Ein wunderbares Bild im Rathausinnenhof, ein nachdenklich stimmender Abend bei der Feier zum zehnten Jahrestag der Gründung des Bündnisses für Demokratie und Toleranz "Schweinfurt ist bunt". Als die 75 Mitgliedsorganisationen mit ihren Mitstreitern und vielen bunten Fahnen kamen, war das ein ermutigendes Bild ob der Vielfalt und Verankerung des Bündnisses in der Gesellschaft.
Allerdings wurde im Laufe des Abends auch klar: Nach zehn Jahren ist noch lange nicht Schluss für das Bündnis. Der Kampf gegen Rassismus, Antisemitismus und Rechtsradikalismus ist aktueller denn je. "Jetzt ist der Moment, wo wir alle Haltung zeigen müssen, wo die Privilegierten vorangehen und Vorbild sein müssen", brachte es der Journalist und Buchautor Robert Andreasch auf den Punkt, der seit über 20 Jahren im rechten Millieu recherchiert und darüber schreibt.
Frank Firsching, auf dessen Initiative unter anderem 2010 die Gründung des Bündnisses zurückgeht und der heute auch dem Verein vorsteht, freute sich sichtlich über den Zuspruch in der Rathausdiele. "Wir feiern das Richtige, nämlich zehn Jahre Schweinfurt ist bunt", betonte er. Dass vor zehn Jahren knapp 10 000 Menschen sich aufmachten und "das Grundgesetz und seine Werte" verteidigten, begeistere ihn: "Es waren Stunden gelebter Solidarität, da geht mir heute noch das Herz auf." Es sei richtig und wichtig, dass das Bündnis "durch konsequentes Handeln Rassismus und Rechtsradikalismus immer wieder die Rote Karte gezeigt hat."
Lob für die Arbeit des Bündnisses gab es von Landrat Florian Töpper (SPD), Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) und Stephan Doll, dem Vorsitzenden der Allianz gegen Rechtsextremismus aus Nürnberg. Ein Thema beschäftigte alle: Die Wahl des mittlerweile zurück getretenen FDP-Ministerpräsidenten Thomas Kemmerich im Thüringer Landtag mit Hilfe der AfD sowie der FDP und CDU.
Frank Firsching empfand das als "geschichtsvergessen und verantwortungslos". "Es ist eine große Gefahr, sich in die Abhängigkeit von braunen Gesellen zu begeben", erklärte er mit Blick auf den thüringischen AfD-Landesverband, dem mit Björn Höcke "ein Mann vorsteht, den man gerichtsfest Faschist nennen darf".
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Im Zusammenhang mit der Thüringen-Wahl dankte Firsching dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) für dessen klare Abgrenzung zur AfD, die es in expliziter Deutlichkeit auch von Söders Parteikollegen und Oberbürgermeister Sebastian Remelé gab: "So lange ich Oberbürgermeister bin, wird es keine wie auch immer geartete Zusammenarbeit mit der AfD geben."
Diese Partei, so der OB, "kann niemals eine Alternative für Deutschland sein, sie darf hier nie den Boden wie in Thüringen bekommen". Remelé, der am 1. Mai 2010 an seinem ersten Tag im Amt als Oberbürgermeister an der damaligen Demonstration teilnahm und sprach, mahnte aber auch, mit den Wählern der AfD im Dialog zu bleiben.
Landrat Florian Töpper forderte ein "starkes Immunsystem gegen Rassismus und rechtes Gedankengut", ein Baustein sei die Arbeit von "Schweinfurt ist bunt", an deren Veranstaltungen er oft teilgenommen und gesprochen hat. Meinungsfreiheit sei ein hohes Gut, so der Landrat, "man muss aber auch Tabus sehen, wenn bestimmte Meinungen mindestens moralische Verbrechen sind, wenn man Menschen ihre Würde abspricht". Dagegen Haltung zu zeigen, fordere jeden Bürger.
Festredner Michael Czygan, Politik-Redakteur der Mediengruppe Main-Post in Würzburg, lobte die Arbeit des Bündnisses: "Sie werden weiter gebraucht, gehen Sie raus, verlassen Sie die eigene Filterblase, seien Sie kritisch." Czygan gab tiefe Einblicke in die mitunter auch in Unterfranken schwierige Recherche für Journalisten im rechten Milieu, illustriert mit einem Filmausschnitt einer Wügida-Kundgebung 2015 in Würzburg, bei der der Organisator den Redakteur Czygan beschimpft und beleidigt und dafür Applaus bekommt.
"Unabhängig, überparteilich", das ist das Motto dieser Zeitung, die "Haltung für Pluralismus" zeigt, so Czygan. Gerade Journalisten hätten in den vergangenen zehn Jahren durch die sozialen Medien lernen müssen, ihr eigenes Tun zu hinterfragen, es aber auch transparent zu machen den Lesern gegenüber. Es gebe keine Patentlösung, doch genau hinschauen, recherchieren und aufklären sei wichtiger denn je. Man dürfe aber auch auf das Narrativ der Rechten nicht hereinfallen, weswegen man in der Mediengruppe auch immer wieder intensiv diskutiere.
In der von André Kessler (TV Mainfranken) moderierten Gesprächsrunde mit Bürgermeisterin Sorya Lippert, Journalist Robert Andreasch, Pfarrer Burkhard Hose vom Bündnis Zivilcourage Würzburg sowie der stellvertretenden Schweinfurt-ist-bunt-Vorsitzenden Marietta Eder ging es um einen Rückblick auf die letzten zehn Jahre und den Ausblick für die Arbeit des Bündnisses.
Burkhard Hose ist überzeugt, "der Bündnisgedanke wird immer wichtiger, es braucht einen langen Atem". Dass "Schweinfurt ist bunt" mehr denn je gebraucht wird, davon ist Marietta Eder überzeugt: "Der Feind der Demokratie steht rechts, nirgends anders. Wir sind mehr, wir sind stärker, wir arbeiten für ein friedliches und demokratisches Schweinfurt."
Am Samstag Vormittag hatte es eine Aktion des Bündnisses zum Thema Flucht und Migration auf dem Marktplatz gegeben. Unter dem Motto "Schuhe.KZ.Flucht" gab es eine Performance von Babs Günther. Außerdem berichtete Uwe Gratzky über seine Erfahrungen als aktiver Flüchtlingshelfer im Mittelmeer auf dem Seenotrettungsschiff "Alan-Kurdi".