Stadtbäume stehen unter Dauerstress. Abgase, Bodenversiegelung, Streusalz und der Urin der Hunde nehmen vor allem das Grün am Straßenrand hart ran. Kommen Hitze und Dürre dazu, haben Schädlinge ein leichtes Spiel und die in Schweinfurt bevorzugten Ahornbäume, Hainbuchen, Eschen, Platanen, Eichen, Robinien und Linden kämpfen ums Überleben. Den Bäumen helfen will jetzt eine Initiative, die von gleich zwei Arbeitsgruppen der Lokalen Agenda angeregt ist: Die Baumpatenschaft.
Auf das Thema machte die Redaktion ein Leserbrief von Angela Merz aufmerksam, die sich bei Temperaturen von bis zu und über 30 Grad über den kühlen Schatten unter den täglich gegossenen Bäumen im eigenen Garten in der August- Deubert-Straße (Gartenstadt) freut und meint, dass ein jeder helfen und zum Überleben der Straßenbäume beitragen kann. "Werden Sie Baumpate. Holen sie Eimer und Gießkanne aus dem Keller. Suchen Sie Mitstreiter. Die Lage ist sehr ernst", schreibt Angela Merz.
Dass man handeln müsse, meinen auch ihr Mann Roland, Sprecher der Agenda-Gruppe "Nachhaltigkeit in der regionalen Wirtschaft", die die Zukunftsfähigkeit der Region und der Kinder sichern will, und die Agenda-Gruppe "Grün findet Stadt". Schlau haben sich deren Mitglieder am Beispiel von Nürnberg gemacht, wo es seit einigen Jahren Baumpatenschaften gibt und wo man reichlich Mitstreiter gefunden hat.
In Nürnberg waren 50 Wasserpatenschaften im vergangenen Jahr in wenigen Tagen vergeben. Bei der Aktion verpflichten sich per Vertrag Bürger, aber auch Schulen, Kindergärten oder etwa die Mitarbeiter einer Firma oder eines Amtes, einen oder mehrere Bäume bei großer Hitze zweimal wöchentlich mit jeweils 200 Liter Wasser zu gießen. Nach einer Einweisung darf in Nürnberg das Wasser aus den Hydranten entnommen werden. Für die Bepflanzung der Baumscheibe, welche die Erde vor Austrocknung schützt, gibt es einmalig 50 Euro und entsprechende Informationen, denn es muss nicht immer der Buchsbaum sein, der gepflanzt wird. Je nach Standort (sonnig, schattig) kommen Stauden, Zwiebelpflanzen und kleine Sträucher in Frage, beispielsweise Frauenmantel, Vergissmeinnicht, Lilien, Seggengras, Akelei, Lavendel oder Hauswurz.
Neben dem Gießen und Pflanzen kümmert sich der Baumpate um das Jäten und die Sauberkeit. In Nürnberg ist ein schützender Zaun (bis zu 50 Zentimeter hoch) möglich. Die Baumkontrolle (Verkehrssicherungspflicht) und das Schneiden der Bäume betrifft den Paten nicht.
Registriert sind vom Stadtgartenamt 25 000 Stadtbäume in Schweinfurt. In dem vom Stadtrat akzeptierten Alleenkonzept der Stadtgärtner ist eine zusätzliche Begrünung möglichst aller Stadtbereiche sowie ein kontinuierliches und planmäßiges Vorgehen bei der Erneuerung der Bestände definiert. Festgeschrieben ist zudem die Berücksichtigung der Wuchsbedingungen an den Standorten und der Einsatz von möglichst vielfältigen Baumarten zur Risikominimierung angesichts des Klimawandels.
Notwendig wurde das Strategiepapier auch durch das Alter vieler Stadtbäume, die in den 1920er- bis 1950er-Jahren gepflanzt wurden und den Vitalitätshöhepunkt erreicht haben. Bei den Neupflanzungen will das Stadtgartenamt darauf achten, dass den Bäumen ähnlich viel Platz wie den Autos gegeben wird. Aktuell sind es bei den Straßenbäumen im Schnitt nur vier Quadratmeter. Für einen Parkplatz sind dagegen zwölf Quadratmeter veranschlagt.
Gegossen werden die Stadtbäume in Schweinfurt schon jetzt von den Stadtgärtnern. Vom Frühjahr bis in den Herbst sind dafür ständig drei Wasserwägen unterwegs. Trotzdem kam es in den trockenen Sommern 2018/19 zu vielen Dürre- und Hitzeschäden.