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Schweinfurt
Schweinfurter Stadtrat beschließt: AfD soll nicht in die Aufsichtsräte der städtischen Töchter
Die AfD muss in zwei Ausschüsse der Stadt Schweinfurt, soll aber nicht in die Aufsichtsräte. Die Abstimmung war eindeutig. Warum OB Remelé anderer Meinung ist.
Die AfD-Fraktion in Schweinfurt wird in zwei Ausschüsse – den Rechnungsprüfungsausschuss und den Jugendhilfeausschuss – einziehen, nicht aber in die Aufsichtsräte der städtischen Töchter.
Foto: Josef Lamber | Die AfD-Fraktion in Schweinfurt wird in zwei Ausschüsse – den Rechnungsprüfungsausschuss und den Jugendhilfeausschuss – einziehen, nicht aber in die Aufsichtsräte der städtischen Töchter.
Lisa Marie Waschbusch
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:55 Uhr

Der Vorschlag aus der Stadtverwaltung, der AfD einen Platz in den Aufsichtsräten der städtischen Töchter – Leopoldina-Krankenhaus, Stadtwerke und der Stadt- und Wohnbau GmbH (SWG) – einzuräumen, stieß in der jüngsten Sitzung des Stadtrates auf wenig Begeisterung. Hintergrund des Beschlussvorschlags ist ein Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, wonach Ausschussgremien nach dem Gebot der Spiegelbildlichkeit besetzt werden sollen. Das bedeutet, dass sich in den Ausschüssen die Stärke der im Plenum vertretenen Fraktionen möglichst genau abbilden soll.

In der Stadt Schweinfurt betrifft dies den Jugendhilfeausschuss sowie den Rechnungsprüfungsausschuss, in die nun ein AfD-Mitglied sowie ein Vertreter einziehen sollen. Für alle anderen Ausschüsse, die mit 14 Mitgliedern besetzt sind, gebe es keinen Handlungsbedarf, erklärte Finanzreferentin Anna Barbara Keck.

Das Urteil ist seit dem 24. Dezember 2022 rechtskräftig. Für die Verwaltung heißt das: Alle, bis dahin gefassten Beschlüsse bleiben wirksam, spätere Beschlüsse dagegen sind unwirksam. 

Kommunalen Aufsichtsräte unterliegen dem Gesellschaftsrecht

Auf Basis des Urteils schlug die Verwaltung im Stadtrat vor, die Besetzung der Aufsichtsräte ebenfalls anzupassen – auch wenn es rechtlich gesehen nicht nötig ist. "In der Geschäftsordnung für den Stadtrat gibt es hierzu keine Regelung, die eine Spiegelbildlichkeit vorsieht", sagte Keck. Die kommunalen Aufsichtsräte unterliegen stattdessen dem Gesellschaftsrecht. 

Was die Ausschüsse angehe, sei die Sache klar, meint Frank Firsching (Die Linke). Für die Aufsichtsräte hingegen gebe es keine rechtliche Argumentation dafür. "Die Aufsichtsräte bestehen eben nicht nur aus Mitgliedern des Stadtrates, sondern auch aus weiteren Mitgliedern", sagt Firsching.

In jedem Aufsichtsrat sei der Betriebsratsvorsitzende vertreten, in der SWG dazu noch ein Vertreter der Handwerkskammer und ein Vertreter der IG Bauen-Agrar-Umwelt. Weil man eben diese zusätzliche Expertise möchte. "Da es keine rechtliche Argumentation gibt, kann es eine politische geben", merkte Firsching an und beantragte, die Aufsichtsräte aus dem Beschlussvorschlag herauszulassen.

Für den Oberbürgermeister ist der Vorschlag "konsequent und rechtslogisch"

Ulrike Schneider (Zukunft./ödp) stimmte dem zu und ging sogar noch einen Schritt weiter. Sie warf Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) vor, dass er die AfD im Aufsichtsrat gerne an seiner Seite hätte, weil "die locker und leicht immer mitstimmen". Denn es zeige sich "seit geraumer Zeit, dass Sie von der Seite selten Widerspruch ernten". Der Widerspruch komme von denen, die jetzt entfernt werden sollen. Damit meint sie auch sich selbst – als Mitglied im Aufsichtsrat der Stadtwerke.

