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SCHWEINFURT
Buntes Bündnis gegen „braunen Müll“
Schweinfurt ist bunt, nicht braun: DGB-Sekretär Norbert Zirnsak verliest bei der Versammlung des Schweinfurter Bündnisses gegen den am 1. Mai geplanten Naziaufmarsch den Gründungstext.
Foto: hANNES hELFERICH | Schweinfurt ist bunt, nicht braun: DGB-Sekretär Norbert Zirnsak verliest bei der Versammlung des Schweinfurter Bündnisses gegen den am 1. Mai geplanten Naziaufmarsch den Gründungstext.
Von unserem Redaktionsmitglied Hannes Helferich
 |  aktualisiert: 26.04.2010 11:27 Uhr

Gegen den für 1. Mai in Schweinfurt angekündigten Aufmarsch rechtsextremer Gruppen hat sich am Montagabend ein „Bündnis für Demokratie und Toleranz“ gegründet. „Schweinfurt ist bunt, nicht braun“, lautet das Motto, und dementsprechend ist auch die Zusammensetzung der beigetretenen 41 Gruppen, Parteien und Organisationen. Deren über 120 Vertreter füllten das Kolpinghaus bis auf den allerletzten Platz. Zur von den Medien viel beachteten Gründung hatte der DGB aufgerufen, dessen Regionschef Frank Firsching mit dieser Resonanz nicht gerechnet hatte, aber hocherfreut war, dass so viele „ein gemeinsames Zeichen gegen den Rechtsradikalismus setzen wollen“.

Abspaltung der NPD

Wie berichtet, plant ein „Freies Netz Süd“ am Tag der Arbeit einen Aufmarsch in Schweinfurt, möglicherweise am gleichen Tag auch in Würzburg. Beim „Freien Netz Süd“ handelt es sich um eine Abspaltung der NPD, so DGB-Sekretär Norbert Zirnsak. Zum Bruch mit den Nationaldemokraten sei es vor etwa zwei Jahren gekommen. Das Netz der Rechtsextremen stammt großteils aus dem süddeutschen Raum, soll 52 Einzelgruppen umfassen, eine davon in Schweinfurt, die sich „Freie Kräfte“ nennt und die durchaus militant auftrete. 2009 konnte die oberpfälzische Stadt Weiden einen ersten Aufmarsch des Netzes mit 500 Teilnehmern nicht verhindern. Der DGB schließt nicht aus, dass die Rechtsradikalen in Schweinfurt mit bis zu 1000 Anhängern auftreten. Da das „Freie Netz Süd“ auch bei der Stadt Würzburg einen Aufmarsch für den 1. Mai angemeldet hat, sei denkbar, dass sie vormittags in Schweinfurt und nachmittags in Würzburg aufmarschieren. In Würzburg hat der DGB deshalb ebenfalls zur Gründung eines demokratischen Bündnisses aufgerufen: am 18. Februar um 19 Uhr im Kickers-Stadion.

Gegendemonstration und Aktionen in Schweinfurt wird eine noch am Montagabend formierte Vorbereitungsgruppe planen, der elf Bündnispartner angehören. Es wird eine Homepage eingerichtet und zum schnellen Informationsaustausch eine E-Mail-Kontaktbörse geschaffen. Der redaktionell leicht veränderte Gründungstext wurde einstimmig angenommen.

Ohne eine Größenordnung zu nennen, rechnet das Bündnis mit einer sehr hohen Zahl an Gegendemonstranten, sollte das rechte Netz tatsächlich am 1. Mai in Schweinfurt auftreten. „So groß, wie es irgendwie geht“, sagte Firsching. Der DGB-Regionschef machte aber auch klar, wie die Aktionen ablaufen sollen: „friedlich und gewaltfrei“.

Den 1. Mai als rechtsextremen Aufmarschtag nannten mehrere Redner eine „Perversion“, weil die Ideologie der Rechten gerade nichts mit den Zielen diesen Tages zu tun habe: Bekenntnis zu Freiheit und Frieden, soziale Gerechtigkeit, Völkerversöhnung und Menschenwürde. „Wir müssen den Nazis zeigen, dass „wir mit rechter Demagogie nichts zu tun haben wollen“, sagte Zirnsak.

