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Schweinfurt
Schweinfurter Bestatter hilft im Erdbebengebiet in der Türkei: "Müssen 200 bis 300 Tote am Tag versorgen"
Der Verein DeathCare hilft den Einsatzkräften in der Türkei bei der Bergung von Toten. Unter den Helfenden ist auch ein Schweinfurter.
Mehr als eine Woche nach den verheerenden Erdbeben in der Türkei und in Syrien ist die Hoffnung gering, noch weitere Überlebende unter den Trümmern zu finden. Eine Gruppe deutscher Bestatter hilft aktuell ehrenamtlich bei den Bergungsarbeiten im Krisengebiet.
Foto: Abed Alrahman Alkahlout/Quds Net News via ZUMA Press/dpa | Mehr als eine Woche nach den verheerenden Erdbeben in der Türkei und in Syrien ist die Hoffnung gering, noch weitere Überlebende unter den Trümmern zu finden.
Lisa Marie Waschbusch
 |  aktualisiert: 08.02.2024 22:32 Uhr

Mit Applaus seien die ehrenamtlichen Bestatter aus Deutschland am Flughafen in Istanbul empfangen worden, bevor es für sie ins Krisengebiet nach Kahramanmaraş weitergegangen sei, berichtet Ralf Michal dieser Redaktion. Michal leitet ein Bestattungsunternehmen in Schweinfurt und ist auch Präsident des Bundesverbands Deutscher Bestatter (BDB). Er steht regelmäßig mit den Helfenden in Kontakt. In dem Flugzeug, das am Mittwochmorgen in Frankfurt startete, saß auch einer seiner langjährigen Mitarbeiter, Marco Pfister.

Pfister zählt zu einem zehnköpfigen Team des Vereins DeathCare, das mehr als eine Woche nach dem verheerenden Erdbeben in der Türkei und in Syrien dabei hilft, Tote zu bergen und zu bestatten, damit sich die örtlichen Einsatzkräfte nicht darum kümmern müssen. "Die ehrenamtlichen Mitglieder nehmen die Verstorbenen entgegen, bringen sie zu den Sammelcamps, desinfizieren sie und bringen sie dann zu den Friedhöfen, auf denen sie bestattet werden sollen", sagt Michal. Je nach Schwere der Verletzung seien auch rekonstruktive Maßnahmen nötig.

Michal: Viele der Toten müssen erst noch identifiziert werden

Zudem müssten viele der Toten vor der Beerdigung noch identifiziert werden. Betroffen schildert Michal die Geschichte dreier Kinder, die er von den Helfenden erzählt bekommen habe. Sie hätten am Sammelplatz für Verstorbene nach ihren Eltern gesucht und sie dann unter den Toten entdeckt. "Den psychischen Druck können Sie sich vorstellen, der da auf den Helfern lastet", erzählt Michal.

Der Bestatter Ralf Michal ist Präsident des Bundesverbands Deutscher Bestatter.
Foto: Anand Anders | Der Bestatter Ralf Michal ist Präsident des Bundesverbands Deutscher Bestatter.

Eine erste Delegation der Ehrenamtlichen war bereits am vergangenen Donnerstag ins Krisengebiet gereist. Michal selbst sei zuvor in Berlin gewesen und habe der Bundesregierung in seiner Funktion als BDB-Präsident die Hilfe angeboten, berichtet er. Der Bundesverband ist die Dachorganisation des Vereins DeathCare.

Von der türkischen Regierung sei gleich am Folgetag die Information gekommen, dass ein Flieger zur Verfügung stehe. In der Türkei sei die Gruppe vom türkischen Innenminister Süleyman Soylu dankend empfangen worden. Zusätzlich zu dem Team von DeathCare seien auch zwei Dolmetscher vor Ort.

Psychische und physische Unterstützung

Als Bestatter habe man jeden Tag mit dem Tod zu tun, sagt der Schweinfurter. Doch in der Türkei müsse das Team aktuell zwischen 200 und 300 Verstorbene am Tag versorgen. Michal sagt: "Das machen die normalerweise in einem Jahr." Die Truppe sei eine wesentliche psychische und physische Unterstützung für die örtlichen Einsatzkräfte. Die Bestatter seien Experten im Bereich Rekonstruktion und Konservierung. Sie seien es gewohnt, "mit Menschen umzugehen, die durch äußere Gewalteinwirkung nicht mehr so aussehen, wie sie normalerweise aussehen", sagt er.

An diesem Donnerstag kehrt die erste Delegation aus der Türkei nach Deutschland zurück. Auch Michal will am Frankfurter Flughafen dabei sein, wenn die Helfenden ankommen. "Die haben seit einer Woche nicht mehr geduscht und ihre Kleidung gewechselt, die müssen sich erstmal regenerieren und einfach nur mal schlafen", sagt der Schweinfurter Bestatter. Sieben Tage seien sie im Einsatz gewesen – teilweise auch nachts. "Weil immer noch weitergesucht wird und die Kräfte immer wieder Verstorbene finden." 

Das Team von DeathCare Germany ist bundesweit organisiert und war auch bei dem Erdbeben in der Türkei 1999 sowie dem Tsunami in Thailand 2004/2005 vor Ort, um humanitäre Hilfe zu leisten. In der Organisation engagieren sich rund 40 selbstständige Bestatter aus Deutschland, die zusätzlich eine Spezialausbildung zum Thanatopraktiker – also zum Spezialisten für die Einbalsamierung, Rekonstruktion und Konservierung von Leichen – absolviert haben.

 
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Kommentare
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  • m.schmitt.stadtlauringen@gmail.com
    Meine Hochachtung und meinen Respekt an die Personen welche sich dieser schweren Aufgabe annehmen und helfen.

    Das geht sicher auch weit über die Aufgaben und den Alltag eines normalen Bestatters hinaus. Schon ohne diese "Aufgabe" ist Bestatter ein Beruf vor dem ich persönlich wirklich sehr viel Respekt habe.
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