Letzten Samstag war es nicht soweit, um es mit den Wortspielen der Initiatoren zu halten. Das Keiner-kommt-nach-Schweinfurt-Festival, das auf den 20. Juni datiert war, entpuppte sich auch ohne Zuschauer, Künstler und Bühnen als ein voller Erfolg. Verletzte, Lärmbeschwerden oder Warteschlangen gab es keine, wie die Initiatoren des Nicht-Festivals in ihrer vorläufigen Bilanz bekanntgaben. Es ist auch dieser spitzfindige Humor, der einen Teil des Erfolgsrezeptes der kreativen Solidaritätsaktion ausmacht. Rund 32 655 Euro konnten auf diesem Wege nun bereits gesammelt werden.
"Die Solidarität in Schweinfurt und Umgebung ist der Hammer", findet Jimmij Günther vom KulturPackt für Schweinfurt. Unterstützung kam aber auch aus allen Teilen Deutschlands. Viele Schweinfurter Exilanten sollen dabei gewesen sein, selbst welche aus Spanien, die sich an der Spendenaktion beteiligt haben. Über einen Onlineshop konnten virtuelle Tickets und Catering Pakete für die imaginäre Veranstaltung geordert werden. Anders als in normalen Zeiten gab es im Gegenzug nichts zurück. Die Veranstaltungsbranche steht still. Eine Besserung ist durch das Corona-Virus nicht in Sicht. Mit den erzielten Einnahmen durch das Nicht-Festival wird die ARGE Schweinfurter Kulturakteure regionale Kulturschaffende und private Kulturinstitutionen in der schwierigen Zeit finanziell unterstützen.
Unterstützung aus den Umlandgemeinden
"Wir haben allerdings nicht nur Geld gesammelt", freut sich Ralf Hofmann von der Agentur L19: "Wir konnten durch die Aktion auch auf die Problemlage der freien Kultur und Veranstaltungsbranche aufmerksam machen". Diese fühlt sich in der Krise mitunter ziemlich alleine gelassen. Auch hier vor Ort monieren die Initiatoren von Keiner-kommt-nach-Schweinfurt, dass die "Stadt Schweinfurt zu keiner Unterstützung bereit war". Nach einem Vorgespräch mit Oberbürgermeister Sebastian Remelé formulierten die Initiatoren nach eigener Aussage vier konkrete Wünsche – eine Antwort darauf soll ausgeblieben sein. Erfolgreicher verliefen die Gespräche mit sechs Bürgermeistern aus den Umlandgemeinden und dem Landratsamt Schweinfurt, die das Solidaritäts-Nicht-Festival dann auch unterstützten.
Geschmälert hat das Nicht-Engangement der Stadt Schweinfurt den Erfolg des Nicht-Festivals dennoch nicht. "Keiner hat so viel Geld erwartet", berichtet Hofmann: "Wir sind überglücklich". Und das kommt dieser Tage in einer Branche, die durch die Pandemie völlig kaltgestellt ist, nicht so häufig vor. "Ich glaube die Leute haben begriffen, um was es geht", findet Günther. Schließlich sollen die Schweinfurter Bürger auch nach Corona noch in den Genuss von vielfältiger Kultur kommen. Dafür braucht es viel Unterstützung. Viele der Akteure und auch die Kulturstätten wie die Disharmonie, das KuK oder der Stattbahnhof können noch nicht absehen, ob sie die Krise überstehen. "Die große Solidarität, die wir durch unser Projekt erfahren, gibt uns Motivation um durchzuhalten", meint Hofmann.
"Zähe Monate" für die Kulturschaffenden
"Die Lage wird aber trotzdem nicht einfacher für uns", mahnt Diana Schmelzer vom KuK, die auch davor warnt, dass selbst mit Lockerungen "zähe Monate" für die Kulturschaffenden bevorstehen. Geringe Platzkapazitäten und hohe Auflagen, heißen in den meisten Fällen auch, dass sich der Betrieb wirtschaftlich nicht lohnen kann. Aber auch sie freut sich über die in diesem Ausmaß ungeahnte Solidarität: "Dieses Festival zeigt, welche Kraft, Kreativität und Leidenschaft in Kunst und Kultur stecken können. Das ist ganz großes Kino!"
Ebenso wenig wie die Krise, sei auch die Möglichkeit der Solidarität mit der freien Kultur in Schweinfurt nicht vorbei. Unterstützer-Tickets für das Nicht-Festival sowie unter anderem T-Shirts können weiterhin bestellt werden. Schließlich stehe – wie es sich für Festivals gehört – auch eine große Aftershowparty bevor, die allerdings auch niemals stattfinden wird. Über die exakte Verteilung der über 30 000 Euro Spenden wird ein Komitee bis zum 11. Juli tagen. Dann soll ganz transparent veröffentlicht werden, wie genau das Geld letztlich verteilt wird.