Gegen den für 1. Mai in Schweinfurt angekündigten Aufmarsch rechtsextremer Gruppen hat sich am Montagabend ein „Bündnis für Demokratie und Toleranz“ gegründet. „Schweinfurt ist bunt, nicht braun“, lautet das Motto, und dementsprechend ist auch die Zusammensetzung der beigetretenen 41 Gruppen, Parteien und Organisationen. Deren über 120 Vertreter füllten das Kolpinghaus bis auf den allerletzten Platz. Zur von den Medien viel beachteten Gründung hatte der DGB aufgerufen, dessen Regionschef Frank Firsching mit dieser Resonanz nicht gerechnet hatte, aber hocherfreut war, dass so viele „ein gemeinsames Zeichen gegen den Rechtsradikalismus setzen wollen“.
Abspaltung der NPD
Wie berichtet, plant ein „Freies Netz Süd“ am Tag der Arbeit einen Aufmarsch in Schweinfurt, möglicherweise am gleichen Tag auch in Würzburg. Beim „Freien Netz Süd“ handelt es sich um eine Abspaltung der NPD, so DGB-Sekretär Norbert Zirnsak. Zum Bruch mit den Nationaldemokraten sei es vor etwa zwei Jahren gekommen. Das Netz der Rechtsextremen stammt großteils aus dem süddeutschen Raum, soll 52 Einzelgruppen umfassen, eine davon in Schweinfurt, die sich „Freie Kräfte“ nennt und die durchaus militant auftrete. 2009 konnte die oberpfälzische Stadt Weiden einen ersten Aufmarsch des Netzes mit 500 Teilnehmern nicht verhindern. Der DGB schließt nicht aus, dass die Rechtsradikalen in Schweinfurt mit bis zu 1000 Anhängern auftreten. Da das „Freie Netz Süd“ auch bei der Stadt Würzburg einen Aufmarsch für den 1. Mai angemeldet hat, sei denkbar, dass sie vormittags in Schweinfurt und nachmittags in Würzburg aufmarschieren. In Würzburg hat der DGB deshalb ebenfalls zur Gründung eines demokratischen Bündnisses aufgerufen: am 18. Februar um 19 Uhr im Kickers-Stadion.
Gegendemonstration und Aktionen in Schweinfurt wird eine noch am Montagabend formierte Vorbereitungsgruppe planen, der elf Bündnispartner angehören. Es wird eine Homepage eingerichtet und zum schnellen Informationsaustausch eine E-Mail-Kontaktbörse geschaffen. Der redaktionell leicht veränderte Gründungstext wurde einstimmig angenommen.
Ohne eine Größenordnung zu nennen, rechnet das Bündnis mit einer sehr hohen Zahl an Gegendemonstranten, sollte das rechte Netz tatsächlich am 1. Mai in Schweinfurt auftreten. „So groß, wie es irgendwie geht“, sagte Firsching. Der DGB-Regionschef machte aber auch klar, wie die Aktionen ablaufen sollen: „friedlich und gewaltfrei“.
Den 1. Mai als rechtsextremen Aufmarschtag nannten mehrere Redner eine „Perversion“, weil die Ideologie der Rechten gerade nichts mit den Zielen diesen Tages zu tun habe: Bekenntnis zu Freiheit und Frieden, soziale Gerechtigkeit, Völkerversöhnung und Menschenwürde. „Wir müssen den Nazis zeigen, dass „wir mit rechter Demagogie nichts zu tun haben wollen“, sagte Zirnsak.
Dem Bündnis hat sich im Beisein von sieben Stadt- und fünf Kreisräten sowie auffällig vielen jungen Menschen ein buntes Spektrum aller Gesellschaftsgruppen angeschlossen. Darunter Parteien wie Die Linke, SPD (mit Jusos), Grüne, Prosw, SWL, Piratenpartei, ÖDP, DKP, MDLP, die evangelischen und katholischen Dekanate mit Untergliederungen, sieben Gewerkschaften und mehrere Vertrauenskörper, der Stadtjugendring, KAB, BDKJ, KJG, Wohlfahrtsverbände wie AWO und VdK, Integrationsbeirat, ai, die Arbeitskreise Asyl und gegen Rassismus, Initiative gegen das Vergessen, Arbeitslosengruppen, Naturfreunde, Aleviten, Russlanddeutsche, BA-BI, Stattbahnhof, Integrationsbeirat der Stadt, Verband der Verfolgten, GeoNet und Bund für Geistesfreiheit.
„Faschismus ist keine Meinung“
In ihren kurzen Statements erinnerten viele Sprecher daran, dass zahllose ihrer Mitglieder unter der Nazidiktatur gelitten hätten, gefoltert und getötet worden seien. Dass die Nachfahren „dieser Verbrecherbande“ heute wieder marschierten, sei eine Frechheit, so eine Wortmeldung. Weitere Aussagen: „Kein Fußbreit den Faschisten“, „Faschismus ist keine Meinung, das ist ein Verbrechen“, „die Nazis sind brauner Müll, Umweltverschmutzung pur“.
Viel Beifall gab es für die Nachricht von SPD-Stadtrat Herbert Wiener, dass die Fördervereine der drei Partnerstädte Schweinfurts beitreten werden und eine Delegation aus Chateaudun am 1. Mai kommen will. Das Bündnis rechnet mit weiterem Zulauf von Gruppen, Parteien und Organisationen, die am Gründungsabend verhindert waren.
Wie recht Silone damit hatte, erkennt man daran, dass schon wieder einmal Menschen als Müll und Umweltverschmutzung pur bezeichnet werden. Herr Staatsanwalt übernehmen Sie...
Ein kleines, m. E. jedoch nicht unwesentliches, Detail: Wir sollten auch in der Wortwahl zivilisiert bleiben.
Mobilisieren ja.
Scharfmachen nein.