der Fahrgäste. Vor allem nachmittags ist "Callheinz" nahezu jeden Tag fast ausgebucht. Zum Arzt, zur Arbeit, zur Schule, ins Schwimmbad, zum Ausgehen, zu allen möglichen Anlässen wird der Mobilitätsservice genutzt.
Autor Andreas Stöckinger spricht mit Fahrer und Fahrgästen
Wer fährt mit? Wohin geht es? Wie funktioniert das System? Am besten ausprobieren. Also steigen wir an einem Nachmittag ein. Fahrer ist Robert Konczalski, ein Pole, der in der Region lebt. Er war unter anderem sieben Jahre Taxifahrer in London, zuletzt Lkw-Fahrer. "Es sind jeden Tag andere Gäste, viele junge Leute und Schüler. Das ist einfach und kostet nichts", schildert er seine Erfahrungen. Für Schüler ist es kostenlos, ebenso für Besitzer des Deutschland-Tickets. Sonst zahlt man den jeweiligen ÖPNV-Tarif.
Die Berechtigungen sind vor der Fahrt vorzuzeigen. Man kann auch bar bezahlen für die gebuchte Fahrt, was etwa zehn Prozent der Fahrgäste tun, so Konczalski. Der erste Fahrgast ist ein Jugendlicher, von Wiesentheid nach Volkach, Kumpels besuchen. Ab und zu fahre er mit dem 'Callheinz', auch am Wochenende, sagt der junge Mann.
Der zweite Auftrag geht wieder von Wiesentheid aus, diesmal nach Dingolshausen. Max Rentzsch lässt sich von der Arbeit nach Hause fahren. Warum? "Bei mir im Dorf fährt kein Bus." Aktuell habe er keine Mitfahrgelegenheit, also nutze er den Service hin und zurück.
Nicht überall auf den Routen funktioniert das Navi
Dazwischen erzählt Konczalski von Problemen, etwa mit dem Internet. Nicht überall auf den Routen funktioniere das Navi, weil das Internet zu schlecht sei. "In Michelau geht es nicht, da muss ich vorher schauen, wo der Haltepunkt ist."
Schließlich fahren wir von Donnersdorf nach Gerolzhofen, die junge Sophie Eirich will zu ihrem Freund. "Ich nutze das öfters, viele Freundinnen und Freunde auch. Mit dem Handy geht das Buchen ganz einfach." Dann geht es zurück nach Traustadt, wo Anton Leistner wartete. "Ich fahre zweimal die Woche zur Musikschule nach Gerolzhofen und wieder zurück. Sonst machen das meine Eltern, aber die arbeiten noch", erzählt der Junge.
Alles nichts Ungewöhnliches für den Fahrer. "Die meisten wollen zum Training oder von der Schule heim. Oft bin ich auch zum Schwimmbad unterwegs", berichtete Robert Konzcalsky. Auch ältere Personen nutzen den Service, etwa um zum Facharzt zu kommen. An Wochenenden bringe er manche zu Festen oder ins Restaurant.
Die meisten "Passagiere" seien pünktlich am Abfahrtspunkt. Nur Jugendliche machten da Probleme, verspäteten sich bisweilen. Manche verstünden nicht, dass er nicht lange warten kann, weil bereits die nächste Fahrt ansteht.
Werktags von 5 bis 23 Uhr, an Sonn- und Feiertagen von 7 bis 21 Uhr
Von Seiten der Landratsämter wird das Modellprojekt aufmerksam verfolgt, das mit einigem Aufwand eingerichtet und abgestimmt wurde. Man habe die Einsatzzeiten bewusst begrenzt, an Werktagen von 5 bis 23 Uhr, an Sonn- und Feiertagen von 7 bis 21 Uhr. "Wir wollen keinen Party-Bus machen", so Michael Graber.
Die Nutzer und Nutzerinnen seien sehr zufrieden, das zeigten die Bewertungen. Natürlich gebe es Schwachstellen und Möglichkeiten zum Verbessern, meinen Michael Graber und Bernhard Hornig. "Wo wir noch Potenzial haben, ist die Pooling-Rate. Wir liegen bei 1,3 Personen pro Fahrt", so Hornig. Das stärkere Bündeln von Fahrten sei nicht einfach, weil die Software die Fahrten aufnimmt und sortiert.
Nicht nur dazu stehe man regelmäßig im Austausch mit dem Fuhrunternehmen. "Wir sind froh, dass es erst einmal so gut läuft", meint er weiter. Der Aufwand sei zwar groß, vor allem finanziell. Hornig schätzt, dass über die fünf Jahre "ein nicht unerheblicher siebenstelliger Betrag" anfällt. Der wird zum Großteil über die staatliche Förderung abgedeckt. Dafür habe man mit "Callheinz" gerade für ländliche Gebiete die Möglichkeit, den Nahverkehr an die Leute zu bringen, ergänzt sein Kollege Michael Graber.
Dass das Modell auch über 2028 hinaus bestehen bleibt, können beide sich durchaus vorstellen. Demnächst wollen es weitere Landkreise wie Rhön-Grabfeld oder Würzburg probieren.