Dem Bündnis hat sich im Beisein von sieben Stadt- und fünf Kreisräten sowie auffällig vielen jungen Menschen ein buntes Spektrum aller Gesellschaftsgruppen angeschlossen. Darunter Parteien wie Die Linke, SPD (mit Jusos), Grüne, Prosw, SWL, Piratenpartei, ÖDP, DKP, MDLP, die evangelischen und katholischen Dekanate mit Untergliederungen, sieben Gewerkschaften und mehrere Vertrauenskörper, der Stadtjugendring, KAB, BDKJ, KJG, Wohlfahrtsverbände wie AWO und VdK, Integrationsbeirat, ai, die Arbeitskreise Asyl und gegen Rassismus, Initiative gegen das Vergessen, Arbeitslosengruppen, Naturfreunde, Aleviten, Russlanddeutsche, BA-BI, Stattbahnhof, Integrationsbeirat der Stadt, Verband der Verfolgten, GeoNet und Bund für Geistesfreiheit.

„Faschismus ist keine Meinung“

In ihren kurzen Statements erinnerten viele Sprecher daran, dass zahllose ihrer Mitglieder unter der Nazidiktatur gelitten hätten, gefoltert und getötet worden seien. Dass die Nachfahren „dieser Verbrecherbande“ heute wieder marschierten, sei eine Frechheit, so eine Wortmeldung. Weitere Aussagen: „Kein Fußbreit den Faschisten“, „Faschismus ist keine Meinung, das ist ein Verbrechen“, „die Nazis sind brauner Müll, Umweltverschmutzung pur“.

Viel Beifall gab es für die Nachricht von SPD-Stadtrat Herbert Wiener, dass die Fördervereine der drei Partnerstädte Schweinfurts beitreten werden und eine Delegation aus Chateaudun am 1. Mai kommen will. Das Bündnis rechnet mit weiterem Zulauf von Gruppen, Parteien und Organisationen, die am Gründungsabend verhindert waren.

 
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  • Zitat von Ignazio Silone 1900 – 1978
    Der neue Faschismus wird nicht sagen: Ich bin der Faschismus. Er wird sagen: Ich bin der Antifaschismus.“


    Wie recht Silone damit hatte, erkennt man daran, dass schon wieder einmal Menschen als Müll und Umweltverschmutzung pur bezeichnet werden. Herr Staatsanwalt übernehmen Sie...
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  • visualbeo
    Ich beteilige mich an diesen Links-Rechts-Aufläufen überhaupt nicht, da ich sie wie oben beschrieben in keinster Weise förderlich für unsere Demokratie halte. Mit dieser Meinung gelte ich für Sie, mj1597, damit wohl auch schon als "Nazi". Als solcher wird hierzulande ja beinahe jeder Mensch verschriehen, der sich nicht bereitwillig irgendwelchen linken Ideologien unterwirft. Dabei sollte doch jeder begreifen können, dass sich das Problem Rechtsextremismus auf diese Weise nicht lösen lässt.
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  • mj1597
    ich möchte mich von ihnen nicht in ein linksextremes lager stecken lassen. auf welcher seite sie maschieren haben sie ja deutlich zu verstehen gegeben.
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  • visualbeo
    Diese Gegendemo-Geschichten bauen letztlich immer auf linken und linksextremen Kräften auf, welche unser Land und unser System ablehnen und bekämpfen, es hassen. Deshalb verstehe ich nicht, warum jede x-beliebige Organisation mit missionarischem Eifer auf diesen Zug aufspringt und dann meint, einen tollen Beitrag zur Demokratie geleistet zu haben. Dass die KPD-Nachfolgepartei DKP sowieso die kirchlichen Organisationen wenig mit Demokratie zu tun haben, muss ja niemanden stören. Und dass die damaligen SED-Spitzen und Spitzel heute im Bundestag sitzen, dass findet offensichtlich auch niemand schlimm. Na dann: marschieren wir mal los, egal wohin. Und wogegen.
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  • AxelKroener
    Das Bunte Bündnis ist eine gute Sache. Hoffentlich beteiligen sich möglichst viele Menschen und Gruppierungen.
    Ein kleines, m. E. jedoch nicht unwesentliches, Detail: Wir sollten auch in der Wortwahl zivilisiert bleiben.
    Mobilisieren ja.
    Scharfmachen nein.
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