Bis zu 80 Prozent ihrer Beschäftigten außerhalb der Produktion haben die großen Schweinfurter Betriebe nach Aussage mehrerer Pressesprecher sprichwörtlich nach Hause geschickt. Vor 2020 von den ein oder anderen schon genutzt, ist Homeoffice mit Beginn der Pandemie Standard geworden. Und nicht zuletzt drängt der Staat seit dem zweiten harten Lockdown Arbeitgeber verstärkt darauf, dieses Instrument einzusetzen. Wie sehr die Betriebe es nutzen, ist unterschiedlich. Doch vor allem die Großen setzen deutlich auf Homeoffice. Natürlich dort, wo es möglich ist, also in allen Bereichen außerhalb der Produktion – von Verwaltung, Produktmanagement bis hin zur Entwicklung. Weniger Menschen, die zur Arbeit fahren, das heißt aber auch weniger Pendlerverkehr. Und das ist in Schweinfurt deutlich spürbar.
Die Jagd nach Parkplätzen ist spätestens seit Beginn des zweiten Lockdowns spürbar einfacher, und nicht nur das. Auch der Verkehr hat deutlich nachgelassen und in den Stadtbussen sitzen aktuell zwischen 55 und 60 Prozent weniger Fahrgäste als im Vorjahr. Dabei, so Dirk Wapki von den Stadtwerken, spiele Homeoffice eine Rolle, neben der Schließung von Handel, Gastronomie und Freizeiteinrichtungen. Trotzdem halte man den Regelfahrplan ohne Schülerverkehr in vollem Umfang aufrecht. Es fahren also gleich viel Busse für weniger Menschen. Ähnlich dürfte es auch in den Bussen aussehen, die vom Landkreis aus in die Stadt rollen.
Doch der Weg mit Bus oder Bahn, zu Fuß oder mit dem Fahrrad ist nur einer von vielen zur Arbeit. Die meisten, so scheint es nach einer Recherche bei großen Schweinfurter Unternehmen, nehmen das eigene Auto, um zur Arbeit zu fahren. Fahren viele nicht, spart das natürlich nicht nur Zeit und Geld, sondern auch Kohlendioxyd (CO2). Wie viel, das lässt sich nicht ermitteln. Zu viele Faktoren sind nicht bekannt: Wer fährt mit Bus, Bahn, Fahrrad oder Auto, wer nutzt Fahrgemeinschaften – und welche Strecken werden zurückgelegt? Diese Zahlen haben die Arbeitgeber nicht. Und die genaue Zahl der Arbeitnehmer im Homeoffice gibt keiner der Befragten heraus.
Wie viel CO2 verursacht ein Pendler in der Woche?
Allerdings lässt sich aus den Angaben zu Homeoffice oder mobilem Arbeiten in den befragten Unternehmen einiges ableiten. Offenbar arbeitet ein großer Teil der Beschäftigten von zu Hause aus, dadurch fallen Pendlerfahrten von Arbeitnehmer aus der ganzen Region weg. Nehmen wir ein Beispiel: Angenommen, ein Arbeitnehmer aus Würzburg, Vollzeitstelle, fährt fünf Tage die Woche alleine mit seinem Auto nach Schweinfurt. Rund 46 Kilometer hin und zurück, und das die ganze Woche. Macht 460 Kilometer die Woche. Der durchschnittliche Verbrauch für einen Benziner wird mit 7,8 Liter auf 100 Kilometer angegeben. Also tankt der Pendler aus Würzburg jede Woche rund 36 Liter Benzin nur für den Weg zur Arbeit. Laut Kraftfahrt-Bundesamt entstehen bei der Verbrennung von einem Liter Benzin 2320 Gramm CO2. In einer Woche durch unseren Würzburg-Schweinfurt-Pendler also 83 520 Gramm, also rund 83,5 Kilogramm. Geht man also von einer hohen Prozentzahl von Arbeitnehmern im Homeoffice aus, kommt da einiges zusammen.
Bis zu 80 Prozent sind im Homeoffice
Wie sieht es nun bei den Unternehmen aus? ZF legt seinen Beschäftigten (wo möglich) mobiles Arbeiten als "primäre Arbeitsform nahe", sagt Michael Lautenschlager. In Zahlen ausgedrückt: 70 Prozent der Arbeitnehmer außerhalb der Produktion arbeiten aktuell von zu Hause aus. Laut Unternehmenssprecher etwas mehr als noch im ersten Lockdown. ZF hat insgesamt 10 000 Mitarbeiter am Standort Schweinfurt.
Schaeffler setzt in allen Bereichen, wo es möglich ist, seit Beginn der Pandemie auf eine maximale Nutzung des mobilen Arbeitens, hat sogar eine eigene Konzernvertriebsvereinbarung dazu geschlossen. Von den Arbeitnehmern würde dies "intensiv genutzt", so Pressesprecher Marco Bosch. 4888 Menschen arbeiten bei Schaeffler in Schweinfurt, darunter Menschen aus der ganzen Region, aber auch Wochenend-Pendler.
Bei SKF arbeiten 70 Prozent der Mitarbeiter außerhalb der Fertigung im Homeoffice. 4100 Mitarbeiter hat SKF am Standort, davon rund 3000 in der Produktion. In der ersten Welle waren alle Angestellten gleichzeitig in Homeoffice, in der zweiten abwechselnd, so Presseprecherin Klara Weigand. "Alle, die wollten und die passende Umgebung zu Hause haben und hatten, arbeiten nach wie vor im Homeoffice."
Sparen sich Unternehmen Energiekosten?
Bei Bosch-Rexroth mit seinen rund 1380 Mitarbeitern in Schweinfurt arbeitet ein Großteil der Beschäftigten im Bereich Verwaltung, Produktmanagement und Entwicklung von zu Hause aus. Mobiles Arbeiten sei ein wichtiger Bestandteil des Pandemiekonzepts der Unternehmensgruppe, erklärt Pressesprecherin Nicole von Killisch-Horn. Neu ist es nicht. Schon lange sei mobiles, ortsunabhängiges Arbeiten hier Standard, werde nun aber verstärkt genutzt.
Im zweiten Lockdown erhöht hat Fresenius Medical Care den Anteil der Beschäftigten im Homeoffice. Zwei Drittel waren (außerhalb der Fertigung) vor dem zweiten Lockdown dauerhaft oder mit Unterbrechungen im Homeoffice tätig, so Pressesprecher Leif Heussen. Jetzt sind es 80 Prozent. Mit 1200 Beschäftigten ist Schweinfurt der größte Entwicklungs- und Produktionsstandort für Dialysegeräte innerhalb des Konzerns.
Wenn so viele Mitarbeiter von zu Hause aus arbeiten, sparen die Betriebe dann nicht Energiekosten? Nein, ist die einstimmige Antwort aus den Unternehmen. Denn: Diejenigen, die noch vor Ort arbeiten, werden auf die Büros verteilt. Dazu komme regelmäßiges Lüften. Sparen lasse sich da nichts.