Nach den verheerenden Erdbeben der türkisch-syrischen Grenzregion steigt die Zahl der Toten und Verletzten stündlich. Laut Medienberichten gehen die Behörden vor Ort mittlerweile von mehr als 11.000 Todesopfern aus. Neben der internationalen Hilfe laufen derweil auch in Schweinfurt Hilfsaktionen für Betroffene an. "Das Ausmaß der Katastrophe ist erheblich und nicht beschreibbar", sagen die Vorsitzenden der beiden großen türkischen Glaubensgemeinden, Mehmet Ciy (Ditib) und Fatih Bilir (IGMG), in Schweinfurt.
Ciy und Bilir äußern sich bestürzt über die Katastrophe in der Türkei. Stündlich erreichen die beiden Bilder und Videos von Familienangehörigen und Bekannten, die dort unter Trümmern nach Vermissten suchen. "Es gibt noch viele Betroffene aus Schweinfurt und unseren Gemeinden, deren Angehörige drüben sind und von denen wir nichts hören", sagt Mehmet Ciy.
Ciy selbst stammt aus der vom Erdbeben stark betroffenen Region Antakya, im Südosten der Türkei. "Von mir liegen noch zwei Cousins unter den Trümmern, von denen wir noch kein Lebenssignal haben", sagt er. Der Rest seiner dort lebenden Familie sei wohlauf. Das Erdbeben betrifft Ciys Informationen zufolge ein Gebiet von zehn Großstädten, in dem rund zehn Millionen Menschen leben. "Die Hilfskräfte kommen gar nicht mehr nach", sagt Ciy. Erschwerend hinzu kämen die Kälte und der Schnee, die derzeit in der Region herrschen.
Decken, Jacken und warme Kleidungsstücke gesammelt
In einer ersten Aktion sammelten die Jugendorganisationen der beiden Gemeinden Decken, Jacken und warme Kleidungsstücke zusammen, die mit einem Lastwagen in die Türkei geschickt werden. Dabei handle es sich jedoch um eine einmalige Aktion, sagt Ciy. Wichtiger seien finanzielle Soforthilfen. Hierfür haben sowohl die Ditib als auch IGMG Spendenkonten eröffnet.
Ciy sagt: "Wir verweisen alle weiteren Hilfsanfragen auf unsere Spendenkonten. Dort kommt die Hilfe am schnellsten und gezieltesten bei den Betroffenen an." Neben den Konten können die finanziellen Hilfen auch persönlich in den beiden Moscheen in der Schrammstraße 6 (IGMG) und der Wirsingstraße 15 (Ditib) in Schweinfurt abgegeben werden.
Der Ditib-Vorsitzende zeigt sich überwältigt vom Mitgefühl aus der Bevölkerung. "Die Anteilnahme und die Solidarität in der Gesellschaft, vor allem in Schweinfurt, ist enorm", sagt Ciy. Neben türkischen würden sich auch deutsche Organisationen und Bürgerinnen und Bürger bei ihm melden. "Wirklich die gesamte Gesellschaft ohne Rücksicht auf Nationalität, Religion und Hautfarbe hält zusammen", so Ciy.
Alevetische Gemeinde sammelt Kleider und Nahrungsmittel
Mahmut Gezici von der Alevetische Gemeinde Schweinfurt stammt ebenfalls aus Antakya. Im Gespräch mit der Redaktion erklärt der Schonunger, dass sowohl sein Onkel als auch seine Tante in einer kleinen Stadt mitten im Erdbebengebiet leben. "Ich hab mit meiner Familie telefoniert und es geht ihnen gut", sagt Gezici. Zwar sei er erleichtert, dass es allen gut gehe, dennoch sei die Situation ernst.
"Alle Häuser und alle Straßen der Stadt sind kaputt", sagt Gezici. Die Menschen könnten nicht in ihre Wohnungen zurück und müssten in Autos oder Zelten auf freien Plätzen schlafen. Bis Freitag sammeln er und die Alevetische Gemeinde in der Johann-Georg-Gademann-Straße 7 in Schweinfurt deshalb Taschenlampen, Babykleidung und elektronische Heizlüfter. "Alles, was man für schlechte Tage braucht", sagt Gezici. Auch Wasser und haltbare Nahrungsmittel würden benötigt. Die Sammelstelle habe von morgens bis abends geöffnet.
