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Schweinfurt
Schweinfurt: Hat ein Mann versucht, seinen Mitbewohner umzubringen?
Angriff mit einem Cutter-Messer: Am Schweinfurter Landgericht hat ein Prozess wegen versuchten Totschlags begonnen. Doch der Beschuldigte sieht sich in der Opferrolle.
Am Schweinfurter Landgericht begann am Donnerstag ein Prozess wegen versuchtem Totschlag.
Foto: Horst Breunig | Am Schweinfurter Landgericht begann am Donnerstag ein Prozess wegen versuchtem Totschlag.
Nicolas Bettinger, Volontär, Mediengruppe Main-Post
Nicolas Bettinger
 |  aktualisiert: 09.02.2024 02:57 Uhr

Hat ein 21-Jähriger im Januar dieses Jahres versucht, seinen Mitbewohner zu töten? Und wie kam es überhaupt zu einem solchen Angriff? Mit diesen Fragen beschäftigt sich seit diesem Donnerstag die Große Strafkammer am Schweinfurter Landgericht. Laut Anklageschrift der Staatsanwaltschaft soll der Mann aus dem Landkreis Bad Kissingen in besagter Nacht unvermittelt an das Bett seines Mitbewohners herangetreten sein, diesen an den Haaren gepackt und sodann versucht haben, ihm "mit einem Cuttermesser von oben links diagonal nach unten die Kehle durchzuschneiden", so die Staatsanwaltschaft.

Zuvor soll es zwischen den beiden Männern keinen Streit gegeben haben, dennoch soll der Beschuldigte "spätestens in diesem Augenblick" den Entschluss gefasst haben, die Tat umzusetzen. "Seinen Angriff auf das Leben des Geschädigten unternahm der Beschuldigte gezielt in einem Augenblick, in dem der Geschädigte in keiner Weise mit einem solchen Angriff rechnete", heißt es in der Anklageschrift. Dennoch soll es dem Geschädigten gelungen sein, rechtzeitig seine Hände nach oben zu nehmen und auf diese Weise die Verletzung seines Halses zu verhindern.

Staatsanwaltschaft: "Für die Allgemeinheit gefährlich"

Laut Staatsanwaltschaft konnte sich der Mitbewohner wehren und anschließend flüchten, auch weil ihm ein weiterer Mitbewohner zur Hilfe eilte. Der Beschuldigte soll ihm zudem hinterhergerufen haben, dass er ihn umbringen werde. Beim überraschenden Angriff zuvor erlitt der Geschädigte Schnittverletzungen im Gesicht und an der Hand.

Der suchtmittelabhängige Beschuldigte handelte aufgrund einer "psychotischen Störung infolge multiplen Substanzkonsums" und war deshalb zur Tatzeit nicht in der Lage, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, heißt es weiter in der Anklageschrift.

Die Staatsanwaltschaft geht deshalb davon aus, dass von dem Beschuldigten infolge seines Zustandes "erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist". Zudem bestehe die Gefahr, dass der Beschuldigte infolge seines Hangs, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. In der Hauptverhandlung werde die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und zudem in einer Entziehungsanstalt beantragt.

Beschuldigter bestreitet den Vorwurf

Dass der 21-Jährige zum Tatzeitpunkt unter Drogeneinfluss stand, gab er am ersten Prozesstag zu. Er habe über den ganzen Tag verteilt ein Gramm Marihuana geraucht. Jedoch bestritt er den Tötungsversuch an seinem Mitbewohner. "Das stimmt nicht, ich wurde von ihm angegriffen", sagte der Mann, der von der Polizei mit Handschellen in den Sitzungssaal gebracht worden war. Er beschrieb eine gänzlich andere Version des Tathergangs, in dem er das Opfer gewesen sei und vom vermeintlich Geschädigten unvermittelt angegriffen wurde.

Dabei wies er auf eine Wunde an seinem Finger hin, die ihm angeblich beim Angriff des Mitbewohners zugefügt worden ists. Zum Kampf sei es nur deshalb gekommen, da er sich wehren wollte. Warum sein Mitbewohner auf ihn losging und warum er als Beschuldigter vor Gericht stehe, könne er sich nicht erklären. Auch das Cutter-Messer sei nicht von ihm benutzt worden. Wie es wirklich in der Nacht zum Kampf kam, konnte bislang nicht abschließend geklärt werden, da ein dritter Mitbewohner, der ebenfalls als Zeuge ausgesagt hat, erst im Laufe der Auseinandersetzung aufgewacht sei.

Warten auf die Aussage des Geschädigten

Jedoch stellte die Richterin bereits am ersten Verhandlungstag klar, dass die Verletzungen des Mitbewohners an Augenlid und Zeigefinger darauf hindeuten, dass der Angriff sehr wohl vom Beschuldigten ausging und nicht umgekehrt.

Für mehr Klarheit sorgte da bislang auch nicht der vermeintlich Geschädigte. Zwar sollte er bereits als Zeuge aussagen, jedoch konnte er sich aufgrund von Sprachbarrieren ohne Dolmetscher nicht verständigen, weswegen seine Aussage auf einen späteren Verhandlungstag verschoben wurde.

Welche Rolle seine Aussagen spielen, was die Drogen bewirkten und inwiefern der Beschuldigte tatsächlich schuldfähig war, muss nun im Laufe des Verfahrens geklärt werden.

 
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