OB Remelé, der Schneiders Aussage ihm gegenüber als "diffamierend" bezeichnete, betonte, dass die Stadtverwaltung es für "konsequent und rechtslogisch" halte, das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs auch auf die Aufsichtsräte zu übertragen. Der Beschlussvorschlag sei "ohne Empathie oder Antipathie einer Gruppierung gegenüber" erwachsen. Er stimme gegen den Antrag von Firsching, was jedoch "nichts mit der Expertise oder Nicht-Expertise einzelner Mitglieder zu tun" habe.

Innerhalb der CSU-Fraktion gab es unterschiedliche Meinungen zu dem Beschlussvorschlag, wie Stadtrat Stefan Funk erklärte. "Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht." Er fand aber auch, dass man innerhalb einer Wahlperiode an der Zusammensetzung der Aufsichtsräte nichts ändern müsse. Vielmehr gehe es darum, wie man in Zukunft dann damit umgehe. 

AfD-Stadtrat Richard Graupner begrüßte den Beschlussvorschlag

Ein Wunsch, den auch Reginhard von Hirschhausen (Bündnis 90/Die Grünen) äußerte. "Ich würde empfehlen, dass vor der nächsten Kommunalwahl die Frage der Besetzung der Aufsichtsräte für die nächste Wahlperiode vom jetzigen Stadtrat noch bestimmt wird, sodass man abgesehen von Parteien und Mehrheiten nach dem Thema abstimmen kann."

Begrüßt wurde der Beschlussvorschlag natürlich von der AfD selbst. Stadtrat Richard Graupner sagte: "Es handelt sich um hundertprozentige Töchter der Stadt, und es besteht kein Grund hier unterschiedliche Regelungen anzuwenden." Es sei Tradition in Schweinfurt, dass die Aufsichtsräte so besetzt werden wie die Ausschüsse.

Bei nur acht Gegenstimmen stimmte der Stadtrat mehrheitlich für den Vorschlag von Frank Firsching, die Aufsichtsräte aus dem Beschlussvorschlag herauszunehmen und das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs nur auf die Ausschüsse des Stadtrates anzuwenden.

 
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Kommentare
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  • H. M.
    fragt:

    Mit welchem Recht dürfen Linksradikale über Rechtsradikale bestimmen?

    Andere Frage:

    Mit welchem Recht darf man eine Partei, wie sagt ein Franke so schön, die von größtenteils eher einfach gestrickten Mitbürgern gewählt wurde, einfach nicht beachten?

    Was machen wir Moralapostel denn dann, wenn diese Partei die von größtenteils eher einfach gestrickten Mitbürgern? gewählt wurde, 50%+ erzielt?

    Also hört auf die einfachen Menschen zu stigmatisieren!

    Schweinfurt ist BUND, aber doch nicht alle Farben werden einbezogen?

    Also nochmal, mit welchem Recht?
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  • D. H.
    Wenn sich ein CSU-Oberbürgermeister mit der AfD gemein macht, müsste doch ein Aufschrei durch die Bevölkerung gehen. Hoffentlich wird diese Aktion bis zur nächsten OB-Wahl nicht vergessen.
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  • H. M.
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  • U. S.
    Stefan Funk, Sebastian Remelé, Uli Hader und Alexander Dahms haben mit der AfD für die AfD in den Aufsichtsräten gestimmt.
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  • M. S.
    Lieber sehe ich eine streitbare, kontrovers denkende und nicht selten sicherlich auch anstrengende Dr. Ulrike Schneider im Aufsichtsrat als einen AfD-Stadtrat welcher nur deswegen im Stadtrat sitzt weil seine Partei von größtenteils eher einfach gestrickten Mitbürgern gewählt wurde.

    Am Bezug von Frau Dr. Schneider zu Schweinfurt können sich einige Kollegen ein Beispiel nehmen. Es braucht auch unbequeme Stadträte. Man denke nur an Herrn Bebersdorf.

    Unbequem mag die AfD auch sein. Aber auf eine Art und Weise unbequem, dass es nur anwidert.

    Herr Remelé gibt, wie so oft in den letzen Jahren, ein eher desaströses Bild nach außen ab. Der Begriff "vorauseilender Gehorsam" trifft es vielleicht ganz gut. Nach dem Artikel zu urteilen, gibt es keine Notwendigkeit an der momentanen Zusammensetzung etwas zu ändern.
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  • M. F.
    Vorauseilender Gehorsam des OB?
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