Ihr Bier verkauft die letzte Schweinfurter Brauerei, die Brauerei Roth auch ab Hof. Und im Hof hängt an einer Wand, für jeden Bierabholer unübersehbar, ein altes Blechschild, das neugierig macht. Zu sehen ist der Schriftzug der 1813 gegründeten Brauerei und darüber ein Trinkmännle. Nur: Heute findet sich das Trinkmännle auf keinem Etikett mehr, es ist verschwunden. Warum?
Der heutige Brauereichef Edgar Borst klärt auf. Die Idee, mit einer solchen Figur für den Roth‘ schen Gerstensaft zu werben, entstand nach dem Zweiten Weltkrieg. Borst schätzt die Entstehung des Blechschilds dementsprechend auf 1948/49, vielleicht auch erst Anfang 1950. Das Roth‘sche Trinkmännle fand sich natürlich auch auf den Etiketten der Flaschen, es zierte übergroß die Sudhaus-Fassade, es war allgegenwärtig.
Schweinfurt war bis in die 1980er Jahre eine echte Brauereistadt
Schweinfurt war eine Brauerei-Stadt. Wenn auch einige Braustätten noch vor dem Krieg verschwanden, wie die Brauerei Herzog im Zürch, blieb die Konkurrenz groß. In Schweinfurt gab es neben der Brauerei Roth die Brauereien Hagenmeyer (bis 1988), Wallbräu (bis 1988) und Brauhaus (bis 2015), für den Landkreis soll stellvertretend für viele andere die Werner Bräu Poppenhausen (bis 2007) erwähnt werden. Die Wernecker Brauerei schloss nach der Corona-Pandemie ihre Pforten.
Werbung für den eigenen Gerstensaft war früher also mehr als nötig und das Trinkmännle tat das, was es sollte: Es fiel auf. „Bis 1956 war alles gut, dann begann Ärger“, schildert Edgar Borst. Eine Brauerei aus Westfalen reklamierte das Copyright auf die Werbefigur. Ihr „Trinkendes Männchen“ habe frappierende Ähnlichkeit mit dem Männle aus Schweinfurt. Roth dürfe es nicht mehr verwenden.
In der Auseinandersetzung ging es hin und her, das Patentamt war im Spiel, man verhandelte, erinnert sich Edgar Borst, der 1960 als Buchhalter zur Brauerei gekommen ist, ab da jede Fortsetzung des Streits miterlebte und 1993 den Betrieb übernommen hat. 1961 meldete sich dann noch eine weitere Firma, ein Metallunternehmen aus Nordrhein-Westfalen, das die Urheberschaft für ein solches Trinkmännle für sich reklamierte.
Und der Brauerei Roth die weitere Nutzung ihres Werbemännchens ebenfalls verbieten wollte. Die kleine Schweinfurter Brauerei vom Oberen Wall gab aber zunächst nicht klein bei mit dem Hauptargument, dass man doch lediglich lokal, in einem Umkreis von maximal 30 Kilometern, mit der Figur werbe. Sollte heißen: Tut doch keinem weh.
Trinkmännle wurde 1963 schweren Herzens zu Grabe getragen
Als Lösung schlug man auch ein „verändertes Trinkmännle“ vor. Die Gegenseite war aber zu keinem Kompromiss bereit, wenngleich Borst die Geduld des Patentamtes anerkennenswert nennt. „Um weiteren Ärger, vielleicht sogar einen drohenden Rechtsstreit, zu verhindern, wurde das Trinkmännle 1963 schweren Herzens zu Grabe getragen“, sagt Edgar Borst.
Es entstand der neue, bis heute gültige, wenn auch immer mal wieder modernisierte Schriftzug "Roth Bier – Schweinfurter Brautradition". Ergänzt um das Wappen der Erbauer des „Roth‘schen Hauses“. Billig war die Entscheidung nicht, erinnert sich Edgar Borst, weil ja neue Etiketten und neues Geschäftspapier gedruckt werden mussten. Von der Fassade des Sudhauses herab grüßte das Roth‘sche Trinkmännle die Bierabholer noch einige Zeit weiter, ehe es übertüncht wurde. Erhalten blieb aber das Blechschild der letzten Braustätte in der einst an Brauereien so reichen Stadt Schweinfurt.
So geht’s zum Trinkmännle
Brauerei Roth, Obere Straße 24. Das Blechschild mit der früheren Werbefigur hängt unübersehbar im Brauereihof, Zugang über den Oberen Wall.
Das Buch "Schweinfurter Geheimnisse" ist in Kooperation zwischen der Main-Post und dem Bast Medien Verlag erschienen. Das Buch (Hardcover) kostet 19,90 Euro, hat 192 Seiten und ist durchgehend bebildert. Erhältlich im Buchhandel oder direkt beim Verlag: bestellungen@bast-medien.de (versandkostenfrei). ISBN: 978-3-946581-81-9