Es war ein ganz normaler Donnerstagmittag im Januar, als in der Schweinfurter Degnerstraße plötzlich Schüsse zu hören sind. Offenbar hat jemand aus einem Fenster heraus geschossen. Anwohner rufen die Polizei, die zieht ein Großaufgebot zusammen, ein Sondereinsatzkommando (SEK) rückt an. Sirenen heulen, das Gerücht einer Geiselnahme macht die Runde.
Über mehrere Stunden harren die Beamten aus, immer wieder schallen Beleidigungen aus dem Fenster, bis sich schließlich die Wohnungstür öffnet. Darin: „nur“ zwei angetrunkene Männer Ende zwanzig, die mit einer Schreckschusspistole herumgespielt haben. Sie landeten anschließend eine Woche lang im Bezirkskrankenhaus, jetzt standen sie vor dem Schweinfurter Amtsgericht.
Die Strafen für die Schüsse: 700 und 200 Euro Bußgeld. Die Ballerei mit der Schreckschusspistole ist eine Ordnungswidrigkeit, und zwar eine „Erregung unzulässigen Lärms“. Um es mit Shakespeare zu sagen: viel Lärm um nichts. Oder?
Denn auch wenn der Anlass des Großeinsatzes am Ende in der Kategorie Knöllchen gelandet ist – das ist nur ein Teil des Urteils gegen die beiden Männer, die vor Gericht weitgehend geständig waren. Schwerer wiegen nämlich die unflätigen Wörter, die sie den Beamten aus dem Wohnungsfenster entgegengeblafft haben. Nach Aussagen mehrerer Polizisten hatten die beiden die Situation nicht richtig ernst genommen, gingen zwischendurch zum Rauchen auf den Balkon und fuchtelten mit den Armen herum.
Polizisten übel beleidigt
Wörter wie „Bullenfotzen“ und „Hurensöhne“ fielen, gemeint waren offensichtlich vor allem drei Beamte, die sich, mit einer schusssicheren Decke ausgestattet, in der Nähe des Fensters aufhielten. Folglich wurden beide Männer jeweils wegen Beleidigung in drei Fällen verurteilt. Eine Bedrohung der Beamten, wie sie in der Anklage formuliert war, konnte im Verlauf der gut sechsstündigen Verhandlung am Montag nicht festgestellt werden.
Für den einen der beiden Männer lautet der Richterspruch auf 70 Tagessätze a 40 Euro wegen Beleidigung und 700 Euro Bußgeld für den „unzulässigen Lärm“. Er ist vorbestraft, unter anderem wegen Beleidigung und Körperverletzung. Zum Zeitpunkt der Tat im Januar stand er unter Bewährung, hat nach dem 14. Januar Wohnung und Job verloren.
Der zweite Mann sitzt derzeit in Untersuchungshaft – und er wird das Gefängnis so schnell auch nicht verlassen. Neben dem „riesengroßen Mist“, wie die Richterin die Schreckschuss-Aktion nannte, waren nämlich auch noch weitere Taten angeklagt: Besitz von Betäubungsmitteln, Sachbeschädigung und eine ganze Reihe Diebstähle. Das Strafmaß: ein Jahr und drei Monate Haft plus 200 Euro Geldbuße für den Lärm. Die Staatsanwaltschaft hatte ein Jahr und neun Monate gefordert, der Verteidiger weniger als zehn Monate.
Geklaut, um die Heroinsucht zu finanzieren
In mehreren Schweinfurter Parfümerien hatte der Mann teure Düfte geklaut, dazu Schmuck beim Juwelier und Hochprozentiges im Supermarkt. Die meisten Sachen stahl er, um seine Heroinsucht zu finanzieren. Sein Vorstrafenregister ist lang, er war bereits längere Zeit in der Psychiatrie untergebracht und auch im Gefängnis. Bei den Schweinfurter Polizeibeamten ist er ein bekanntes Gesicht, selbst sein Fahrrad kennen die Polizisten.
Die Richterin betonte eindringlich, dass die beiden Männer Menschen in Angst und Furcht versetzt haben dürften. Ein Zeuge hatte gesagt, einer der Männer habe auch auf Passanten gezielt – konnte es aber keinem der beiden klar zuordnen. So blieben sie von einem härteren Urteil verschont.