Menschen in Syrien "vom Krieg gebeutelt"
"Für die Menschen in Syrien ist die Naturkatastrophe eine Doppellast", sagt Mahmoud Shatat, Vorsitzender der Arabischen Moschee Deutschsprachiger Muslime in Schweinfurt. Mit rund 500 Mitgliedern zählen Shatat und seine Glaubensgemeinschaft zu den kleineren Moscheen der Stadt, die in erster Linie syrische Muslime vertritt. Gerade in Syrien seien die Menschen vom Krieg gebeutelt und daher auf Hilfe angewiesen, erklärt der Vorsitzende. Viele dort würden in absoluter Armut, abgeschnitten von der Außenwelt leben. "Das ist ein Kriegsgebiet. Da gibt es keine Flughafen oder größere Häfen", verdeutlicht er.
Um genügend Geld und Güter zusammenzubekommen, sammele seine Gemeinde deshalb in den kommenden vier Wochen Spenden ein. Damit, so Shatat, wolle man auch sichergehen, dass das Geld letztlich an den passenden Schnittstellen, wie dem Roten Kreuz landet. Geld- und Sachspenden können zu den Öffnungszeiten der Moschee in der Johann-Georg-Gademann-Straße 11 abgegeben werden. Ein Spendenkonto besteht bisher nicht.
Ayfer Rethschulte: "Mein Vater stammt aus der Gegend"
Ayfer Rethschulte, Stadträtin für die Grünen und dritte Bürgermeisterin von Schweinfurt, erreichte die Nachricht über die Katastrophe in ihrer ehemaligen Heimat auf dem Weg zur Arbeit. "Es hat mich sehr getroffen. Mein Vater stammt aus der Gegend", sagt Rethschulte im Gespräch mit dieser Redaktion. Auch wenn sie zuletzt als Kind in der Region zu Besuch gewesen sei, bestünde eine emotionale Verbundenheit mit den Menschen im Krisengebiet. Rethschulte ist in Istanbul geboren und wuchs als Kind von Gastarbeitern im Schweinfurter Stadtteil Oberndorf auf.
"So banal es klingt: Geldspenden, denke ich, sind das, was am besten ankommt", sagt Rethschulte. Diese ließen sich an verschiedenen Stellen einbringen, etwa bei den Moscheen, Privatpersonen oder dem Roten Kreuz. Eine Empfehlung, wo die Spenden am besten aufgehoben sind, wolle sie allerdings nicht aussprechen. Sie sagt: "Jeder da, wo er spenden möchte."
Über Bekannte aus der Türkei habe Rethschulte außerdem erfahren, dass technische Geräte und aktive Helferinnen und Helfer vor Ort im Augenblick am dringendsten benötigt werden. Als gelernte Kinderintensivfachschwester am Leopoldina Krankenhaus in Schweinfurt und Muttersprachlerin habe sie ihre Hilfe beim Roten Kreuz angeboten, um eventuell selbst in die Türkei reisen zu können. Allen anderen empfehle sie, Decken und Kleidungsstücke aus der eigenen Garderobe zu spenden. "Ich hoffe, dass die Hilfe schnell ankommt, insbesondere auch für die Menschen in Syrien."
Spendenkonto der Ditib Schweinfurt: DE47 7935 0101 0022 0706 35
Ländliche Bereiche sind vielfach extrem rückständig und nicht sonderlich entwickelt. Wer das nicht glaubt sollte sich mal auf eine "Abenteuerreise" ins ursprüngliche Landesinnere begeben und nicht nur am Strand urlauben.
In diesem Fall fällt der türkischen Regierung die sich gerne als moderner Staat präsentiert ihre vergangene Politik auf den Kopf. Jetzt zeigt sich, dass viel vergangenes Handeln nichts als leeres Geschwätz gewesen ist. Die Türkei benötigt auf jeden Fall Hilfe von außen, da bin ich mir sicher.
Absolut unkoordiniert so eine Hilfe, ein Transport kostet Unmengen, geladen wird mit den genannten Artikeln weitgehend wertlose Ware!
Gebrauchte Kleidung, Decken etc. können im Regelfall auch vor Ort gespendet werden. Die Erfahrung zeigt das gebrauchte Kleidung, Decken etc. das erste sind was nicht benötigt wird. Weil "das Zeug" einfach jeder spendet.
Sinnvoller sind Geldspenden, damit können gezielt benötigte Sachen gekauft werden bzw. Hilfe organisiert werden. Zudem spart man den Transport.
Zudem sollen man auch schauen wohin man spendet, die im Artikel genannten Organisationen sind leider sehr umstritten. Da gibt es sicherlich "bessere" Anlaufstellen für eine Spende.
Soll alles keine Kritik sein, sondern ein gut gemeinter Hinweis!