Den gut bezahlten Job aufgegeben, aus der Großstadt in die geliebte Heimat zurückgekehrt und hier jüngst den Lebenstraum verwirklicht: Der gebürtige Schweinfurter Swen Geis hat mitten in den Corona-Wirrungen ein fränkisches Gasthaus eröffnet. Allen Widrigkeiten zum Trotz spricht er von einer glücklichen Fügung.
Sein geliebtes Schweinfurt hat Swen Geis nie aus den Augen gelassen, selbst während seiner langen Zeit in München nicht. Auch seinen früheren Beruf nicht: Koch hatte er gelernt, später den Hotelbetriebswirt nachgelegt. Und doch landete er in einer anderen Branche, arbeitete lange für den größten Rückversicherer.
"Ich hatte aber schon immer den Traum, mein eigenes Gasthaus zu führen", erklärt er und ergänzt im gleichen Atemzug: "natürlich nur eines mit regionaler Küche". Das Kochen und die heimischen Spezialitäten zählen für den 48-Jährigen zu seinen großen Leidenschaften, ebenso wie die Schnüdel. Der bekennende Fan des FC 05 engagiert sich seit geraumer Zeit in der Vorstandschaft des Vereins. Und so ist es eine wenig verwunderlich, dass die Farben seines Gasthaus-Auftritts – neudeutsch Corporate Identity – in grün-weiß erscheinen.
Fast 200 Jahre lange Tradition als Brauereigaststätte
Im Ende Juli eröffneten "Gasthaus zum Roth" kann er seine Heimatliebe nun täglich leben. Und gleichzeitig das geschichtsträchtige Haus in der Obere Straße 24 mit seiner fast 200 Jahre langen Tradition als Brauereigaststätte unter dem Namen Roth wiederbeleben, der seit knapp zehn Jahren verschwunden war.
Selbstredend mit fränkischen Gerichten, schließlich gehe "Heimatliebe durch den Magen". Die Rinderbrühe mit Leberknödel darf auf der Karte ebenso wenig fehlen wie fränkisches Hochzeitsessen, Bratwürste, Rinderrouladen mit Blaukraut oder Schnitzel- und Fischgerichte. Die Gäste können wählen zwischen Mälzerschnitzel vom Schwein und Kalbsschnitzel, wie es beim originalen Wiener Schnitzel verwendet wird.
Weltoffen ist man im Roth, und deshalb führt die kulinarische Reise abseits der regionalen und saisonalen Küche durchaus zu kreativen Interpretationen. In seiner neu eingerichteten, hochmodernen Küche wird der Chef gelegentlich über den Tellerrand hinausblicken; doch dabei die Knöchli mit Kraut nicht vergessen. Und später einmal soll's auch Schweinfurter Schlachtschüsseln vom Brett geben. Die Regionalität sei ihm wichtig, sagt der neue Wirt. Fleisch, Gemüse, Roth-Bier, Wein, Destillate und Spirituosen, alles stammt von hiesigen Erzeugern und Familienbetrieben. "Essen mit Liebe und Trinken mit Genuss", das möchte er seinen Gästen hier bieten.
Sicher gibt es bessere Zeitpunkte für eine Eröffnung als den Sommer 2020. Den Vertrag mit der Brauerei Roth hatte er bereits im Februar unterschrieben, dann kam Corona. Dennoch nennt er es eine "glückliche Fügung", dass nach seiner Rückkehr ausgerechnet ein Gasthaus frei wurde wie er es sich erhofft hatte. Der Familie Borst von der Brauerei Roth ist er dankbar für ihre Unterstützung, unter anderem bei den Modernisierungsarbeiten. Der ureigene Charme der Brauereigaststätte ist erhalten geblieben, mit dunkler Holzvertäfelung an den Wänden im Gastraum, die mit den neuaufgezogenen, hellen Tischplatten harmoniert.
Bei den Arbeiten stieß Geis auf unbekannte Zeichnungen mit Schweinfurter Ansichten, ein Teil davon ist nun im Lokal zu sehen. Der schmucke Innenhof wird als Außenbereich genutzt. Und für die Fläche direkt hinter dem markanten Hoftor hat er sich eine Neuerung einfallen lassen: Dort gibt es jetzt einen gemütlichen Stehausschank, für den "Ratsch auf ein Helles". Wer dann doch länger bleibt, kann sich auf den Sitzflächen in den Mauernischen mit ihren schönen Rundbögen niederlassen.
Wenn der neue Pächter hier so steht und seine Geschichte erzählt, dann will er keinesfalls mit dem Schicksal hadern. Auch wenn er nicht wusste, wann er öffnen darf. Seit 30. Juli läuft nun der Betrieb, vier Wochen später als geplant, gleichwohl mit Einschränkungen.
Das Positive überwiegt dennoch für ihn. "Ich hatte immer die Hoffnung, dass es weitergeht. So ist es auch eingetreten. Durch Corona hatte ich sogar mehr Zeit für die Vorarbeiten und für mein Konzept. Dass mich meine Familie ebenfalls tatkräftig unterstützt hat, war für mich eine große Hilfe. Und jetzt ist der Moment da, jetzt kann ich endlich meinen Traum leben."
Sie können noch anfügen, dass Jakob Lieblein ein gebürtiger Schweinfurter ist und das nicht das einzige war, was er in SW erstellt hat.